Suizidalität und Suizidprävention im Bundesgesundheitsblatt

In Deutschland verstarben 2020 insgesamt 9 206 Personen durch Suizid. Dies entspricht etwa 25 Personen pro Tag. Rund 75 % der Selbst­tötungen wurden von Männern begangen. Das durchschnittliche Alter von Männern lag zum Zeitpunkt des Suizides bei 58,5 Jahren. Bei Frauen liegt der Altersdurchschnitt bei 59,3 Jahren. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist die Zahl der Suizide in Deutschland in den letzten Jahren zurückgegangen (Statistisches Bundesamt 2022).

Im Zusammenhang mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Selbstbestimmung und dem selbstbestimmten Sterben von 2020 sowie den daraus folgenden Diskussionen veröffentlichte das Bundesgesundheitsblatt im Januar 2022 ein Themenheft zu Suizid und Suizidprävention. Das Heft gibt einen Überblick zum aktuellen Forschungsstand zur Suizidforschung, zur Suizidprävention und zu den Unterstützungsmöglichkeiten in Deutschland. Mehrere Expert*innen geben Einblick in die aktuellen Erkenntnisse zur Epidemiologie von Suiziden und Suizidversuchen, diskutieren verschiedene Themen in diesem Zusammenhang wie die Rolle der psychischen Erkrankungen bei einem Suizid und stellen die aktuellen Unterstützungsmöglichkeiten durch Psychotherapie und Beratungsangeboten vor. Die Beiträge der Zeitschrift können hier frei abgerufen werden.

Themenheft “Case Management in der psychiatrischen Versorgung von Hard-to-reach-Klient*innen”

In der psychiatrischen Versorgung treffen wir immer wieder auf Klient*innen mit schweren psychischen Erkrankungen, die die professionellen Mitarbeiter*innen vor erheblichen Herausforderungen stellen. Viele dieser Klient*innen zeichnen sich durch komplexe Problemlagen, durch schwierige Verhaltensweisen oder abweichende Lebensentwürfe aus, welche oftmals niedrigschwellige personenzentrierte und multiprofessionelle Unterstützungsformen benötigen. In der Literatur werden diese Klient*innen unter anderem mit dem Begriff “hard to reach” (dt. schwer erreichbar) assoziiert. Im Rahmen eines von Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), Lisa Große (Alice Salomon Hochschule Berlin), Matthias Müller (Hochschule Neubrandenburg) und Katarina Prchal (Humboldt Universität zu Berlin) herausgegeben Themenheftes der Zeitschrift “Klinische Sozialarbeit” widmen sich mehrere Autor*innen der Versorgungssituation von Hard-to-reach-Klinet*innen in der psychiatrischen Versorgung und dem stärkenorientierten Case Management als einen methodisch Ansatz, um personenzentrierte und disziplinübergreifende Unterstützungsformen für diese Zielgruppe zu organisieren.

Zu Beginn gibt Dieter Röh (Hochschule für angewandte Wissenschaft Hamburg) einen Einblick in die Entwicklung und Aufgaben der Klinischen Sozialarbeit im Arbeitsfeld der Psychiatrie. Im Anschluss beschreiben Karsten Giertz und Lisa Große die psychiatrische Versorgungssituation von Hard-to-reach-Klient*innen in Deutschland anhand des aktuellen Forschungsstandes. Danach thematisiert Karin Goger (Fachhochschule St. Pölten) die Bedeutung der Beziehungsgestaltung im Case Managements im Kontext der psychosozialen Unterstützung von schwer erreichbaren Klient*innen. Zum Abschluss stellen Karsten Giertz, Lisa Große und Matthias Müller das stärkenorientierte Case Management als einen methodischen Ansatz in der psychosozialen Unterstützung dieser Zielgruppe vor.

Das bereits 2020 veröffentlichte Themenheft “Stärkenorientiertes Case Management in der psychiatrischen Versorgung von Hard-to-reach-Klient*innen” kann seit diesem Monat hier frei als PDF heruntergeladen werden.

