Stellungnahme anlässlich des Europäischen Protesttages für Menschen mit Behinderung am 05. Mai 2022

Stellungnahme anlässlich des Europäischen Protesttages für Menschen mit Behinderung am 05. Mai 2022

Jedes Jahr weisen ca. 28 % der Menschen aus der Allgemeinbevölkerung Merkmale von mindestens einer psychischen Erkrankung auf. Damit treten psychische Störungen genauso häufig auf wie zum Beispiel andere Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes. Etwa 1 bis 2 % der Menschen sind durch die schweren und langanhaltenden Auswirkungen ihrer psychischen Erkrankungen in verschiedenen Funktions- und Lebensbereichen beeinträchtigt. Zudem müssen sie aufgrund von komplexen Behandlungsbedarfen langwierig medizinische und psychosoziale Hilfen in Anspruch nehmen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung von Deutschland umfasst dieser Anteil ca. 680 Tausend bis 1 Million Menschen in einem Alter von 18 bis 60 Lebensjahren.

Obwohl es sich bei Menschen mit psychischen Erkrankungen, um einen weitverbreiteten Personenkreis handelt, gehören sie immer noch zu einer Bevölkerungsgruppe, welche in hohem Maße gesellschaftlichen Stigmatisierungsprozessen und Teilhabebarrieren ausgesetzt ist. Anlässlich des Europäischen Protesttages für Menschen mit Behinderung am 05. Mai 2022 möchten wir vom Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. auf die aktuelle Situation und auf die bestehenden gesellschaftlichen Teilhabebarrieren von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und Behinderungen sowie auf notwendige Handlungsmaßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und des Bundesteilhabegesetzes in Mecklenburg-Vorpommern aufmerksam machen.

Die Stellungnahme kann hier eingesehen werden.

Fachtagung “Sozialpsychiatrie heute – keine Zukunft ohne Partizipation!?” online am 17. Mai 2022

Bei der Entwicklung, Planung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten hat in den letzten Jahren die partizipative Einbeziehung von Menschen mit psychischen Erkrankungen durch Selbsthilfeinitiativen und -bewegungen, durch zunehmende Forschungsaktivitäten sowie durch gesetzliche Reformprozesse wie die UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundesteilhabegesetz an Bedeutung gewonnen.

Gerade durch das Bundesteilhabegesetz wurde die gesetzlich verpflichtende Grundlage für Leistungsträger und Leistungserbringer geschaffen, Menschen mit psychischen Erkrankungen oder mit anderen Behinderungen aktiv und auf gleicher Augenhöhe in die Planung, Durchführung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Unterstützungsangeboten einzubeziehen. Zudem ist die partizipative Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen eng mit den Konzepten von Empowerment und Recovery verbunden.

Um die Entwicklung der verschiedenen Formen von Peer Support und Peer Involvement in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern und die Mitarbeitenden der psychiatrischen Versorgung angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Umsetzung von Partizipation, Teilhabe und Personenzentrierung in der Praxis durch gesetzliche Reformprozesse methodisch und fachlich zu unterstützen, findet am 17. Mai 2022 die gemeinsame Fachtagung des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. zwischen 12:30 bis 15:30 Uhr statt.

Darüber hinaus wird das Konzept und das Vorhaben der Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Hierbei handelt es sich um eine gemeinsame Initiative des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V., welche sich an alle interessierten Verbände, Organisationen und Personen aus Mecklenburg-Vorpommern richtet. 

An der Fachtagung am Nachmittag ab 12:30 Uhr können alle interessierten Personen kostenfrei teilnehmen. Im Vorfeld der Fachtagung führt der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. ab 09:30 Uhr seine 27. Mitgliederversammlung durch, die sich an die Mitglieder des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und eingeladene Gäste richtet.

Weitere Informationen zur Anmeldung und zum Programm finden Sie hier im Tagungsflyer.

