Videovorlesungsreihe Anthropologische Psychiatrie zum Thema Stadtraum und psychische Gesundheit

An der Universitätsmedizin Hamburg-Eppendorf veranstaltet Thomas Bock jährlich eine Vorlesungsreihe zur Anthropologischen Psychiatrie mit verschiedenen Schwerpunkten. Ziel der Vorlesungsreihe ist, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu reduzieren. Aus dieser Perspektive bekommen die notwendigen Hilfen auch eine politische Dimension: Hilfreiche Psychiatrie braucht eine gute Sozial-, Wohnungsbau- und Kommunalpolitik. Mit Vorteilen für alle: Was psychisch sensiblen Menschen gut tut, bedeutet Psychohygiene für alle. Prävention erfordert Politik.

Anlässlich der COVID-19-Pandemie findet seit 2020 die Vorlesungsreihe in digitaler Form statt. Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Irre menschlich Hamburg e.V. und psychenet. Dabei engagierten sich zahlreiche Expert*innen und Psychiatrieerfahrene sowie Angehörige. In dem diesjährigen Sommersemester beschäftigte sich die Vorlesungsreihe unter anderem mit den Thema Stadt, Urbanisierung und psychische Gesundheit. Anlässlich des Kriegs in der Ukraine wurden jedoch auch Themen wie die Entstehung von Hass, Notwendigkeiten eines kulturübergreifenden Austausches und gesellschaftliche Solidarität nachträglich aufgenommen. Unten können die einzelnen Vorlesungen angesehen werden.

Stadtraum und psychische Gesundheit

mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Dr. Jürgen Gallinat & Prof. Dr. Simone Kühn

Urbanes / großstädtisches Leben erhöht die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Erkrankung. Was genau ist damit gemeint, was belastet unsere Seele? Und wie muss Stadtraum gestaltet werden, um psychische Gesundheit zu fördern? Welche Rolle spielt es, draußen sein zu können, in der Natur zu sein? Und welche Konsequenzen hat das für Stadtplanung und Architektur? Gilt das auch für die bauliche Gestaltung von Kliniken, auch für die konkrete Atomsphäre von Stationen – etwa im Sinne der Milieutherapie und der SOTERIA-Kultur? Die Interviews berühren auch die Frage, wie der Diskurs von Wissenschaft und Kultur zu befördern ist. Wie kommt es, dass englische und irische Wissenschaftler schneller Position beziehen und ihre Politiker mit Ergebnissen füttern? Können und müssen sich nicht auch deutsche Neurowissenschaftler politisch positionieren?

In welchem Kontext entsteht Hass?

mit Prof. Dr. Thomas Bock & Prof. Dr. Ulrich Bröckling

Warum haben Hass-Bewegungen so viel Zulauf? Wie können wir dem entgegenwirken? Welche Rolle spielen gesellschaftliche Prozesse, soziale Aspekte und individuelle Bedürfnisse? Welche Konsequenzen hat Hass für unsere Gefühlswelt und unser Zusammenleben? Macht Hass blind oder eben hässlich? Was unterscheidet Hass als Gefühl, als Emotion und als Affekt? – Ist Hass die Voraussetzung von Krieg, seine Folge oder Ausdruck von Machtmissbrauch? Was kommt nach dem Krieg: Haben wir eine Chance aus dem Teufelskreis des Hassens herauszukommen?

Peer-Support – in verschiedenen Kulturen

mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Candelaria Mahlke & Prof. Silvia Krumm

Peer-Support setzt sich durch. International! Nicht reibungslos, aber eindeutig. Peerarbeit kann die Behandlungskultur verändern – in Richtung Selbstwirksamkeit, Partizipation, Stigmaresistenz. Peer-Begleitung bei Angehörigen wirkt deren Vernachlässigung und Ausbeutung entgegen. Die Evidenz für beides ist groß. Welche kritische Masse wird gebraucht, um Psychiatrie wirklich zu verändern? Wann ist die Gefahr groß, dass Peer-Support vereinnahmt wird? Der gesellschaftliche Stellenwert ist abhängig vom kulturellen Kontext und vom Stand der Versorgung. Der Blick auf andere Kulturen hilft auch bei uns die Stärke von Peer-Support neu zu sehen, Hilfen auch wieder unabhängig von Psychiatrie zu denken.

