Ankündigung der Juni-Ausgabe 2023 der Online-Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V

Am 30. Juni 2023 erscheint die nächste Ausgabe der Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V. Neben einem Rückblick zur gemeinsamen Pflanzaktion “Mein Herz schlägt für den Wald” des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Landesforst Mecklenburg-Vorpommern enthält die Ausgabe die Tagesdokumentation der beiden Fachveranstaltungen „Personenzentrierte und sozialraumorientierte Unterstützung in hochstrukturierten Behandlungs- und Betreuungssettings“ und „Seelische Gesundheit in der DDR – Hilfe, Verwahrung, Missbrauch“. Darüber hinaus informiert die Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien über das zweite Projektforum sowie über ihre Aktivitäten und die aktuellen Entwicklungen zur Thematik in Mecklenburg-Vorpommern. Die drei eingereichten Fachbeiträge der Juni-Ausgabe beschäftigen sich diesmal mit der Prävention, Früherkennung und -intervention bei psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter, mit alternativen Kriseninterventionen nach dem SOTERIA-Ansatz und mit der ideologischen Radikalisierung im Kontext von psychischen Erkrankungen und psychosozialen Krisen. Weiterhin enthält die Ausgabe eine Veranstaltungsübersicht für das Jahr 2023 sowie zahlreiche Informationen über die Aktivitäten des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. sowie von seinen Mitgliedern und Kooperationspartner*innen. Die Ausgabe kann demnächst hier auf dieser Internetseite frei als PDF heruntergeladen werden.

Bei der Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V handelt es sich, um den Rundbrief des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., der über alle wesentlichen Entwicklungen zur Sozialpsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern informiert. Darüber hinaus enthält der Rundbrief Informationen zu den Aktivitäten und Initiativen des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und seinen Mitgliedern. Den Zugang zu älteren Ausgaben finden Sie hier.

Buchankündigung Borderline verstehen und bewältigen

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung gehört zu einer psychischen Erkrankung, die mit viel Leid und psychosozialen Beeinträchtigungen einhergeht. Bei den Betroffenen wirkt sich die Borderline-Persönlichkeitsstörung auf viele Lebensbereiche wie soziale Beziehungen, Familie, Arbeit, Freizeitgestaltung und körperliche Gesundheit aus. Aufgrund der komplexen Unterstützungsbedarfe müssen Betroffene oftmals verschiedene psychiatrische, psychotherapeutische und psychosoziale Behandlungs- und Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen.

Um Betroffene, Angehörige aber auch professionelle Mitarbeitende bei der Bewältigung der Borderline-Persönlichkeitsstörung zu unterstützen, veröffentlichen Ewald Rahn (Dachverband STEPPS e.V.) und Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) im Oktober 2023 die fünfte aktualisierte Neuauflage des Ratgebers “Borderline verstehen und bewältigen”. Die Neuauflage enthält zahlreiche Aktualisierungen unter anderem in Bezug auf die Diagnostik, Behandlung und Unterstützung der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Neben Informationen für Betroffene und Professionelle wurde zudem erstmals die Perspektive der Angehörigen (inklusive minderjährige Kinder) und Freunde von Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung im Ratgeber aufgegriffen.

Der Ratgeber “Borderline verstehen und bewältigen” entstand aus der gemeinsamen Arbeit von Betroffenen und Behandelnden und informiert umfassend über alle Symptome und Alltagsprobleme, die zum Krankheitsbild der Borderline-Persönlichkeitsstörung gehören. Das Buch überzeugt durch die Vielfalt der Perspektiven, in welcher der fachliche Blick der Autoren durch persönliche Erfahrungen von Betroffenen ergänzt wird. Auch das Thema der Kooperation und Zusammenarbeit aller Perspektiven (Betroffene, Angehörige und Professionelle) wird im Ratgeber explizit aufgegriffen. Insbesondere die Alltagsbewältigung und der Erhalt der sozialen Beziehungen stehen im Fokus, die durch die Nähe-Distanz-Problematik oft gefährdet sind.