Handlungsempfehlungen Gleichberechtigte Partizipation

Die partizipative Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen gehört mit zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine menschenrechtsorientierte und personenzentrierte gemeindepsychiatrische Versorgung und psychosoziale Praxis. Vor allem durch die UN-Behindertenrechtskonvention und durch das Bundesteilhabegesetz hat sich die Bedeutung von Partizipation in den verschiedenen psychiatrischen und psychosozialen Arbeitsfeldern erhöht.

Der betroffeneninitiierte und durch das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geförderte “Partizipative Landschaftstrialog Psychiatrie und psychosoziale Versorgung” hat in einem Zeitraum von zwei Jahren und mit einer Beteiligung von circa 60 Mitstreiter*innen Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der Menschenrechte und Partizipation in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung entwickelt. Diese richten sich an alle Beteiligten im psychosozialen Unterstützungssystem einschließlich politischer Entscheidungsträger* innen. Zu den Themenschwerpunkten der Handlungsempfehlungen gehören unter anderem:

  • “die Förderung der Selbstbestimmung statt ersetzter Entscheidungsfindung/ Fremdbestimmung,
  • Partizipation statt Fürsprache,
  • Menschenrechtsorientierung statt Krankheitsversorgung,
  • Vielfalt statt “Fertigtüten-Suppen-Angebote”,
  • Peer-Kolleg*innen statt Teams ohne Erfahrungsexpertise,
  • Alltagsnahe Unterstützungslandschaft statt Versorgungsinseln in Sonderwelten,
  • zugängliche Antragsverfahren und transparente Zuständigkeiten statt Aktenberge im Behördendschungel,
  • Übergänge statt Schnittstellen,
  • Langfristige Förderung der Selbsthilfe und -vertretung statt Projektitis,
  • Peerbeteiligung in der Lehre statt Exklusion von Erfahrungsexpertise”

Die vollständigen Handlungsempfehlungen können als freie PDF auf der Internetseite des Partizipativen Landschaftstrialogs abgerufen werden.

Ankündigung Themenheft zur Wirksamkeit in der Eingliederungshilfe

Ankündigung Themenheft zur Wirksamkeit in der Eingliederungshilfe

Mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes verpflichten sich die Leistungserbringer mit § 131 SGB IX im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur sozialen Teilhabe einheitliche Rahmenverträge abzuschließen, welche neben den Vergütungspauschalen, den Vergütungsbeiträgen, den Kostenarten, den Kostenbestandteilen und den Personalrichtwerten auch Grundsätze der Qualitätssicherung und der Wirksamkeitsdokumentation von Leistungen zur sozialen Teilhabe beinhalten.

Mit diesem Vorgehen wurden die Prüfrechte der Leistungsträger gesetzlich gestärkt. Das Bundesteilhabegesetz zielt mit § 131 SGB IX einerseits darauf ab eine einheitliche Dokumentation der Wirksamkeit von Leistungen zur sozialen Teilhabe in der Praxis zu etablieren und anderseits eine effiziente Steuerung und Korrektur von Leistungen zur sozialen Teilhabe im Sinne der leistungsberechtigten Person zu ermöglichen. In vielen Bundesländern ist jedoch unklar, welche Verfahren zur Wirksamkeitsmessung geeignet sind. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde in der Anlage 7 im Landesrahmenvertrag ein angebotsbezogenes Vorgehen zur Wirksamkeitsmessung skizziert. Darüber hinaus kritisieren Expert*innen, dass mit der gesetzlich etablierten Wirksamkeitsmessung die Ökonomisierungstendenzen in der psychosozialen Praxis verschärft werden.

Im Rahmen eines Themenheftes nährt sich der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. dem Thema der Wirksamkeit und Wirksamkeitsmessung von Leistungen zur sozialen Teilhabe bei Menschen mit psychischen Erkrankungen an. Mehrere Autor*innen aus der Praxis, Selbsthilfe und Wissenschaft geben in ihren Beiträgen einen Einblick in die Herausforderungen sowie in die allgemeinen Grundlagen der Wirksamkeitsevaluation und diskutieren verschiedene Methoden der Wirksamkeitsmessung. Dabei werden vor allem die besonderen Belange von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie die Versorgungsbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern berücksichtigt.