Neuerscheinung “Soziale Teilhabe professionell fördern: Grundlagen und Methoden der qualifizierten Assistenz”

Das Bundesteilhabegesetz fordert die qualifizierte Assistenz, die fachlich fundierte Begleitung, Beratung und Unterstützung von Menschen mit Behinderungen für deren Umsetzung in der Unterstützung von Menschen mit psychischen Erkrankungen es noch keine Standards gibt, wohl aber hilfreiche Methoden. Die beiden Herausgeber Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) und Dieter Röh (HAW Hamburg) sowie die Herausgeberin Lisa Große (Alice Salomon Hochschule Berlin) stellen mit der Unterstützung von zahlreichen Expert*innen diese Methoden und Konzepte im Fachbuch „Soziale Teilhabe professionell fördern“ vor dem Hintergrund von Rahmenbedingungen und gesetzlichen Grundlagen einzeln und praxisbezogen vor. Es handelt sich dabei um das erste Buch zur qualifizierten Assistenz im Bereich der psychosozialen Unterstützung von Menschen mit psychischen Erkrankungen nach SGB IX. Grafiken, Handlungsempfehlungen und Downloadmaterialien unterstreichen die Praxisnähe dieses Handbuches.

Einen Flyer mit weiteren Informationen zum Inhalt finden Sie hier.

Eine Rezension zum Buch können Sie hier einsehen.

Zu den Herausgebern und der Herausgeberin:

Karsten Giertz, M.A.: ist Geschäftsführer des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., Vorstandsvorsitzender im European Centre of Clinical Social Work e.V. und Mitglied im Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. sowie in den Fachgruppen Sektion Klinische Sozialarbeit und Case Management der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit, DGSA. Er promoviert an der Universitätsmedizin Greifswald zur psychosozialen Versorgung von Borderline-Patient*innen und hat mehrere Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen für Soziale Arbeit.

Lisa Große, M.A.: Langjährige Tätigkeit im Sozialpsychiatrischen Dienst, seit 2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Alice Salomon Hochschule Berlin, Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen, zertifizierte Fachsozialarbeiterin für Klinische Sozialarbeit, Vorstand im European Centre of Clinical Social Work e.V., Mitglied in den Fachgruppen Case Management und Sektion Klinische Sozialarbeit der DGSA.

Prof. Dr. Dieter Röh: Jahrgang 1971, ist Professor für Wissenschaft Sozialer Arbeit im Department Soziale Arbeit der Fakultät Wirtschaft und Soziales an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Arbeitsschwerpunkte: Geschichte, Ethik, Theorien und Methoden Sozialer Arbeit; Klinische Sozialarbeit und Rehabilitation; Behindertenhilfe/Sozialpsychiatrie.

Fortbildung “Schwer erreichbare Klient*innen begleiten” am 09. und 10. Mai 2022

Fortbildung “Schwer erreichbare Klient*innen begleiten”

Kompetenzen im Umgang mit komplexen Problemlagen

In den psychosozialen Arbeitsfeldern begegnen die Mitarbeitenden immer wieder Klient*innen, die aufgrund schwieriger Verhaltensweisen oder abweichenden Lebensentwürfen schwer zu erreichen sind. Gemeinsam mit dem Institut für Weiterbildung an der Hochschule Neubrandenburg bietet der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. das zweitägige Seminar am 09. und 10. Mai 2022 mit wichtigen Grundlagen und Methoden an.

Worum geht es?

In der psychosozialen Arbeit wird immer wieder über Klient*innen berichtet, die schwer erreichbar sind und nicht in der beabsichtigten Weise von den bestehenden Hilfesystemen profitieren. Die Betroffenen zeichnen sich durch komplexe psychische und multiple Problemlagen aus. Darunter gehören wohnungslose Menschen mit psychischen Erkrankungen, geflüchtete Menschen mit schweren psychischen Problemlagen, psychisch erkrankte Menschen mit herausfordernden Verhaltensweisen oder mit komorbiden Suchterkrankungen.

Für die Bezeichnung dieser Zielgruppe hat sich in der Literatur der Klinischen Sozialarbeit der Hard-to-reach-Begriff durchgesetzt.

Im Rahmen des Seminars werden wichtige Kompetenzen im Umgang mit den komplexen Problemlagen von Hard-to-reach-Klientel vermittelt. Hierzu zählen die Grundlagen der Klinischen Sozialarbeit wie ein ganzheitliches Verständnis von Krankheit- und Behinderung, die psychosoziale Diagnostik, die soziale Netzwerkarbeit und professionelle Beziehungsarbeit. Über dem hinaus werden alternative Bewältigungs- und Recoverykonzepte vermittelt, welche für die praktische Arbeit mit Hard-to-reach-Klient*innen hilfreich sind. Die theoretischen Inhalte des Seminares werden durch praxisnahe Übungen und Beispiele vertieft.