Das Buch erscheint im Oktober 2023 im BALANCE Buch + Media Verlag. Weitere Informationen zum Inhalt finden Sie hier im Flyer:

Buchveröffentlichung Sozialarbeiterisches Case Management

Case Management ist ein zentrales Handlungskonzept der Sozialen Arbeit, das in vielen Arbeitsfeldern wie der Psychiatrie, Wohnungslosenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe oder beruflichen Rehabilitation zum Einsatz kommt. Gerade bei Klient*innen mit multiplen und komplexen Problemlagen kann Case Management bei der Entwicklung und nachhaltigen Umsetzung einer sektorübergreifenden und personenzentrierten Versorgung beitragen. Allerdings ist jedoch nicht geklärt, was ein Sozialarbeiterisches Case Management genau ausmacht.

Das von Matthias Müller (Hochschule Neubrandenburg), Annerose Siebert ( Hochschule Ravensburg-Weingarten und Corinna Ehlers (Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim) herausgegebene Buch löst daher Case Management aus dem professionsübergreifenden Diskurs, bettet es in den Fachdiskurs der Sozialen Arbeit ein und nimmt dabei auch die Praxis in den Blick. Das Lehr- und Praxisbuch bietet so Studierenden und Fachkräften Orientierung im Fachdiskurs und konkretes Handlungswissen für die Soziale Arbeit in den verschiedenen Arbeitsfeldern. Für den außerklinischen Bereich der psychiatrischen Versorgungen geben Lisa Große und Karsten Giertz vom Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. im Fachbuch einen Einblick in die theoretische Fundierung und Umsetzung des sozialarbeiterischen Case Managements.

Das Buch ist im Kohlhammer Verlag erhältlich. Ein Flyer zum Buch mit den wichtigsten Informationen zum Inhalt kann hier heruntergeladen werden.

Unser Jahr 2022 im Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Seit 1995 engagiert sich der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. (LSP M-V) für die besonderen Belange von Menschen mit psychischen Erkrankungen und an der Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern. Trotz der Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie konnte der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. gemeinsam mit seinen Mitgliedern und Kooperationspartner*innen im Jahr 2022 zahlreiche Initiativen, Gremien- und Netzwerkaktivitäten, Modellprojekte, Qualifizierungsmaßnahmen und andere Aktivitäten umsetzen.

Die inhaltliche und fachliche Arbeit des LSP M-V war im Jahr 2022 wie im Vorjahr durch die Herausforderungen in der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Mecklenburg-Vorpommern geprägt. Im Rahmen von verschiedenen sozialpolitischen Stellungnahmen, Initiativen und Aktivitäten sowie im Austausch mit dem Vorstand und den Mitgliedseinrichtungen des LSP M-V wurde unter Berücksichtigung der besonderen Belange von Menschen mit psychischen Erkrankungen auf Herausforderungen und Problemlagen in der Praxis im Zusammenhang mit der Umsetzung des BTHG in Mecklenburg-Vorpommern aufmerksam gemacht.

Neben mehreren Stellungnahmen und Veröffentlichungen des LSP M-V zur BTHG-Umsetzung veröffentlichte die Landesarbeitsgruppe Gesamtplan-/ Teilhabeplanverfahren des LSP M-V im Berichtszeitraum „die Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen“, die sich an alle relevanten Akteur*innen richten, welche im Antragsverfahren, in der Umsetzung des Gesamtplanverfahrens und in der Koordination von Leistungen der Eingliederungshilfe beteiligt sind. Unter Berücksichtigung der besonderen Bedarfe von Menschen mit psychischen Erkrankungen dienen die Qualitätsstandards als Orientierung bei der Umsetzung und Durchführung des Gesamtplanverfahrens, um ausgehend vom Wunsch und Wahlrecht der Leistungsberechtigten die Umsetzung einer personenzentrierten und bedarfsgerechten Bedarfsermittlung und Leistungserbringung in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern und sicherzustellen. Die Qualitätsstandards wurden im Rahmen einer Broschüre über den LSP M-V allen Akteur*innen der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung zur freien Verfügung gestellt. Über den Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V. und dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband e.V. wurden die Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens sogar bundesweit verbreitet. 

Um die in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und im BTHG geforderte partizipative Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung von Mecklenburg-Vorpommern zu fördern, entwickelten der LSP M-V und der Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. die Initiative der Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern, welche gemeinsam mit anderen interessierten Kooperationspartner*innen und Verbänden erstmals im November 2022 umgesetzt wurde. Diese Initiative soll Mitarbeitende und Organisationen unter anderem dabei unterstützen, partizipative Organisations- und Unterstützungsformen in der Praxis zu entwickeln.