Demut und Solidarität – innere Folgen äußerer Bedrohung

mit Prof. Dr. Thomas Bock, Gwen Schulz, Marion Ryan & Christian Reumschüssel-Wienert

Verändert die zunehmende Bedrohung von außen unser Verständnis von und unseren Umgang mit seelischen Krisen? Muss man krank sein, um auf diese Welt verstört zu reagieren? Dürfen und können wir uns mehr enger Pathologie und starren Berufsrollen lösen? Und wenn wir das tun, müssten wir dann die Politik nicht im Sinne von Prävention (wieder) mehr in die Pflicht nehmen? – Was passiert, wenn wir anfangen, unsere unmittelbaren Lebensräume so zu gestalten, dass nicht nur Arten-Vielfalt, sondern unsere brüchige Seele geschützt ist? Was können wir für die Psychiatrie lernen, wenn wir die gesellschaftlichen Bedingungen von Hass besser verstehen? Wenn wir Partizipation auf allen Ebenen weiterentwickeln? Sollte Forschung partizipativer und mit ihren Ergebnissen politischer werden – auch in der Psychiatrie? Lehrt uns der Blick auf andere Kulturen, Peer-Support höher zu gewichten und doppelt zu denken – innerhalb psychiatrischer Institutionen und davon unabhängig?

Fachtag Systemsprenger – Das Eckige passt ins Runde 21. & 22. Februar 2023 in Stralsund

Fachkräfte in der Jugendhilfe und den dazugehörigen Diensten, werden regelmäßig mit Jugendlichen bzw. deren Bezugspersonen konfrontiert, die als sogenannte Systemsprenger deklariert werden. Doch was bedeutet es, als Systemsprenger bezeichnet zu werden? – Sprengen sie das System oder sprengt das System sie?

Das Phänomen und das Theoriekonstrukt der Systemsprenger beschäftigt seit Jahren die Jugendhilfe in allen Bereichen. Deswegen sieht die Chamäleon Akademie die Notwendigkeit, dass Expert*innen und Fachleute aus allen Bereichen der Hilfen zur Erziehung zu einem Fachtag zusammenkommen. Gemeinsam mit dem Experten und bundesweiten Fachmann Herrn Prof. Dr. Baumann veranstaltet die Akademie des CHAMÄLEON Stralsund e.V. am 21. und 22. Februar 2023 einen zweitägigen Fachtag inkl. Unterschiedlichen Workshops in der Alten Fischfabrik (Alte Richtenberger Str. 4, 18437 Stralsund).

Innerhalb dieser zwei Tage sollen sich die Teilnehmer*innen kritisch-konstruktiv mit der Theorie der „Systemsprenger“ auseinandersetzen. Dabei wird insbesondere der intensivpädagogische Kontext in einer methodischen Rahmung aufgezeigt. Zusätzlich sollen Einblick in die tragfähige Biografiearbeit gewährleistet sowie die diagnostischen Leitideen in der pädagogischen Arbeit vorgestellt werden.

Die Teilnahme an dem Fachtag kostet 239,- € inkl. MwSt. Für alle Frühbucher*innen wird ein Early-Bird-Rabatt für einen Gesamtpreis von 199,- € inkl. MwSt. (der Rabatt gilt für alle Anmeldungen bis einschließlich 23.12.2022) gewährt. Das vollständige Programm, das Anmeldeformular und alle weiteren Informationen finden Sie unter folgendem Link und in dem dazugehörigen Veranstaltungsflyer:

Aufruf zur Teilnahme einer Studie zu gesundheitsbezogener Selbsthilfe bei psychischen Belastungen & Erkrankungen

Es gibt Hinweise darauf, dass Selbsthilfeangebote häufig parallel zu professioneller Unterstützung in Anspruch genommen werden und sich die Angebote möglicherweise gegenseitig beeinflussen. Um dies weiter zu erforschen, interessiert sich die Arbeitsgruppe um Merle Frey (FernUniversität in Hagen), Prof. Agostino Mazziotta (FH Münster) und Prof. Anette Rohmann (FernUniversität in Hagen) über die wertvollen Erfahrungen und Einstellungen von Fachkräften aus dem psychosozialen und psychotherapeutischen Bereich. Im Rahmen der Studie werden psychosoziale Fachkräfte für die Teilnahme an einer kurzen anonymen Online-Umfrage gesucht. Alle Fachkräfte sind herzlich dazu eingeladen, sich an der Studie mit folgender Fragestellung zu beteiligen.