Das Themenheft erscheint voraussichtlich am 28. April 2022 und kann hier auf der Internetseite als PDF frei heruntergeladen werden.

Vorankündigung Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

Vorankündigung Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

In Deutschland weisen jedes Jahr etwa 28 % der Bürger*innen Merkmale von mindestens einer psychischen Erkrankung auf. Davon leiden 1 bis 2 % an den langanhaltenden und schweren Auswirkungen ihrer Erkrankung, wodurch sie deutliche Einschränkungen in den verschiedenen Funktions- und Lebensbereichen (z. B. Ausbildung, Beruf, Wohnen oder Kommunikation) und komplexe Behandlungsbedarfe aufweisen sowie medizinische
Behandlungen oder psychosoziale Unterstützungsleistungen beanspruchen.

In der Eingliederungshilfe nach §§ 90 ff. SGB IX beträgt der Anteil von Menschen mit psychischen Erkrankungen rund 51 %. Davon erhalten 71 % Unterstützung in der eigenen Wohnung und 29 % in besonderen Wohnformen. Etwa 20 % nehmen Leistungsangebote in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch. Diese Angaben machen deutlich, dass es sich bei der Gruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen im Bereich der Eingliederungshilfe, um eine bedeutende Gruppe von Nutzer*innen handelt.

Um eine personenzentrierte und am individuellen Bedarf ausgerichtete Teilhabeplanung im Bereich der Eingliederungshilfe zu ermöglichen, wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz) das Gesamtplanverfahren (§ 117 SGB IX) als ein Verfahren zur Ermittlung des Unterstützungsbedarfes nach der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) verankert.

Psychisch erkrankte Menschen weisen in der Kommunikation, in der Wahrnehmung aber auch in der Ausprägung ihrer Beeinträchtigungen besondere Bedarfe auf, wodurch Barrieren und Besonderheiten in der Umsetzung des Gesamtplanverfahrens entstehen, die eine aktive Einbeziehung der Menschen in die einzelnen Schritte des Gesamtplanverfahrens und die Koordination von Leistungen der Eingliederungshilfe erschweren können.

Im Rahmen der Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen möchte die Landesarbeitsgruppe Gesamtplan-/ Teilhabeplanverfahren, welche sich aus Akteur*innen der Leistungsträger, Leistungserbringer und der Selbsthilfe des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern zusammensetzt, auf die besonderen Belange in der Umsetzung und Durchführung des Gesamtplanverfahrens bei psychisch erkrankten Menschen eingehen. Die Qualitätsstandards richten sich an alle Akteur*innen, die im Antragsverfahren, in der Umsetzung des Gesamtplanverfahrens und in der Koordination von Leistungen der Eingliederungshilfe beteiligt sind.

Die Qualitätsstandards wurden in einer gestalteten Broschüre zusammengefasst. Die Broschüre wird demnächst über den Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. veröffentlicht.

Neue WHO-Leitlinien für gemeindenahe psychosoziale Dienste

Seit Jahren wird eine stärkere menschenrechtsorientierte und personenzentrierte Ausrichtung der psychiatrischen Versorgung und Behandlung in Deutschland diskutiert. Vor allem im Zusammenhang mit der immer noch weit verbreiteten Praxis von Zwangsmaßnahmen und -behandlungen im Kontext der psychiatrischen Versorgung wird hierzulande der Handlungsbedarf deutlich.