Darüber hinaus wurde im Berichtsjahr das Modellprojekt „Adoleszentenpsychiatrie“ beendet, das seit 2018 vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport Mecklenburg-Vorpommern gefördert wurde. Im Rahmen einer Fachtagung wurden die wichtigsten Ergebnisse des Modellprojektes sowie die aus dem Modellprojekt hervorgegangenen Empfehlungen zur Verbesserung der Versorgungssituation von jungen Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Ausgehend von den Ergebnissen des Modellprojektes wurde das Thema Früherkennung und Frühintervention bei psychischen Erkrankungen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter als weiterführendes Projektvorhaben für 2023 aufgegriffen. Zudem veröffentlichten die Projektmitarbeitenden unter Beteiligung weiterer Autor*innen und Fachexpert*innen aus anderen Bundesländern im Psychiatrie Verlag das Fachbuch “Adoleszenzpsychiatrie: Teilhabechancen in Klinik und Gemeinde“.

Im Hinblick auf die Öffentlichkeitsarbeit, Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen und Vertiefung der internen Verbandsarbeit wurden im Berichtszeitraum kostenlose und niedrigschwellige Veranstaltungsformate umgesetzt, welche insbesondere zeitgenössische Themen wie Digitalisierung, psychische Gesundheit von Kindern, Jugendlichen, Eltern und Familien oder Arbeit und psychische Gesundheit aufgriffen. Alle Veranstaltungsformate waren für die Teilnehmenden kostenlos und konnten dadurch einem breiten Publikum angeboten werden.

Zusammenfassend können wir hervorheben, dass unsere Initiativen und Vereinsarbeit im Jahr 2022 zum Großteil erfolgreich umgesetzt werden konnten. Ohne die Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern, Projektpartner*innen, dem Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. und vielen anderen Institutionen, Akteur*innen sowie unseren Fördermittelgebern, dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport, wäre dies kaum möglich gewesen. An dieser Stelle möchten wir uns bei allen für die gute Zusammenarbeit und Ihr Engagement im Jahr 2022 bedanken.

Alle näheren Informationen zum Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., zu den Mitgliedern und Aktivitäten, Initiativen, Veröffentlichungen sowie zu den Projekten im Jahr 2022 können in unserem aktuellen Jahresbericht nachgelesen werden.

März-Ausgabe des Newsletters der Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern

Mittlerweile ist das Jahr 2023 nicht mehr ganz so neu. Der Frühling steht bereits vor der Tür. Das vergangene Jahr wird wohl als ein Krisenjahr in die Geschichte eingehen: Die COVID-19-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene neue Flüchtlingswelle, die Klima- und die Energiekrise prägten die Schlagzeilen. Aus der Erfahrung der letzten Jahre wissen wir: Die Krise gehört zum Leben dazu. Auch in Familien gibt es turbulente Zeiten, das ist ganz normal. Aber was passiert, wenn eine Familie in eine ernsthafte Krise stürzt oder sogar das Kindeswohl in Gefahr ist? Mit diesen und weiteren Fragen hat sich das Redaktionsteam des Newsletters der Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Wochen intensiv beschäftigt.

Für die aktuelle Ausgabe wurden Expert*innen aus Mecklenburg-Vorpommern zu diesen Themen befragt. So konnten Maria Dahlke vom Kinderschutzbund Mecklenburg-Vorpommern und Anne Port von der Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Rostock für zwei interessante Interviews gewinnen werden. Darüber hinaus enthält der Newsletter neue Informationen aus der Landeskoordination: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien in Mecklenburg-Vorpommern, die am 01. Januar 2023 zur “Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern” geworden ist und sich personell erweitert hat.

Zudem wird über das geplante zweite Projektforum “Kinder psychisch und/oder suchtbelasteter Familien” – das am 14. Juni 2023 in Linstow stattfinden wird – sowie über das Interessenbekundungsverfahren für regionale Anlauf- und Unterstützungsstellen für Kinder und Jugendliche psychisch belasteter oder suchtbelasteter Familien in Mecklenburg-Vorpommern des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Sport Mecklenburg-Vorpommern informiert.

Der vollständige Newsletter kann unten als PDF heruntergeladen werden. Die Anmeldung zum Newsletter sowie ältere Ausgaben finden Sie hier.