Ist die Teilnahme an Selbsthilfeangeboten (k)ein Thema bei Ihnen in Psychotherapie, Beratung bzw. qualifizierter Assistenz?

Die Teilnahme erfolgt anonym über einen Online-Fragebogen. Es werden keine Daten erhoben, die Rückschlüsse auf Sie als Person zulassen.

Wer kann teilnehmen?

Psycholg*innen, Berater*innen, qualifizierte Assistenzen und all jene, die im beruflichen Kontext mit psychisch erkrankten oder belasteten Menschen arbeiten.

Wie lange dauert die Teilnahme?

Ca. 20 Minuten

Gutscheinverlosung und Studienergebnisse

Unter den Teilnehmenden verlosen wir drei Buchgutscheine je 30 Euro! Am Ende der Studie gibt es die Möglichkeit sich bereits jetzt einen Link abzuspeichern, unter dem nach Abschluss der Auswertung eine Zusammenfassung der Studienergebnisse zu finden ist.

Link und QR-Code zur Studie

Rückblick zur Lesungsveranstaltung der Stiftung Soziale Psychiatrie zum Buch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen”

Professionell Tätige werden in der psychosozialen und psychiatrischen Praxis immer wieder mit Patient*innen und Klient*innen konfrontiert, zu denen es einfach nicht gelingt einen angemessenen Zugang zu finden und die die Mitarbeitenden regelmäßig an die professionellen Grenzen bringen. Zur Bezeichnung dieser Zielgruppe hat sich in der Fachliteratur der Klinischen Sozialarbeit der kontrovers diskutierte Begriff “hard to reach” (dt. schwer erreichbar) durchgesetzt. Gemeint sind Klient*innen oder Patient*innen mit komplexen Problemlagen, komorbiden Erkrankungen, herausfordernden Verhaltensweisen und existenziellen Schwierigkeiten, welche aus der Perspektive der Professionellen eine Integration in die bestehenden Behandlungs- und Unterstützungsangebote erschweren. Oftmals wirken bei Ihnen psychische Erkrankungen und Beeinträchtigungen in der Lebenswelt zusammen, wodurch sie häufig von Exklusionsprozessen bedroht sind und nicht in der beabsichtigten Weise von den vorhandenen Unterstützungsangeboten profitieren.

Unter dem Motto “Systemfehler? Schwer zu erreichen ist nicht unerreichbar” fand in diesem Jahr die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V. (DGSP) in Leipzig statt. In Anlehnung an das von Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), Lisa Große (Alice Salomon Hochschule Berlin) und Silke B. Gahleitner (Alice Salomon Hochschule Berlin) 2021 herausgegebene Fachbuch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen”, beschäftigte sich die Fachtagung kritisch mit der aktuellen Versorgungssituation von sogenannten Hard-to-reach-Klient*innen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung. Zur Einstimmung in die Thematik organisierte die Stiftung Soziale Psychiatrie am Tagungsvorabend gemeinsam mit den Herausgebenden Lisa Große und Karsten Giertz eine Lesungsveranstaltung zum Buch “Hard to reach: schwer erreichbare Klientel unterstützen”. In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmer*innen wurden verschiedene fachliche Perspektiven und Handlungsbedarfe bei dieser Zielgruppe diskutiert.

Weitere Informationen zur Stiftung Soziale Psychiatrie finden Sie hier. Informationen zum Buch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen” und zu den Herausgebenden können Sie hier abrufen.