Informationen zur Anmeldung finden Sie hier auf der Seite des Instituts für Weiterbildung an der Hochschule Neubrandenburg.


Auch in diesem Jahr führt der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. neben der Fortbildungsveranstaltung “Methoden der qualifizierten Assistenz” mit seinen Kooperationspartner*innen eine Reihe von Fortbildungen und qualifizierenden Veranstaltungen durch. Ein Gesamtüberblick über das Fortbildungsangebot und die Fortbildungsthemen für 2022 des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. finden Sie hier und wird auch in den kommenden Wochen als PDF veröffentlicht.

Podcast “Und wer fragt mich? Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern und ihren Familien verbessern”

Anlässlich des Welttags für psychische Gesundheit am 10. Oktober 2021 führte das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit vom 08. bis 18. Oktober 2021 die Aktionswoche der seelischen Gesundheit unter dem Motto „Gemeinsam über den Berg – Seelische Gesundheit in der Familie“ durch. Im Fokus der Veranstaltung stand die Enttabuisierung und Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen und der Umgang damit innerhalb des Familiensystems. Im Zuge der Aktionswoche startete auch der Podcast „Und wer fragt mich? Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern und deren Familien verbessern“ der Fachverbände AFET Bundesverbands für Erziehungshilfe e.V., der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e.V.

Aktuell enthält der Podcast zwei Folgen und weitere Folgen sind geplant. In der ersten Folge berichten eine betroffene Mutter und ihr 13-jähriger Sohn über ihre persönlichen Erfahrungen. In der zweiten Folge wird die Geschichte erneut aufgegriffen und mehrere Expert*innen aus der Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapie nehmen dazu Stellung. Die Expert*innen beschäftigen sich unter anderem mit der Gefahr der Stigmatisierung bei psychischen Erkrankungen, Schuldzuweisungen nicht nur in den betroffenen Familien, sondern auch zwischen den Hilfesystemen und Sprachlosigkeit im Umgang der disziplinübergreifenden Zusammenarbeit. Dabei fokussieren sie aber auch verschiedene Gelingensfaktoren, wie zum Beispiel Wertschätzung, Transparenz und Vertrauen.

Photo by Bruno van der Kraan on Unsplash

Die Themen des Podcasts werden 2022 im Rahmen der Fachtagung „Und wer fragt mich? Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern verbessern“ weiter bearbeitet und diskutiert. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Internetseite des AFET Bundesverbandes für Erziehungshilfe e.V., der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e.V.

Hier gelangen Sie zu den Podcast-Beiträgen

Eine Übersicht zu den Initiativen und Projektaktivitäten des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. zum Thema Kinder aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien oder junge Erwachsene mit psychischen Erkrankungen finden Sie hier.

Empfehlungen der S3-Leitlinie Schizophrenie für Betroffene und Angehörige

2019 wurde die S3-Leitlineie „Schizophrenie“ durch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde sowie durch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. in Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen Verbänden und Fachgesellschaften veröffentlicht.  Ausgehend von der systematischen und kritischen Auswertung von aktuellen wissenschaftlichen Studien beinhaltet die S3-Leitlinie Empfehlungen für die Behandlung und Versorgung von Menschen mit psychotischen und schizophrenen Erkrankungen. Die Leitlinie ist nicht rechtlich bindend, sondern unterstützt die Entscheidungsfindung und gilt bis mindestens März 2023. In einer Lang- und Kurzfassung kann die S3-Leitlinie „Schizophrenie“ hier heruntergeladen werden.

Neben der neuen Schwerpunktsetzung auf somatische Begleiterkrankungen bei Menschen mit psychotischen und schizophrenen Erkrankungen, der multiprofessionellen Behandlung nach dem Prinzip der unterstützenden Entscheidungsfindung, der gleichberechtigten Berücksichtigung von Psychotherapie und weiteren psychosozialen Therapien gegenüber der psychopharmakologischen Therapie, den neuen Empfehlungen in der psychopharmakologischen Behandlung und beruflichen Rehabilitation, beinhaltet die Leitlinie auch relevante Neuerungen für Betroffene und ihren Angehörigen. Die Rheinische Gesellschaft für Soziale Psychiatrie hat diese Empfehlungen in einem Flyer zusammengefasst, der hier heruntergeladen werden kann.

Online-Symposien “Soziale Diagnostik 2021/ 2022”

Seit vielen Jahren dient die Tagungsreihe „Soziale Diagnostik“ als Diskurs-Plattform zu diesem Themenbereich im deutschsprachigen Raum. Aufgrund der Corona-Pandemie konnte die für Februar 2020 in München geplante Präsenz-Tagung leider nicht realisiert werden. Um die Möglichkeit zu einer fachlichen Auseinandersetzung zu Fragen von Diagnostik in Theorie und Praxis in Deutschland, der Schweiz und Österreich aufrecht zu erhalten, führt die Sektion Klinische Sozialarbeit der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit in Kooperation mit dem European Centre of Clinical Social Work e.V., der HAW Hamburg und der Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Soziale Arbeit bis zur nächsten Präsenz-Tagung eine kleine Reihe von drei online-Symposien durch. Die dreistündigen Symposien finden im Zeitraum von Dezember 2021 bis März 2022 jeweils an einem Freitagnachmittag statt und sind je einem ausgewählten Thema gewidmet.

  1. Partizipation in der Sozialen Diagnostik: einen gemeinsamen diagnostischen Suchprozess methodisch gestalten» (10.12.2021)
  2. „Diagnostisches Fallverstehen“ in verschiedenen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe: Interprofessionell und multidimensional Verstehen und Handeln (14.01.2022)
  3. Netzwerkdiagnostik als Beitrag zum Fallverstehen: Erfahrungen aus Anwendung, Implementation und Evaluation (18.03.2022)

Eine genauere inhaltliche Ausschreibung wird jeweils ca. zwei Wochen vor dem jeweiligen Symposium auf der Internetseite des European Centre of Clinical Social Work e.V. veröffentlicht. Die Zugangsdaten und das genaue Programm können Sie hier im Flyer der Veranstaltung einsehen.

Digitale Beratung und Therapie in der Zeitschrift Klinische Sozialarbeit

Im Zuge der COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden Schutzmaßnahmen haben digitale Formen der Beratung und Psychotherapie an Bedeutung gewonnen. Ungeachtet der Potenziale von digitalen Unterstützungs- und Beratungsformen sowie der weiten Verwendung von digitalen Medien in der Bevölkerung auch bei gesundheitsbezogenen Themen und psychosozialen Problemlagen bestehen in der Fachwelt immer noch Vorbehalte gegenüber solchen Angeboten.

Die Zeitschrift Klinische Sozialarbeit veröffentlichte diesen Monat ein lesenswertes Themenheft zur digitalen Beratung und zu digitalen Formen der psychosozialen Unterstützung. Zu Beginn diskutieren Frank Engel von der Alice Salomon Hochschule Berlin und Udo Seelmeyer von der Fachhochschule Bielefeld die Potenziale und den Stellenwert von Digitalisierungsprozessen in der aktuellen Beratung. Marc Weinhardt von der Universität Trier geht in seinem Beitrag auf die Veränderungen und den kulturellen Wandel in der Beratung durch digitale Formen der Unterstützung ein. Einen Überblick zum Einsatz digitaler Unterstützungsangebote in der Praxis und Ausbildung der Klinischen Sozialarbeit geben Swantje Notzon und Birte Schiffhauer von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen. Zum Abschluss des Heftes geben Saskia Erhardt und Melanie Zeller von der Fachhochschule Wien einen Einblick in die Ergebnisse ihres Forschungsprojektes „DigiBerTh“ (Digitale Bratung und Therapie in psychosozialen Handlungsfeldern) zur Umsetzung von spezifischen Beratungs- und Therapieformen in virtuellen Settings.

Die gesamte Ausgabe der Zeitschrift kann über den ZKS Verlag erworben werden. Die Inhaltsübersicht, das Editorial und der einleitende Beitrag “Beratung digital – Zum Stellenwert und Potenzial neuer Angebotsformen” von Frank Engel und Udo Seelmeyer kann hier heruntergeladen werden.

Videobeiträge zum Forum Arbeit und psychische Gesundheit

Im Sinne einer bezahlten und sozial anerkannten beruflichen Tätigkeit trägt Arbeit durch die Stärkung vorhandener Ressourcen, der Autonomie, des Selbstgefühls und der sozialen Integration neben der materiellen Existenzerhaltung maßgeblich zur psychischen Gesundheit des Menschen bei. Der Zugang zu Arbeit und beruflicher Beschäftigung ist daher ein wichtiger Bestandteil in der Versorgung und Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Obwohl in Deutschland umfangreiche und ausdifferenzierte Angebote zur medizinischen Rehabilitation, Teilhabe an Bildung und Arbeit bestehen, legen zahlreiche Studien nahe, dass das Ziel der beruflichen Beschäftigung in der Behandlung und Versorgung von psychisch erkrankten Menschen in Deutschland bisher nur unzureichend realisiert wird. Menschen mit psychischen Erkrankungen erhalten häufig eine frühzeitige Erwerbsunfähigkeit und die Reintegration in den allgemeinen Arbeitsmarkt findet bei einem Großteil nicht statt. Die Ursachen sind vielfältig. So werden unter anderem arbeitsbezogene Barrieren durch die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung und fehlende Reintegrationsangebote auf dem regulären ersten Arbeitsmarkt als wesentliche Faktoren diskutiert. Aber auch in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung (insbesondere für junge Menschen mit psychischen Erkrankungen) finden berufs- und ausbildungsbezogene Inhalte oftmals unzureichend Berücksichtigung.

Neben den gesundheitsförderlichen Aspekten von Arbeit lässt sich ebenfalls in Deutschland feststellen, dass die Zahl von Krankheitstagen, Erwerbsunfähigkeit und Frühberentung aufgrund von psychischen Erkrankungen noch nie so hoch wie heute war. Diese Entwicklung ist erstaunlich, weil die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung zwar immer noch hoch aber in den letzten Jahren nicht auffällig angestiegen ist. Im Durchschnitt verlaufen die Ausfallzeiten durch psychische Erkrankungen auch wesentlich länger als bei körperlichen Krankheiten.

Foto von Nataliya Vaitkevich von Pexels

Nicht selten stehen die psychischen Erkrankungen mit beruflichen Belastungen im Zusammenhang. Auch hier sind die Ursachen komplex. So scheinen gesellschaftliche Veränderungen in der Arbeitswelt, wie erhöhte Flexibilitäts-, Komplexitäts- und Mobilitätsanforderungen sowie Beschleunigungsprozesse aufgrund technischer und kultureller Veränderungen, mit beruflichen und sozialen Überforderungen einherzugehen, die bei einem Teil der Bevölkerung zu körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen führen. Um diesem anhaltenden Trend entgegenzuwirken bedarf es unter anderem präventiver Informations- und Beratungsangebote sowie Schulungen für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen zur Sensibilisierung für psychische Belastungsfaktoren und deren Langzeitfolgen. Ziele dieser Maßnahmen sollten sein, die individuellen berufsbezogenen Belastungen zu identifizieren, Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt zu reduzieren und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, die der Entwicklung einer langanhaltenden psychischen Erkrankung entgegenwirken.

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und das Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. widmen sich im Rahmen von verschiedenen Projekten und Initiativen dem Thema psychische Gesundheit und Arbeit, mit dem Ziel, einerseits die Sensibilisierung von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen für dieses Thema durch Öffentlichkeitsarbeit, niedrigschwellige Beratung und Informationen zu fördern und andererseits die Entwicklung von neuen innovativen Versorgungs- und Behandlungsmodellen zu unterstützen, welche eine Integration und Reintegration von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern ermöglichen.

Anlässlich der Woche der Seelischen Gesundheit im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte wurden die einzelnen Initiativen und Projekte am 13. Oktober 2021 gemeinsam mit verschiedenen Kooperationspartner*innen wie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg und dem Berufsförderungswerk Stralsund auf dem Forum Arbeit und psychische Gesundheit vorgestellt. Auf dieser Seite finden Sie alle Fachbeiträge aus dem Forum Arbeit und psychische Gesundheit als Video.

Arbeit und psychische Gesundheit von Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.)

Im Kontext von steigenden Arbeitsunfähigkeitstagen und beruflichen Fehlzeiten aufgrund von psychischen Belastungen hat das Thema Arbeit und psychische Gesundheit mittlerweile in der Gesellschaft an Bedeutung zugenommen. Besonders Mitarbeitende in den Sozial- und Gesundheitsberufen sind besonders gefährdet psychische Erkrankungen im Zusammenhang mit beruflichen Belastungen zu entwickeln. Ausgehend von Krankenkassendaten und Fehlzeitenreporten diskutiert der Referent in seinem Beitrag verschiedene Erklärungsansätze aus der Soziologie und der psychiatrischen Epidemiologie, welche sich mit dem gesellschaftlichen Anstieg von psychischen Belastungen in der Arbeitswelt beschäftigen.

Rückkehr in den Beruf mit IPS-Coaching – Antje Werner (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.)

Arbeit und Beschäftigung haben einen besonderen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen. So kann Arbeit im Sinne einer bezahlten und sozial anerkannten beruflichen Tätigkeit auch mit einer Reihe von gesundheitsförderlichen Faktoren einhergehen. Trotz eines umfangreichen und ausdifferenzierten therapeutischen Angebotes, legen die niedrigen Wiedereingliederungszahlen von Menschen mit psychischen Belastungen auf den ersten Arbeitsmarkt, einen Bedarf an innovativen Reintegrationsangeboten nahe. Anlässlich der Woche der Seelischen Gesundheit 2021 stellte Antje Werner das Rehapro-Modellprojekt IPS-Coaching – Zurück ins Berufsleben (IPS-ZIB) vor, das sich mit der Implementierung des Supported-Employment-Ansatzes in Deutschland beschäftigt.

Ankündigung Fachtagung “Digitalisierung und neue Perspektiven in der psychosozialen Arbeit” am 20. Mai 2022

Der Einsatz digitaler und internetbasierter Technologien hat im Rahmen von gesellschaftlichen Digitalisierungsprozessen in der Beratung und in der psychosozialen Arbeit an Bedeutung gewonnen. Im Zuge der digitalen Transformation kam es in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu grundlegenden strukturellen Veränderungen der Lebenswelten und Kommunikationsformen. Die breite gesellschaftliche Verwendung der vielfältigen digitalen und internetbasierten Technologien sowie der neuen Medien geht mit einer höheren Flexibilisierung und Beschleunigung der sozialen und wirtschaftlichen Lebenswelt sowie des allgemeinen Kommunikations- und Informationsverhalten einher. Eingebettet in diesen gesellschaftlichen strukturellen Wandel müssen sich auch soziale Organisationen sowie psychosoziale Unterstützungs- und Beratungsangebote mit den veränderten Lebenswelten ihrer Zielgruppen auseinandersetzen.

Im Zuge der gesellschaftlichen digitalen Transformation gehören die digitalen Kommunikations- und Unterstützungsangebote neben den traditionellen persönlichen Konsultationen zu einem wichtigen Medium für Gesundheitsfragen. Neben den durch die digitale Transformation einhergehenden neuen Herausforderungen verspricht der Einsatz von digitalen Technologien in der Beratungs- und Unterstützungspraxis auch eine Vielfalt an neuen Möglichkeiten und Chancen insbesondere im Zusammenhang mit der Niedrigschwelligkeit, Flexibilität und Anonymität.

Auch durch die räumliche und zeitliche Flexibilisierung von digitalen Formen der Unterstützungs- und Kommunikation kann der Zugang zu geeigneten Unterstützungsmöglichkeiten für viele Menschen mit psychischen oder körperlichen Beeinträchtigungen erleichtert werden. Besonders in den ländlichen Regionen ermöglichen die digitalen Informations- und Unterstützungsmöglichkeiten die Überwindung von räumlichen und kommunikativen Barrieren.

Anlässlich dieser Entwicklung veranstaltet der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. in Kooperation mit dem European Centre of Clinical Social Work e.V., der Fachhochschule Wien, dem Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., dem Schweizer Fachverband Soziale Arbeit im Gesundheitswesen und der Hochschule Neubrandenburg am 20. Mai 2022 die digitale Fachtagung “Digitalisierung und neue Perspektiven in der psychosozialen Arbeit”. Die Fachtagung findet zwischen 09:00 bis 16:00 Uhr statt. Die Teilnahme ist für alle kostenlos.

Im Rahmen der Fachtagung sind digitale Vorträge und Posterpräsentationen mit dem Schwerpunkt „Digitalisierung in der psychosozialen Arbeit“ geplant. Zudem bietet die Fachtagung die Möglichkeit auch Vorträge oder Posterpräsentationen zu neuen Forschungsvorhaben, Erkenntnissen, Methoden oder Interventionen in der psychosozialen Arbeit und Unterstützung von Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen einzureichen. Bei Interesse können ab sofort bis zum 31. Januar 2022 kurze Abstracts (maximal 1200 Zeichen) zu Vortragsvorschlägen oder Posterpräsentationen unter info@eccsw.eu eingereicht werden. Weitere Informationen zu den Anmeldemodalitäten finden Sie in der offiziellen Ankündigung der Fachtagung:

Das Tagungsprogramm und die Anmelde- und Zugangsmodalitäten werden zwischen Januar und Februar 2022 unter anderem über die Internetseite des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und über die Internetseite des European Centre of Clinical Social Work e.V. veröffentlicht.