Um die Akteur*innen der psychiatrischen Gesundheitsversorgung besser mit Informationen und Best-Practice-Beispielen dabei zu unterstützen, ihre psychiatrischen und psychosozialen Angebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen an den internationalen Menschenrechtsstandards und den Prinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention weiterzuentwickeln, veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Mai 2021 im Rahmen ihrer QualityRights-Initiative eine Reihe von Leitlinien und Trainingsmanualen zur Förderung von personenzentrierten und menschenrechtsbasierten Ansätzen im Bereich der psychiatrischen Versorgung. Die Leitlinien, Materialien und Empfehlungen richten sich an alle Akteur*innen der psychiatrischen und psychosozialen Gesundheitsversorgung. Dazu gehören Regierungen, politische Entscheidungsträger*innen, Anbieter*innen von Behandlungs- und Unterstützungsleistungen, Fachkräfte der Gesundheits- und Sozialfürsorge oder Verbände.

Dabei bildet der Leitfaden für gemeindenahe psychosoziale DiensteGuidance on community mental health services” die wichtigste Referenzquelle. In diesem Dokument werden verschiedene personenzentrierte und menschenrechtsbasierte Ansätze, Modellprojekte und bewährte Dienste auf der ganzen Welt im Bereich der psychischen Gesundheit vorgestellt und detailliert beschrieben sowie Empfehlungen für deren Implementierung in den nationalen Gesundheits- und Sozialsystemen gegeben.

Gefolgt wird das Dokument von sieben technischen Paketen, welche Qualitätsstandards und Trainingsmaterialien für zentrale Bereiche der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung umfassen. Hierzu zählen das technische Paket für psychosoziale Krisenangebote, das technische Paket für stationäre psychiatrische Behandlungsangebote, das technische Pakete für gemeindeorientierte psychiatrische Angebote, das technische Pakete für Angebote des Peersupportes, das technische Paket für aufsuchende psychiatrische Behandlungsangebote, das technische Paket für unterstützende Wohnformen und das technisch Paket für psychiatrische Versorgungsnetzwerke.

Darüber hinaus entwickelte die WHO eine Reihe von Schulungs- und Trainingsmaterialien zur Unterstützung der Akteur*innen, um die Qualitätsstandards in der Praxis zu etablieren, ursprüngliche Denkweisen und Handlungsweisen zu verändern sowie um die Rechte und Recovery von Menschen mit psychischen Erkrankungen und anderen Behinderungen zu verbessern. Die Materialien können hier frei abgerufen werden.

Neben diesen Leitlinien und Materialien entwickelt die WHO im Rahmen der QualityRights-Initiative aktuell auch Empfehlungen zur Überarbeitung von nationalen Gesetzen, um diese mit internationalen Menschenrechtsstandards in Einklang zu bringen. Darüber hinaus wurde die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) beauftragt die QualityRights-Leitlinien ins Deutsche zu übersetzen.

Digitales Programm zur Landesweiten Gedenkveranstaltung “ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN” 2022

Der 27. Januar gilt als internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust sowie als nationaler Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Seit 2008 steht dieser Tag auch im Zeichen der Opfergruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie geistigen und körperlichen Behinderungen, die im Rahmen der T4-Aktionen in der Zeit des Nationalsozialismus umgebracht oder dauerhaft geschädigt wurden. In trialogischer Zusammenarbeit veranstaltet der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. seit 2008 gemeinsam mit verschiedenen regionalen Kooperationspartner*innen und Akteur*innen die Landesweite Gedenkveranstaltung „ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN” in Gedenken an die Opfer der „Euthanasie“ und Zwangssterilisierungen in Mecklenburg-Vorpommern in der Zeit des Nationalsozialismus. In diesem Jahr wurde die Landesweite Gedenkveranstaltung mit Kooperationspartner*innen aus Rostock organisiert. Aufgrund der COVID-19-Pandemie finden Sie das Programm hier in digitaler Form.

Wir laden Sie herzlich ein, gemeinsam mit allen beteiligten Akteur*innen am nationalen Gedenktag für die NS-Opfer zu erinnern, zu trauern und wachzurütteln.