Buchveröffentlichung “Adoleszenzpsychiatrie – Teilhabechancen in Klinik und Gemeinde”

Aktuellen Studien zufolge weisen ca. 16 % der Kinder und Jugendlichen Merkmale von psychischen Belastungen auf. Viele psychische Erkrankungen im Erwachsenenalter haben ihren Ursprung vor dem 21. Lebensjahr. Dennoch nimmt nur ein Drittel von ihnen professionelle Unterstützung in Anspruch. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Behandlungs- und Betreuungsangebote mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres enden. In den letzten Jahren haben sich deshalb in Deutschland in vielen Regionen Deutschland spezifische Behandlungs- und Unterstützungsangebote für diese Altersgruppe entwickelt, die durch Vernetzung und Kooperation eine kontinuierliche psychosoziale Begleitung sicherstellen wollen. Mit der Unterstützung von zahlreichen Autor*innen stellen die Herausgeberin Antje Werner (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) sowie die Herausgeber Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) und Prof. Dr. Michael Kölch (Universitätsmedizin Rostock) in diesem Buch neben fachlichen Grundlagen zahlreiche Erfahrungen aus verschiedenen innovativen Modellprojekten zur Versorgung und Behandlung von adoleszenten Patient*innen vor.

Das Buch ist im Psychiatrie Verlag veröffentlicht. Weitere Informationen zum Inhalt und zu den Autor*innen finden Sie hier im Flyer:

Neue Ausgabe des Newsletters der Landeskoordination Kinder aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern

Die neue Ausgabe des Newsletters der Landeskoordination Kinder aus psychisch und/ suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern (LaKo KipsFam) Ausgabe geht auf die Arbeit der Frühen Hilfen ein, die einen wichtigen Bestandteil in der Unterstützung von Familien mit psychosozialen Belastungen bilden. Aus der Forschung zeigen seit vielen Jahren verschiedene Erkenntnisse, dass in den ersten Lebensjahren die entscheidenden Weichen für die gesunde Entwicklung eines Kindes gestellt werden. Damit alle Kinder gesund aufwachsen, ist es notwendig Eltern, die es aufgrund ihrer Lebenssituation aus eigener Kraft nicht schaffen, ihre Kinder angemessen zu fördern, frühzeitig Unterstützung anzubieten. Die Frühen Hilfen stellen hierbei deutschlandweit wichtige Hilfs- und Unterstützungsangebote für Familien dar. Lesen Sie mehr über die wertvolle Arbeit der Netzwerke in unserer Rubrik “Aktuelles”.

Der Newsletter gibt auch einen Überblick über die Angebote der Woche der Seelischen Gesundheit in Mecklenburg-Vorpommern, die wie jedes Jahr im Herbst stattfindet. Zudem bietet die Ausgabe folgende weitere Sonderinhalte: ein Expert*inneninterview mit einer KiTa-Leiterin aus Mecklenburg-Vorpommern sowie ein Interview mit Frau Wilhelm von der Landeskoordination der Frühen Hilfen in Mecklenburg-Vorpommern sowie thematisch passende Studien, Fortbildungstipps, Buchempfehlungen und natürlich Aktuelles aus der LaKo KipsFam.

Der vollständige Newsletter kann unten als PDF heruntergeladen werden. Die Anmeldung zum Newsletter sowie ältere Ausgaben finden Sie hier.

Digitale Sprechstunden zu den Auswirkungen von Krieg und Flucht bei kleinen Kindern und ihren Familien für Fachkräfte

Menschen mit Fluchterfahrung werden mit zahlreichen psychosozialen Belastungen konfrontiert. Insbesondere für Kinder können sich die Auswirkungen von Krieg und Flucht negativ auf die Entwicklung und Gesundheit auswirken. In der Unterstützung dieser Zielgruppe sehen sich Fachkräfte oftmals mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert.

Um Fachkräften in der psychosozialen Arbeit mit geflüchteten Familien mit kleinen Kindern besser zu unterstützen, bietet das Nationale Zentrum Frühe Hilfen einmal pro Woche digitale Sprechstunden zu ausgewählten Themen rund um psychosoziale Auswirkungen von Krieg und Flucht auf kleine Kinder sowie über spezifische Hilfen, Beratungs- und Therapieansätze an. Teilnehmen können Fachkräfte in den Frühen Hilfen sowie alle Personen, die in ihrem beruflichen Kontext Familien mit kleinen Kindern beraten oder im Alltag begleiten sowie freiwillige Helfer*innen.

Wie wirken sich Fluchterfahrungen auf kleine Kinder aus? Woran erkenne ich Folgen von traumatischen Erlebnissen? Was muss ich in der Beratung beachten? Wie kann ich schnell helfen? Um diese und ähnliche Fragen geht es bei den digitalen Sprechstunden, die das Nationale Zentrum Frühe Hilfen als Teil eines Kooperationsprojektes fördert. Derzeit befindet sich die Digitale Sprechstunde noch im Aufbau. Infos zu den Terminen und Ansprechpartner*innen finden Sie hier.