Videovorlesungsreihe Anthropologische Psychiatrie zum Thema Anthropologie von Gesundheit und Krankheit in der Psychiatrie

An der Universitätsmedizin Hamburg-Eppendorf veranstaltet Thomas Bock jährlich eine Vorlesungsreihe zur Anthropologischen Psychiatrie mit verschiedenen Schwerpunkten. Ziel der Vorlesungsreihe ist, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu reduzieren. Anlässlich der COVID-19-Pandemie findet seit 2020 die Vorlesungsreihe in digitaler Form statt. Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Irre menschlich Hamburg e.V. und psychenet. Dabei engagieren sich zahlreiche Expert*innen und Psychiatrieerfahrene sowie Angehörige.

Im vergangenen Wintersemester 2022/2033 beschäftigte sich die Vorlesungsreihe mit der Anthropologie von Gesundheit und Krankheit in der Psychiatrie. Im Mittelpunkt der Vorlesungen stehen die zutiefst menschlichen Themen und Konflikte von verschiedenen psychischen Störungen wie Depression, Persönlichkeitsstörungen, Zwangs- oder Suchterkrankungen.

Depression – die Eigendynamik eines Schutzmechanismus

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Dr. Sönke Artl & Rolf Sieck

Depressionen gelten als Volkskrankheit. Sind sie deshalb typisch deutsch? Depressionen sind nicht zu verwechseln mit Trauer, eher ein Zustand der Fühllosigkeit – sind wir unfähig geworden zu trauern? Bis wann ist es ein Schutzmechanismus, nicht zu fühlen, ab wann eine Katastrophe? Welche Bedeutung hat der Verlust des Zeitgefühls? Welche Rolle spielen Belastungen bei der Arbeit und biographische Konflikte. Was hilft und was können wir präventiv tun? Wie gelingt die Balance von Beistand und Entlastung, von Ernst nehmen und Ermutigung?

Bipolar – besondere Spannweite von Stimmung und Antrieb

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Margrit Grötelüschen & Dr. Hans-Peter Unger

Wer aus der Depression auch die Flucht nach vorne ergreift, gilt als bipolar. Die Manie als Gegenpol kann kreativ und schillernd, aber manchmal auch beschämend und zerstörerisch sein. Sie kann den Weg aus der (depressiven) Überanpassung weisen, aber auch die nächste Depression vorbereiten? Was unterscheidet dieses Spannungsfeld von den Stimmungsschwankungen, die wir alle kennen? Ist unser Zeitgefühl entscheidend? Können wir vorher und nachher noch unterscheiden? Wir brauchen ein Gegenüber, um uns zu spiegeln, zu halten, zu begrenzen. Wir brauchen Hilfen, die nicht kränken, die niedrigschwellig und kontinuierlich zur Verfügung stehen, die nahe Angehörige selbstverständlich einbeziehen. Ein starkes Plädoyer für mehr Engagement der PsychotherapeutInnen in Kooperation mit Psychiatrischen Institutsambulanzen und Peer-Support.

Persönlichkeitsstörungen – Wer stört wen warum?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Ewald Rahn & Dr. Christiane Tilly

Wir möchten uns unterscheiden, Eigenheit bewahren. Wir sprechen von akzentuierten Persönlichkeiten und von Persönlichkeitsstörungen? Wo ist der Übergang, welche Rolle spielt der soziale Kontext? Was gilt es zu lernen von und für Menschen mit Borderline Erfahrung? Was steckt hinter den vordergründigen Konflikten, hinter Selbstverletzung und Suizidalität? Welche Rolle spielen traumatische Erfahrungen, welche die Ressourcen? Wie schaffen wir es, dass nicht die einen zu viel, die anderen zu wenig Hilfe bekommen? Die Diagnose steht infrage – auch weil wir es schaffen müssen, die persönlichen Konflikte wahrzunehmen und nicht bestimmte Muster zu verstärken. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) wurde von Marsha Linehan geprägt, die nach ihrer beruflichen Tätigkeit auch eigene Krankheitserfahrungen offen machte. Die Gesprächspartner plädieren für eine Ergänzung der DBT durch das Trainingsprogram STEPPS ( dt. “Erkennen von Emotionen und Problemlösen systematisch trainieren”), für den Vorrang ambulanter Strukturen und für mehr Respekt vor der Verschiedenheit der Menschen – mit und ohne Diagnosen.