Im Namen der Veranstalter*innen

Grußworte

Stefanie Drese

Ministerin für Soziales, Gesundheit und Sport der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern

Steffen Bockhahn

Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, zweiter stellvertretender Bürgermeister der Hanse- und Universitätsstadt Rostock

Beitrag zum religiösen Gendenken an die Opfer der Euthanasie und Zwangssterilisation in der Zeit des Nationalsozialismus

Katrin Jeremias

Pastorin und Krankenhausseelsorgerin an der Universitätsmedizin Rostock

Eröffnung

Sandra Rieck

Im Namen der Veranstalter*innen und als Vorsitzende des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Historischer Beitrag

Prof. Dr. med. habil. Ekkehardt Kumbier

Universitätsmedizin Rostock

Beiträge aus der Perspektiven von Menschen mit Behinderung

Margit Glasow

Journalistin aus Rostock

Undine Gutschow

EX-IN Erfahrungsexpertin aus Wismar

Filmischer Beitrag

„Der schöne leichte Tod“ aus dem Jahr 1994 vom Regisseur und Grimme-Preisträger Michael Krull

Bilder von der Kranzniederlegung

Dank

Wir bedanken uns bei allen Kooperationspartner*innen und Unterstützer*innen dieser Veranstaltung. Hierzu gehören die AWO Rostock gGmbH, der Verein „Das Boot“ Wismar e.V., die GGP Rostock mbH, die Evangelische Stiftung Michaelshof, das Kinderzentrum Mecklenburg gGmbH, der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., die Landeszentrale für politische Bildung, die Psychiatriekoordination Frau Dr. Antje Wrociszewski der Universitäts- und Hansestadt Rostock, die Universitätsmedizin Rostock sowie die Universität Rostock.

Ein besonderer Dank gilt dem Regisseur und Grimme-Preisträger Michael Krull, der seinen zeitlosen Dokumentarfilm “Der schöne leichte Tod” aus dem Jahr 1994 und weitere Materialien zum Film dieser Veranstaltung zur freien Verfügung gestellt hat sowie Sandra Rieck, Prof. Dr. Ekkehardt Kumbier, Margit Glasow, Undine Gutschow und Katrin Jeremias für Ihre Beiträge.

Unterstützende Entscheidungsfindung: Leicht und gut gemacht

Nach Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichten sich die Vertragsstaaten alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen.

In einer immer komplexer werdenden Welt ist die Entscheidungsfindung bei vielen Angelegenheiten des Lebens jedoch viele Menschen nicht immer einfach. Auch Menschen mit Behinderungen werden auf der Suche nach geeigneten Angeboten, die sie bei der sozialen Teilhabe oder selbstbestimmten Lebensführung unterstützen, mit einer Vielzahl von Entscheidungsoptionen konfrontiert.

Um die Selbstbestimmung und aktive Handlungsfähigkeit von Menschen mit und ohne Behinderung sowie ihren Unterstützer*innen zu fördern, entwickelte die Interessensgemeinschaft “Selbstbestimmt Leben” die Broschüre “Unterstützende Entscheidungsfindung: Leicht und gut gemacht”. Im Rahmen eines von der Aktion Mensch geförderten Projektes wurde die Broschüre von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in mehreren Workshops und Redaktionstreffen entwickelt. Die Broschüre richtet sich an Menschen, die eine Entscheidung bezüglich potenzieller Unterstützungsmöglichkeiten zu treffen haben. Dabei verfolgt die Broschüre folgende Ziele:

  • Sie klärt über verschiedene Aspekte einer Entscheidung auf,
  • Sie gibt Anregungen, welche Möglichkeiten der Unterstützung genutzt werden können,
  • Sie stärkt dabei, eine eigene Entscheidungen zu treffen und
  • Sie hilft durch den Prozess der persönlichen Entscheidungsfindung.

Die Broschüre ist auf der Internetseite der Interessensgemeinschaft Selbstbestimmt Leben in einer leichten und schweren Sprache zugänglich und kann frei als PDF heruntergeladen werden.

Foto von Engin Akyurt von Pexels

Antworten der Parteien auf die Wahlprüfsteine des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Anlässlich der kommenden Land- und Bundestagswahl am 26.09.2021 veröffentlichten wir, der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., am 05.07.2021 unsere Wahlprüfsteine 2021, um auf die aktuelle Versorgungssituation von psychisch erkrankten Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und auf die Notwendigkeit der politischen Berücksichtigung dieser Belange aufmerksam zu machen.

Mit unseren Fragen wollen wir wichtige und notwendige Themen für die Sozial- und Gesundheitspolitik der einzelnen Parteien anregen. Hierzu gehören unter anderem die Förderung der psychischen Gesundheit in der Allgemeinbevölkerung durch Prävention, der Abbau der Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und des Bundesteilhabegesetzes, die Förderung von ganzheitlichen Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder und junge Erwachsene mit psychischen Belastungen und die gesellschaftliche Aufwertung von Gesundheits- und Sozialberufen.

Die Wahlprüfsteine wurden von der CDU, FDP und der SPD in den letzten Wochen beantworten und werden im Folgenden zu den einzelnen Fragen aufgeführt.

1.1: Welche Rolle nimmt das Thema psychische Gesundheit in Ihrer Sozial- und Gesundheitspolitik in Mecklenburg-Vorpommern ein?

Antwort der SPD

Das Aktionsbündnis für Gesundheit, ein Zusammenschluss von über 40 Akteur*innen mit gesundheitsförderlichem bzw. präventivem Bezug, hat für unser Land Gesundheitsziele entwickelt. Die Gesundheitsziele bilden eine Grundlage für die Priorisierung, Konzeptionierung und Umsetzung der Aktivitäten zur Gesundheitsförderung und Prävention. Wir werden die nach Lebensphasen gegliederten Gesundheitsziele in der Gesundheitspolitik aktiv und geschlechtergerecht umsetzen, da wir Prävention für einen Schlüssel für ein gesundes Mecklenburg-Vorpommern halten. Die psychischen Belastungen werden voraussichtlich in den nächsten Jahren in vielen Lebenswelten zunehmen. Wir werden daher Ansätze unterstützen, die zu mehr Arbeitnehmerinnenschutz und zu mehr Prävention führen.

Antwort der CDU

Psychische Belastungen und Erkrankungen nehmen seit Jahren zu.

Die CDU M-V misst dem Thema der psychischen Gesundheit eine hohe Bedeutung bei und berücksichtigt dies in ihrer Sozial- und Gesundheitspolitik. Bisherige Anstrengungen sind beispielsweise durch eine Ausweitung der Präventionsangebote zu intensivieren.

Gerade vor dem Hintergrund der mittel- und langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind ressortübergreifend weitere Maßnahmen notwendig. Mit dem Bundesprogramm “Aufholen nach Corona” stehen in Mecklenburg-Vorpommern zusätzliche Mittel für Angebote für Familien, Kinder und Jugendliche bereit.

Antwort der FDP

Wir Freie Demokraten wollen das Thema psychische Gesundheit stärker ins Blickfeld der Gesundheitspolitik rücken. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern sehen wir großen Nachholbedarf bei Ausbau flächendeckende Versorgungsstrukturen insbesondere im ambulanten Bereich. Deshalb wollen wir mit gezielten Maßnahmen die Wartezeiten auf einen Therapieplatz reduzieren, den Ausbau von Therapieplätzen fördern, Prävention und Aufklärung stärken sowie die Ausbildung der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten weiterentwickeln. Die Anzahl der Kassensitze für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wollen wir deutlich erhöhen.

Wahlprüfsteine des Landesverbandes Sozialpsychiatrie M-V e.V. zur Bundes- und Landtagswahl 2021

Anlässlich der kommenden Landtags- und Bundestagswahl am 26.09.2021 möchten wir, der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., im Rahmen unserer Wahlprüfsteine auf die aktuelle Versorgungssituation von psychisch erkrankten Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und auf die Notwendigkeit der politischen Berücksichtigung dieser Belange aufmerksam machen. Mit unseren Fragen wollen wir wichtige und notwendige Themen für die Sozial- und Gesundheitspolitik der einzelnen Parteien anregen.

Wir als landesweiter sozialpsychiatrischer Fachverband setzen uns mit unseren Mitgliedern und Netzwerkpartnern seit 1995 für die besonderen Belange von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ein. Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass in Deutschland jedes Jahr etwa 30 % der Menschen aus der Allgemeinbevölkerung über Beeinträchtigungen durch eine psychische Erkrankung berichten. Dies entspricht etwa 17,8 Millionen Menschen in Deutschland.

Etwa 1 bis 2 % leiden an den schweren und langanhaltenden Auswirkungen ihrer Erkrankung und benötigen intensive medizinische und psychosoziale Unterstützung. Aktuellen Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger zufolge beläuft sich der Anteil von Hilfeempfängerinnen und -empfänger mit schweren seelischen Behinderungen in Deutschland auf knapp 50 %. Anhand dieser Angaben wird ersichtlich, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen einen hohen Anteil in der Gesellschaft ausmachen und deshalb in den sozialpolitischen Diskursen stärker berücksichtigt werden müssen.

Die Wahlprüfsteine können Sie hier auch als PDF frei herunterladen:

Unsere Wahlprüfsteine

1. Förderung von psychischer Gesundheit in der Bevölkerung durch Prävention

Die Ursachen von psychischen Erkrankungen sind sehr komplex und gehen mit zahlreichen biopsychosozialen Faktoren einher. Aus der Forschung wissen wir jedoch, dass insbesondere Kinder und Jugendliche aus psychisch belasteten Familien, Personen mit geringem Einkommen und in prekären Lebenslagen (z. B. Wohnungslosigkeit, mit Flucht- und/oder Migrationserfahrungen) sowie alleinlebende und sozial isolierte Menschen mit einem hohen Lebensalter ein besonders Risiko für eine schwere psychische Erkrankung mit Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen aufweisen. Vor allem in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern wird die frühzeitige Inanspruchnahme und der Zugang von geeigneten Unterstützungsmöglichkeiten sowie die Übersicht der zur Verfügung stehenden Angebote durch die geografischen Strukturen besonders erschwert.

  1. Welche Rolle nimmt das Thema psychische Gesundheit in Ihrer Sozial- und Gesundheitspolitik in Mecklenburg-Vorpommern ein?
  2. Welche konkreten sozial- oder gesundheitspolitischen Initiativen sind Ihrerseits geplant, um sowohl präventive Maßnahmen als auch Bedarfsanalysen hinsichtlich der Unterstützungsnetzwerke und den Zugang zu bestehenden Unterstützungsangeboten in Mecklenburg-Vorpommern zu unterstützen?

2. Abbau der Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen

In der Bevölkerung von Deutschland zählen Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen immer noch zu einer stigmatisierten Bevölkerungsgruppe. Vorurteile und Diskriminierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen wirken sich negativ auf das gesamtgesellschaftliche Klima aus und erzeugen „unsichtbare Barrieren“ für die stigmatisierte Bevölkerungsgruppe an den gesellschaftlichen Möglichkeiten zu partizipieren. Um auch für Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen nachhaltig gesellschaftliche Barrieren abzubauen und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, bedarf es unserer Ansicht nach konkretere zielgruppenspezifische Handlungsmaßnahmen für Mecklenburg-Vorpommern an denen sich Expertinnen und Experten aus eigener Erfahrung beteiligen.

  1. Welche Rahmenbedingungen wollen Sie schaffen, um Menschen mit einer Psychiatrieerfahrung derartige Beteiligungschancen zu eröffnen?
  2. Inwiefern haben Sie den Abbau von gesellschaftlicher Stigmatisierung in Ihrer Sozialpolitik mit aufgenommen?