Berufliche Rehabilitation von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen durch stärkenorientiertes Case Management

Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen weisen in vielen Lebensbereichen erhebliche Beeinträchtigungen auf. Besonders in der beruflichen und sozialen Teilhabe sind Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen einem hohen Exklusionsrisiko ausgesetzt. Das subjektive Gefühl des sozialen Eingebundenseins und eine gesellschaftlich anerkannte Tätigkeit oder bezahlte berufliche Beschäftigung gehören jedoch mit zu den wichtigsten gesundheitsrelevanten Faktoren, welche sich positiv auf die Genesung und soziale Teilhabe auswirken. Um die Lebenssituation von Menschen mit psychischen Erkrankungen zu verbessern, werden in den letzten Jahren vermehrt recovery- sowie stärkenorientierte Versorgungsmodelle, -konzepte und Interventionen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung diskutiert.

Darüber hinaus stellen die in den vergangenen Jahren umgesetzten Novellierungen der Sozialgesetzbücher die Leistungserbringer der beruflichen Rehabilitation vor neuen Anforderungen. Sie müssen ihre Leistungen nun verstärkt personenzentriert und unter möglichst großer Partizipation der Teilnehmer*innen erbringen. Individuell ausgestaltete und maßgeschneiderte Rehabilitationsverläufe sollen die Wirksamkeit erhöhen und nicht zuletzt auch zu einer verbesserten Wirtschaftlichkeit führen. Voraussetzung dafür ist auf Seiten der Leistungserbringer die Abkehr vom Maßnahmedenken hin zu einer individualisierten Prozesssteuerung, die Ressourcen und Interessen der Teilnehmer*innen ebenso im Fokus hat wie deren Bedarfe und die Barrieren des Lebensumfelds. Mit dieser Anforderung wächst die Bedeutung einer  personenzentrierten und zielgerichteten Prozesssteuerung sprunghaft.

In der neuen Ausgabe der Zeitschrift Die Berufliche Rehabilitation stellen Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) und Prof. Dr. Corinna Ehlers (Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim) das stärkenorientierte Case Management als ein Handlungsansatz zur Förderung von Recovery und zur Gestaltung der personenzentrierten Unterstützung bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen in der beruflichen Rehabilitation vor.

Weitere Informationen zur aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift finden Sie hier.

Klinische Sozialarbeit im Kontext aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen und globaler Entwicklungen

Ob Weltwirtschaftskrise, Klimakrise, COVID-19-Pandemie oder Ukraine-Konflikt, durch die zunehmenden Globalisierungsprozesse und die digitale Vernetzung wirken sich auch hierzulande die weltweiten Entwicklungen unmittelbar auf den Alltag vieler Menschen aus. Die Folgen der verschiedenen Flüchtlingsbewegungen auf die deutsche Gesellschaft, die Einschränkungen im Sozial- und Gesundheitssystem im Zuge der COVID-19-Pandemie sowie die Lebensveränderungen für viele Menschen durch die steigende Inflation im Zusammenhang mit den globalen wirtschaftlichen Veränderungen und den weltweit sinkenden industriellen Ressourcen machen deutlich, wie eng auch die Praxis der Klinischen Sozialarbeit mit diesen Entwicklungen verbunden ist.

Unter dem Titel Themen der Zeit widmet sich die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Klinische Sozialarbeit zahlreichen Entwicklungen und Themen, welche ausgewählte Adressat*innen der Klinischen Sozialarbeit betreffen und neuere Entwicklungen in der Arbeit thematisieren sowie den Einfluss von gesellschaftlichen Entwicklungen auf die Strukturen und Praxis Klinischer Sozialarbeit diskutieren.