Sucht – eine Form von Suche und Versuchung?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Martin Reker, Timo Schüsseler

Sucht ist verbreitet und vielfältig – kann auf Stoff oder Handeln bezogen sein. Es war ein Fortschritt, Sucht nicht mehr als Sünde oder Versagen, sondern als Krankheit zu begreifen; doch die Balance zwischen Abhängigkeit und Freiheit sowie zwischen maßvollem und maßlosem Handeln oder Begehren betrifft jeden Menschen. Anthropologisch haben Rauschzustände eine lange Geschichte; doch waren die möglicherweise früher stärker kulturell eingebunden. Was bedeutet das für die notwendige Vielfalt von Hilfen und Prävention. – Warum haben manche Menschen ein höheres Suchtrisiko als andere? Gibt es Beziehungserfahrungen und Arbeitsbedingungen, die vor Sucht bewahren oder hineintreiben können? Warum sollten Angehörige mehr einbezogen und Strukturen flexibel werden und Therapeuten weniger verurteilen und vollständiger wahrnehmen? Ein Plädoyer für mehr Individualität in der Suchthilfe und mehr Politik in der Prävention.

Angst als überlebenswichtige Fähigkeit / Zwang als Bewältigung?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Lena Jelinek & Ralf

Angst ist eine überlebenswichtige Fähigkeit, Angstbewältigung die Basis jede/r Kultur oder Religion. Warum läuft sie manchmal aus dem Ruder? Rituale können Ängste bändigen. Vielleicht bietet unsere Kultur inzwischen zu wenig davon. Greifen wir deshalb auf Zwänge zurück? Wann und warum wird aus dem Schutzmechanismus ein Gefängnis? Welche Rolle spielt Psychotherapie? Ergänzen sich die Schulen? Bewegen sie sich aufeinander zu? Welche Rolle spielt, dass Existenzängste heute berechtigter sind denn je? Wie können wir konstruktiv umgehen mit unserer Angst um die Natur, den Frieden, die Solidarität, unsere Gemeinschaft, um die Welt? Wird die Unterscheidung von gesunder und kranker Angst dann sinnlos?

Psychose – eine besondere Form der Dünnhäutigkeit

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Dr. Andreas Heinz & Gwen Schulz

Unsere Haut kann durchlässig werden, so dass innere Dialoge zu äußeren werden und reale Bedrohungen / Informationen uns filterlos (be)treffen. So reagieren wir in Psychosen oft schneller nicht nur auf vermeintliche, sondern auch auf reale Gefahren – fast wie Seismographen. Was bedeutet das angesichts der aktuellen Bedrohung der Welt? Zugleich erscheinen Psychosen wie ein Ringen um Selbstverständlichkeit und wie ein Zustand, in dem plötzliche Nähe und Enge bedrohlich wirken kann. Wir brauchen dann für unsere existentielle Versicherung ein Gegenüber, brauchen Beziehungen, die uns spiegeln, halten, zugleich Raum für Autonomie und ein konstruktives therapeutisches Milieu. Wie schaffen wir eine Beziehungs- und Behandlungskultur, die weniger Angst macht, weniger Stigma fördert, Eigen-sein sichert, ohne Schutz zu vernachlässigen? Egal in welchem Setting – ambulant, stationär und aufsuchend zuhause? Welchen besonderen Stellenwert haben Psychotherapie und Genesungsbegleitung?

Mehrwert doppelter Erfahrung – trialogischer Rückblick

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Gwen Schulz, Dr. Sabine Schütze & Marion Ryan

Mit diesem trialogischen Rückblick endet die Vorlesungsreihe zum Thema „Mensch-Sein“. Gemeinsam schauen wir auf allen Themen, ergänzen z.B. die Angehörigenperspektive, suchen nach Gemeinsamkeiten, z.B. den großen Gewinn, den Menschen mit Doppelerfahrung in den Diskurs und in die Versorgung einbringen. Wir plädieren gemeinsam dafür, dass überall in der Psychiatrie psychosozialen Versorgung GenesunsbegleiterInnen und Angehörigen-BeraterInnen beschäftigt werden. Unsere abschließende Reflexion erinnert auch daran, dass diese Vorlesungsreihe insgesamt lange im größten Hörsaal der Uni Hamburg stattfand und viele Menschen auch wegen der spannenden trialogischen Diskussion kamen.

Broschüre zur rechtlichen Betreuung psychisch erkrankter Menschen für Angehörige

Im Verlauf einer psychischen Erkrankung kann es immer wieder zu Situationen kommen, in denen der psychisch Erkrankte eine Entscheidung treffen müsste, dies aber nicht kann, weil er die Notwendigkeit, zu handeln, nicht erkennt oder nicht fähig ist, sich für das Notwendige zu entscheiden. Andere, auch nächste Angehörige, können diese Entscheidung nicht ohne weiteres für ihn treffen, sie müssen hierzu legitimiert sein. Diese Legitimation kann eine (schon vorher erteilte) Vollmacht (Vorsorgevollmacht) oder eine gerichtlich angeordnete Betreuung sein. Die rechtlichen Grundlagen und Aufgaben der gerichtlich angeordneten Betreuung sind im Betreuungsrecht geregelt.

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Mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht, das am 01. Januar 2023 in Kraft getreten ist, unterliegt das Betreuungsrecht aktuell einem grundlegenden Wandeln. Hierbei handelt es sich, um den größten Reformprozess seit der Abschaffung der Entmündigung im Jahr 1992. Zu den wichtigsten Inhalten gehört die Stärkung der Selbstbestimmung der betreuten Menschen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention, die Qualitätssicherung der beruflichen rechtlichen Betreuung, die Anbindung ehrenamtlicher Betreuer*innen an Betreuungsvereine, die Modernisierung des Vormundschaftsrechts sowie Regelungen im Notvertretungsrecht für Ehegatten.

Mittlerweile gibt es viele Informationsmöglichkeiten zum Betreuungsrecht, die jedoch auf die Besonderheiten der rechtlichen Betreuung für psychisch Kranke und seelisch Behinderte nicht näher eingehen. Es macht doch einen Unterschied, ob jemand aufgrund einer körperlichen, geistigen oder eben einer psychischen Beeinträchtigung nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu besorgen. Die Besonderheit liegt darin, dass die verschiedenen psychischen Krankheitsbilder und Behinderungen „instabil“ sind, d. h. der Betroffene ist oft nur zeitweise so gestört, dass er nicht mehr selbstverantwortlich handeln kann. Das hat erhebliche, sich von anderen Behinderungsarten unterscheidende Auswirkungen auf die Frage, ob überhaupt, wann und in welchem Umfang eine Betreuung erforderlich wird, und auch darauf, wie der Betreuer sein Amt zu führen hat.

Aus diesem Grund veröffentlichte Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V. in Zusammenarbeit mit dem Juristen Dr. Gerwald Meesmann die Broschüre “Die rechtliche Betreuung psychisch kranker Menschen: Was Angehörige wissen müssten Informationen, Fragen und Antworten für Angehörige”. Anliegen dieser Schrift ist es, auf die speziellen, psychisch Erkranktekrankte betreffenden Fragen der rechtlichen Betreuung einzugehen.

Die Broschüre ist hier als PDF abrufbar.

Beitrag zur Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Zeitschrift Sozialmagazin

Menschen, die über keinen eigenen Wohnraum verfügen oder in unverhältnismäßigen Wohnsituationen leben, sind eine der extremsten Formen von sozialer Exklusion ausgesetzt. In den letzten Jahren hat das Phänomen Wohnungslosigkeit aufgrund von gesellschaftlichen Entwicklungen und Ereignissen wie zum Beispiel fehlender bezahlbarer Wohnraum, soziökonomische Segregation, Flüchtlingsbewegungen oder Klimakatastrophen in Deutschland an Bedeutung gewonnen. So berichten die aktuellen Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. über eine deutliche Zunahmen von Menschen, welche Unterstützungsangebote der Wohnungslosenhilfe beanspruchen.

Vor allem wohnungslose Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen gehören dabei zu einer Zielgruppe, die oftmals nicht von den bestehenden Beratungs-, Behandlungs- und Unterstützungsangeboten profitiert. Im Gegensatz zu anderen angloamerikanischen Ländern wurde hierzulande die psychische Gesundheits- und Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen lange Zeit marginalisiert und in den Diskursen der Wohnungslosenhilfe sowie psychiatrischen und psychosozialen Versorgung nur selten thematisiert.

Im Rahmen eines Beitrages für die Zeitschrift Sozialmagazin beschäftigte sich Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) mit der aktuellen Lebens-, Gesundheits- und Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen. Ausgehend von den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Deutschland diskutiert der Autor spezifische Herausforderungen in der sozialarbeiterischen Unterstützung und macht auf die Bedeutung von Beziehungs- und Netzwerkarbeit in der Integration von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen aufmerksam.

Der Beitrag kann hier neben weiteren interessanten und lesenswerten Artikeln zum Thema Beziehung in der Sozialen Arbeit auf der Seite der aktuellen Ausgabe des Sozialmagazins erworben werden.

Soziale Teilhabe durch ehrenamtliches Engagement unterstützen: Borschüre des Projektes SeelenBürger

Im Zusammenhang mit den zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen – wie der erhöhten Belastung des Gesundheitssystems durch den demographischen Wandel oder der Ressourcenknappheit infolge des Klimawandels – spielen die natürlich gegebenen sozialen Ressourcen der Gesellschaft (z. B. Nachbarschaft, informelle Unterstützungsformen, ehrenamtliches Engagement) neben den etablierten privaten und öffentlich Unterstützungsformen eine wichtige Ergänzung, um vor allem die gesellschaftliche Solidarität zu fördern, sozialbenachteiligten Menschen ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen und sozialer Vereinsamung entgegenzuwirken.

Seit Jahren beschäftigt sich der Landesverband Gemeindepsychiatrie Baden-Württemberg e.V. mit der Mitwirkung von ehrenamtlich engagierten Bürger*innen in der gemeindepsychiatrischen Versorgung. Durch die Einbeziehung von ehrenamtlichen Strukturen soll die Inklusion und Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen gefördert sowie gesellschaftliche Barrieren wie Stigmatisierung abgebaut werden. Um dieses Vorhaben zu realisieren wurde das Projekt SeelenBürger geschaffen. Hierbei handelt es sich um eine Initiative, die die Wertschätzung und Zukunftsentwicklung des Ehrenamtes sowie eine Steigerung der Attraktivität dieser wichtigen Tätigkeit unter sich ständig verändernden Strukturen thematisiert. Im Zuge dieses Projektes entstand die Broschüre „Ehrenamtliche in der Gemeindepsychiatrie“, welche ausgehend von den regionalen Projekterfahrungen als Leitfaden für Organisationen und Interessierte dient, um die Bemühungen weiterer Akteur*innen zur Gewinnung und Bindung von Bürgerhelfer*innen zu unterstützen.

Neben der kostenfreien digitalen Ausgabe steht die Broschüre auch als Druckexemplar für 3,00 €* (Versandkosten und Bearbeitungsgebühr) zur Verfügung und kann per E-Mail unter info(at)gemeindepsychiatrie-bw.de bestellt werden. Die digitale Ausgabe kann hier als Download heruntergeladen werden.

Unterstützung der Selbstführsorge von Angehörigen psychisch erkrankter Menschen

Die Begleitung und Unterstützung eines psychisch erkrankten Menschen im Familien- oder Freundeskreis führt bei den Angehörigen und Freunden nicht selten selber an den Rand der Belastbarkeit. Die Gefahr, im Zusammenleben mit einem von einer psychischen Erkrankung betroffenen Menschen selber gesundheitliche Probleme zu entwickeln ist hoch. Überforderung und die Missachtung der eigenen Grenzen gefährden nicht nur das seelische Gleichgewicht.

Der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V. veröffentlichte in Kooperation mit der DAK Krankenversicherung verschiedene Materialien zur Unterstützung von Angehörigen und Freunden von psychisch erkrankten Menschen, um nicht gleichfalls in eine Überforderungssituation zu geraten und mit belastenden Situationen erfolgreich umzugehen. Durch die zusätzlich bereitgestellten Folien und Arbeitsblätter eignen sich die Materialien auch zur Vorbereitung von Schulungen innerhalb der Selbsthilfe. Dabei liegt der inhaltliche Schwerpunkt der Materialien auf die Förderung der Resilienz speziell für die Situation von Angehörigen und Freunden. Erarbeitet wurden die Materialien vom Ergotherapeuten und Buchautor Christian Dreher.

Die Materialien sind hier kostenlos auf der Internetseite des Bundesverbandes der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V. abzurufen.