So gehen Pia Scheidweiler (Jugendberatungsstelle Viva Wandsbek – Take care! und Viva Billstedt – Take Care!, Jugendhilfe e. V.), Jörg Sikkenga (Berufsakademie Lüneburg) und Martin Schröder (UPK Basel) auf die aktuelle Versorgungssituation von sogenannten „Systemsprenger:innen“ in der Kinder- und Jugendhilfe ein. Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), Sarah Jenderny (Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), Julia Möller (Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) und Ingmar Steinhart (Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) stellen die Ergebnisse einer Studie vor, die sich mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die psychosoziale Versorgung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen beschäftigt. Die aktuellen Diskurse um sogenannte Hard-to-reach-Klient:innen greift Sina Motzek-Öz (Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Wolfenbüttel) auf. Ausgehend von biografischen Interviews mit Frauen mit Migrationsgeschichte und Depression rekonstruiert sie das Gesundheitshandeln, wodurch ein differenziertes und akteurszentriertes Bild entsteht aus dem sich Ansatzpunkte für professionelle Interventionen bei dieser Zielgruppe ableiten lassen. Die Bedeutung von Traumafolgestörungen bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen thematisieren Luzia Fischer Stiftung Bändi Luzern), Stefania Calabrese (Hochschule Luzern) und Martin Schröder (UPK Basel). Sie weise daraufhin, dass Traumafolgestörungen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich häufiger bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen vorzufinden sind und sich negativ auf das Leben als auch auf die professionelle Beziehungsarbeit auswirken können. Vor diesem Hintergrund werden traumasensible Konzepte in der psychosozialen Arbeit diskutiert.

Zum Abschluss beschäftigen sich die Redaktionsmitglieder Karsten Giertz und Katarina Prchal mit dem Einfluss von aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen – wie dem Ukraine-Kriegs, die COVID-19-Pandemie oder die Klimakrise – auf die Lebenssituation vieler Adressat*innen der Sozialen Arbeit und diskutieren notwendige sozialpolitische Maßnahmen, welche von der Sozialen Arbeit ausgehen sollten.

Das Editorial, das Inhaltsverzeichnis sowie der Beitrag von Karsten Giertz und Katarina Prchal (Humboldt-Universität zu Berlin)stehen als PDF hier als Download zur Verfügung. Die vollständige Ausgabe kann bei der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e.V. als Einzelheft bestellt werden.

Einladung und finales Programm zur Landesweiten Fachtagung Adoleszenzpsychiatrie am 21. September 2022 in Waren (Müritz)

Gemeinsam mit seinen Kooperationspartner*innen beschäftigt sich der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. im Rahmen des vom Ministerium für Gesundheit, Soziales und Sport geförderten Modellprojektes “Adoleszentenpsychiatrie” seit mehreren Jahren mit der Versorgungssituation von jungen Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen.

Insbesondere für junge Menschen mit psychischen Erkrankungen kann der Lebensabschnitt der Adoleszenz eine besondere Herausforderung werden. Neben den ohnehin mit dieser Phase verbundenen Entwicklungsaufgaben müssen junge Menschen mit psychischen Erkrankungen zusätzlich die krankheitsbedingten Belastungen bewältigen. Zudem haben viele der psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter oftmals ihren Ursprung in der Lebensphase der Adoleszenz. Dennoch ist die Behandlungs- und Versorgungssituation für die jungen Menschen neben unzureichenden psychiatrischen und psychosozialen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten, fehlenden Angeboten zur Prävention und Frühintervention durch Schnittstellenprobleme und Beziehungsabbrüche aufgrund der formalen Altersgrenze von 18 Jahren geprägt.

Zum Abschluss des Modellprojektes “Adoleszentenpsychiatrie” findet am 21. September 2022 im Bürgersaal Waren (Müritz) die Fachtagung Adoleszenzpsychiatrie von 08:30 bis 16:00 Uhr statt. Neben allgemeinen einführenden Fachinputs werden auf der Fachtagung die Ergebnisse und Erfahrungen des regionalen Modellprojektes “Adoleszentenpsychiatrie” sowie die daraus abgeleiteten Empfehlungen für eine notwendige Weiterentwicklung der Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern für diese Zielgruppe vorgestellt und diskutiert. Darüber hinaus haben die Teilnehmenden die Möglichkeit sich mit weiteren Themen im Zusammenhang mit der Behandlung und Unterstützung von psychisch belasteten jungen Menschen mit zahlreichen Expert*innen auszutauschen.

Die Einladung, das finale Tagungsprogramm und die Informationen zur Anmeldung finden Sie hier: