Tagungsdokumentation zur Online-Fachtagung „Psychische Gesundheit und Radikalisierung“ am 05. September 2023

In den letzten Jahren haben Anschläge oder Angriffe von Personen mit Radikalisierungstendenzen und psychischen Beeinträchtigungen immer wieder für Aufsehen gesorgt. Dabei war zunächst häufig unklar, ob die Beweggründe eher im ideologischen Extremismus zu suchen sind oder sekundäre Folgen der psychischen Erkrankung darstellen. Tatsächlich verlaufen die Übergänge häufig fließend und beide Bereiche können sich wechselseitig beeinflussen. Dies erschwert die Diagnose der Ursachen und Motive sowie die Auswahl von passenden Unterstützungs- und Beratungsangeboten. Gehört ein Fall in den Gesundheitsbereich oder sind die Beratungsstellen der Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit und der Deradikalisierung gefordert?

Angesichts der Schnittmengen zwischen diesen Bereichen veranstalteten der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und die Landeskoordinierungsstelle für Demokratie und Toleranz in der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern am 5. September 2023 gemeinsam die Online-Fachtagung „Psychische Gesundheit und Radikalisierung“. Im Rahmen der Fachtagung standen die Kooperation und der Dialog zwischen den Sozial- und Gesundheitsberufen, Beratungsstellen der Extremismusprävention, Ämtern und Behörden sowie die multiprofessionelle Zusammenarbeit mit weiteren Akteur*innen im Mittelpunkt. Dabei verfolgten die Veranstalter*innen im Tagungsprogramm einen phänomenübergreifenden Ansatz. Neben den langjährigen Erfahrungen aus der Rechtsextremismus- und Islamismusprävention wurden die Erfahrungen aus der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung von Mecklenburg-Vorpommern einbezogen.

Andreas Zobel (stell. Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) bei der Moderation der Online-Tagung

An der Online-Fachtagung nahmen über 100 Teilnehmende unter anderem aus der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung, aus der Jugend- und Familienhilfe, aus Beratungsstellen der Radikalisierungsprävention, aus Sicherheitsbehörden sowie aus dem Bereich Schule und Bildung teil. Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Andreas Zobel (stell. Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), der auf die aktuelle Bedeutung des Tagungsthemas aufmerksam machte und die Teilnehmenden als Moderator durch das gesamte Programm führte.

In ihrem Grußwort ging die Vorständin des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. Sandra Rieck auf die gegenwärtigen Herausforderungen in der psychosozialen Versorgung ein. Hierzu zählte sie beispielsweise Einsparungen bei wichtigen Beratungsangeboten im Bereich der Suchthilfe und im Bereich der Hilfe für geflüchtete Menschen, fehlende niedrigschwellige Behandlungs- und Unterstützungsformen für Menschen in schweren psychosozialen Krisen oder mangelnde Angebote der Prävention und Früherkennung. Dadurch sind viele Menschen in Mecklenburg-Vorpommern einer Unterversorgung ausgesetzt. Diese Situation spiegelt sich auch in den aktuellen Diskursen zur Radikalisierungsprävention im Kontext von psychischen Belastungen und Erkrankungen wider. Gleichzeitig warnte sie vor Stigmatisierungs- und Kriminalisierungstendenzen gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen, die sich aus den aktuellen Erkenntnissen nicht ableiten lassen, aber in den letzten Jahren die öffentliche Wahrnehmung in der Bevölkerung sehr stark prägen. Die Aufklärung und Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen sowie der fachliche Austausch zwischen den verschiedenen Akteur*innen der psychosozialen Versorgung und Radikalisierungsprävention sind daher notwendig, um die Versorgungssituation allgemein zu verbessern und Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

Dr. Eckart Schörle von der Landeskoordinierungsstelle für Demokratie und Toleranz in der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern machte in seinem Grußwort darauf aufmerksam, wie wichtig die multiprofessionelle Zusammenarbeit in den einzelnen Regionen von Mecklenburg-Vorpommern bei der Radikalisierungsprävention sowie bei der Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit ist. Er hob die gute Zusammenarbeit mit dem Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. hervor und betonte, dass das Veranstaltungsthema angesichts der hohen Zahl der Teilnehmer:innen offenbar einen Bedarf getroffen habe. Gerade der fachliche Austausch und die regionale Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen beteiligten Akteur*innen sowie die unterschiedlichen Perspektiven auf Phänomene der politischen Radikalisierung seien wichtig, um gemeinsam nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Die Online-Fachtagung soll dazu beitragen, dass sich die Akteur*innen aus der psychosozialen Versorgung und aus dem Bereich der Radikalisierungsprävention untereinander kennen und weitere Initiativen zur Vernetzung daraus folgen können.

Nach den beiden Grußworten gab Prof. Dr. Marc Allroggen von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm einen Einblick in die empirischen Befunde zum Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und extremistischen Einstellungen. Nach einer Einführung in die Definition und Entwicklung von Extremismus und Radikalisierungsprozessen sowie deren Verbreitung in der deutschen Bevölkerung, wies er daraufhin, dass psychische Erkrankungen unter bestimmten Umständen einen Risikofaktor für extremistische Gewalttaten bilden können. Während in der Allgemeinbevölkerung etwa 47 % zustimmen, dass Menschen, die einen Terrorakt planen oder durchführen, oft oder meistens psychisch erkrankt sind, gehen Psychotherapeut*innen und Arzt*innen zu 64 % davon aus, dass extremistische Eistellung eher oder sehr mit psychischen Erkrankungen einhergehen. Studien zu diagnostizierten psychiatrischen Störungen bei extremistischem Täter*innen weisen allerdings auf eine deutliche Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der befragten Zielgruppen und der Prävalenz von psychischen Erkrankungen bei verschiedenen extremistischen Täter*innen hin. So liegt die Häufigkeit von psychischen Störungen oder allgemeinen psychologischen Problemen bei identifizierten extremistischen Täter*innen nur zwischen 17 und 25 %. In der Allgemeinbevölkerung liegt diese Prävalenzrate zwischen 26 bis 33 %. Affektive, neurotische, belastungs- und somatoforme Störungen sowie Persönlichkeitsstörungen sind bei extremistischen Täter*innen besonders überrepräsentiert. Demnach lässt sich bei Menschen mit psychischen Erkrankungen per se kein erhöhtes Risiko für extremistische Straftaten vorfinden. Nur bei sogenannte Lone-Actor-Täter*innen (also Einzeltäter*innen) können psychische Erkrankungen zu einem erhöhten Risikofaktor gehören, da hier die Häufigkeit im Vergleich zu anderen Gruppen von Täter*innen zwischen 30 bis 40 % liegt. Insbesondere bei dieser Zielgruppe wird die Schnittstelle zwischen Radikalisierungsprävention und psychotherapeutischer bzw. psychiatrischer Behandlung deutlich. Allerdings geben ein Großteil der Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen an, nicht qualifiziert genug zu sein, um entsprechende Behandlung und Therapie für diese Zielgruppe anzubieten. Gerade vor dem Hintergrund, dass psychische Störungen den Deradikalisierungsprozess erschweren, bedarf es Qualifizierung und weitere Netzwerkarbeit in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung.

Kerstin Sischka von dem psychotherapeutisch-psychiatrischen Beratungsnetzwerk NEXUS aus Berlin stellte verschiedene Fallkonstellationen an der Schnittstelle von Radikalisierungs- und Gesundheitsprävention vor. Sie berichtet über die Bedeutung von psychischen Problemlagen während der Ausstiegs- und Distanzierungsberatung. So weisen 57 % der aussteigenden Personen psychische Probleme während ihrer Involvierung in extremistische Szenen auf. 88 % berichten über Suizidvorstellungen, Gewaltfantasien, Angststörungen oder depressive Verstimmungen während der Beratung. In diesem Kontext kommt der Vernetzung von Ausstiegsprogrammen und Gesundheitsberufen eine wichtige Bedeutung zu, da an dieser Schnittstellte primär entsprechende Angebote und Unterstützung für radikalisierte Personen mit psychischen Belastungen in der Ausstiegsberatung angeboten werden können. Zudem bestehen an dieser Schnittstelle Besonderheiten im Umgang mit islamistischer Radikalisierung, rechtsextremistischer Radikalisierung, Radikalisierungsprozessen im mittleren Lebensalter oder der Radikalisierung über Online-Medien auf die die Referentin im Einzelnen näher eingeht. Darüber hinaus weist sie daraufhin, dass politische extremistische Einstellungen allgemein in der Bevölkerung aufgrund von gesellschaftlichen Krisen in den letzten Jahren zugenommen haben und auch Mitarbeitende des Sozial- und Gesundheitswesens täglich mit politischen extremistischen Einstellungen bei Klient*innen und Kolleg*innen konfrontiert werden, wodurch ein Bedarf besteht, sich auch berufspolitisch stärker mit diesen Phänomenen auseinanderzusetzen.

Dr. Eckart Schörle (Landeskoordinierungsstelle für Demokratie und Toleranz), Andreas Zobel und Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) während der Podiumsdiskussion (von links nach rechts).

Einen Überblick zu den möglichen Schnittstellen zwischen Radikalisierungsprävention und sozialpsychiatrischer Versorgung gab der Geschäftsführer des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. Karsten Giertz. Er ging auf die allgemeine Epidemiologie psychischer Erkrankungen in Deutschland und auf die aktuellen Herausforderungen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern ein. Besonders die Stigmatisierung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, die heterogenen Versorgungsstrukturen in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten von Mecklenburg-Vorpommern, die Schwierigkeiten bei der Implementierung von leitliniengerechten Mindeststandards durch die geografische Flächenstruktur, fehlende niedrigschwellige Unterstützungsangebote insbesondere bei psychosozialen Krisen, die Unterversorgung im Bereich der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung, der Fachkräftemangel sowie die Herausforderungen mit der Umsetzung von aktuellen Reformprozessen (z.B. Bundesteilhabegesetz, Kinder- und Jugendstärkungsgesetz) erschweren gegenwärtig eine bedarfsgerechte psychosoziale und psychiatrische Versorgung. Gerade Zielgruppen mit komplexen Unterstützungsbedarfen wie auch psychisch belastete Personen mit Radikalisierungshintergrund sind von dieser Entwicklung betroffen. Um die Schnittstellen zwischen psychiatrischer Versorgung und Radikalisierungsprävention zu verbessern, bedarfs nach Ansicht des Referenten einen trialogischen Diskurs zu den Risikofaktoren und Ursachen bei Radikalisierungsprozessen im Kontext von psychischen Erkrankungen, einer gezielten Anti-Stigmaarbeit und -beratung bei Risikogruppen, übergreifende Qualifizierungsmaßnahmen im Umgang mit psychischen Erkrankungen und im Umgang mit Radikalisierungsprozessen sowie einer verbindlicheren regionalen Vernetzung zwischen Akteur*innen der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung sowie Akteur*innen der Radikalisierungsprävention und Ausstiegsberatung.

Danach stellten Mitarbeitende des Beratungsnetzwerkes für Demokratie und Toleranz in Mecklenburg-Vorpommern die verschiedenen Ausstiegsprojekte, Deradikalisierungs- und Beratungsangebote für Personen mit politischen Radikalisierungshintergrund in Mecklenburg-Vorpommern vor. Anhand von Fallkonstellationen zeigten die Referent*innen den Tagungsteilnehmenden Bedarfe und Schnittstellenproblematiken in der Beratungspraxis auf. Hierzu zählten unter anderem Bedarfe nach einer besseren psychologischen Beratung, ambulanten und psychotherapeutischen Versorgung.

Zum Abschluss der Tagung fand unter der Moderation von Andreas Zobel eine Podiumsdiskussion zu den Potenzialen der multiprofessionellen Kooperation in Mecklenburg-Vorpommern im Kontext der Radikalisierungsprävention statt, an der sich Prof. Dr. Barbara Bräutigam (Hochschule Neubrandenburg, Ostdeutsche Psychotherapeutenkammer), Dr. Eckart Schörle (Landeskoordinierungsstelle für Demokratie und Toleranz in der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern) und Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) beteiligten. Im Mittelpunkt der Diskussion standen weitere Vorhaben und Initiativen, um den übergreifenden Austausch zur Thematik in Mecklenburg-Vorpommern weiter voranzutreiben und die regionale Vernetzung zwischen den Akteur*innen zu fördern.

Im Namen der Veranstalter*innen bedanken wir uns bei allen Referent*innen und Teilnehmenden für die erfolgreiche Veranstaltung und für den angenehmen sowie informativen Austausch. 

Weitere Informationen zur Thematik

www.lpb-mv.de

www.beratungsnetzwerk-mv.de  

Literaturhinweise

Allroggen, M., Heimgartner, A., Rau, T. & Fegert, J. M. (Hrsg.) (2020): Radikalisierungsprozesse wahrnehmen – einschätzen – handeln: Grundlagenwissen für Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, Universitätsklinikum Ulm. https://www.uniklinik-ulm.de/fileadmin/default/Kliniken/Kinder-Jugendpsychiatrie/Dokumente/Handlungsempfehlung_Radikalisierungsprozesse.pdf

Tuil, K. & Ueberle-Pfaff, M. (2022). Diese eine Entscheidung. München, dtv Verlag. Rezension unter: https://www.instagram.com/p/CmRE7KUrhYV/?utm_source=ig_web_copy_link&igshid=MzRlODBiNWFlZA%3D%3D

Große, L., Wintzer, L. I., Ebinger, S., Golatka, A., Jaquet, R., Riep, M. & Gahleitner, S. B. (2023). Diagnostisches Fallverstehen – Psychosoziale Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen. Booklet für Fachkräfte der Sozialen Arbeit. https://zks-medien.de/wp-content/uploads/2023/05/Diagnostisches-Fallverstehen_Booklet.pdf

Giertz, K., Große, L. & Gahleitner, S. B.  (Hrsg.) (2021). Har to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen. Köln, Psychiatrie Verlag. http://probe.sozialpsychiatrie-mv.de/wp-content/uploads/2021/04/006-Flyer-Hard-to-reach-RZ.pdf

Themenheft: Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland

In Deutschland leben 15 Millionen Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren. Die psychische Gesundheits- und Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen hat in Deutschland in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Vor allem während der COVID-19-Pandemie haben sich die psychosozialen Belastungen bei den Kindern, Jugendlichen und ihren Familien deutlich erhöht. Bis heute sind diese Belastungen aufgrund der nachfolgenden gesellschaftlichen Krisen wie Energiekrise, dem Krieg in der Ukraine oder der Klimakrise auf einem hohen Niveau geblieben. Zahlreiche Studien weisen seit einigen Jahren auf die ernstzunehmende Zunahme von psychosozialen Belastungen in dieser Altersgruppe hin.

Um die aktuelle Lebens- und Versorgungssituation der jungen Menschen zu verbessern, bedarf es gesamtgesellschaftliche Anstrengungen und gesundheitspolitische Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen. Im Juli 2023 brachte hierzu das Bundesgesundheitsblatt ein lesenswertes Themenheft zur psychischen Gesundheit von Kindern heraus. Insgesamt umfasst die Ausgabe dreizehn Beiträge, die sich mit der aktuellen psychischen Gesundheits- und Versorgungssituation von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien in Deutschland beschäftigen. Thematisiert werden unter anderem die psychosozialen Belastungen während und nach der COVID-19-Pandemie in dieser Altersgruppe sowie die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen von familiären Konflikten, elterlichem Stresserleben und frühkindlichen Störungen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Zudem wird ein Einblick in die aktuellen Herausforderungen in der Behandlung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Belastungen gegeben und anhand von evidenzbasierten Interventionen und Präventionsansätzen Möglichkeiten für eine Verbesserung der aktuellen Versorgungssituation aufgezeigt.   

Alle Beiträge des Themenheftes sind hier frei zugänglich.

Der freiraum e.V. und „Die Tage der seelischen Gesundheit in Schwerin“ vom 10. bis 15. Oktober 2023

Der freiraum e.V. hat sich, vor mehr als 30 Jahren, zunächst unter dem Namen Initiativgruppe Sozialarbeit Schwerin e.V., die öffentliche Aufklärung, die Gesundheitsförderung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sowie die Teilhabe behinderter, von Behinderung bedrohter und sozial benachteiligter Menschen, zur Aufgabe gemacht. Der Verein ist Mitgesellschafter der Dreescher Werkstätten gGmbH, die wiederum Gesellschafterin der ANKER Sozialarbeit Gemeinnützige GmbH ist. Während die Tochtergesellschaften vor allem die gewünschten und notwendigen Regelangebote vorhalten, sieht der freiraum e.V. in der ehrenamtlichen Struktur die Förderung von Gesundheitsprävention und Selbsthilfe als eine der Hauptaufgaben. Der freiraum e.V. unterstützt Bestrebungen, die der Entstehung psychischer Erkrankungen entgegenwirken und die seelische Gesundheit erhalten und fördern.

In diesem Jahr wird der freiraum e.V. erneut mit vielen Kooperationspartnern wie der Landeshauptstadt Schwerin, der Lebenshilfe Schwerin, der Carl-Friedrich-Flemming-Klinik, dem Mecklenburgischen Staatstheater, dem Coworking Space TISCH, dem Quartier 63 um nur Einige zu nennen, die „Die Tage der seelischen Gesundheit Schwerin“ vom 10. bis zum 15. Oktober 2023 unter dem Motto “Alles außer gewöhnlich” gestalten.

Das Projekt „Tage der seelischen Gesundheit in Schwerin“ soll jährlich rund um den Welttag der Seelischen Gesundheit (10. Oktober) eine Plattform bieten, um über psychische Erkrankungen und die damit verbundene Stigmatisierung sowie über Hilfsangebote im Bereich seelische Gesundheit aufzuklären. Durch Veranstaltungen wie Ausstellungen, Tage der offenen Tür oder Fachvorträge sollen Fachinformationen zugänglich gemacht und ein Erfahrungsaustausch zwischen der Öffentlichkeit, Betroffenen, Angehörigen und Interessierten ermöglicht werden. Die Veranstaltungen richten sich an die allgemeine Öffentlichkeit und bieten ein niedrigschwelliges Angebot zur Information und Aufklärung über psychische Erkrankungen und Hilfsangebote.

Ziel ist es, ein möglichst breit gefächertes Angebot in den Schweriner Stadtteilen zu schaffen, das für alle Bürger*innen zugänglich sein soll (barrierefrei, kostenloser Eintritt etc.).

Der Verein freiraum e.V. will nicht nur über psychische Erkrankungen informieren, sondern vor allem Möglichkeiten der Gesunderhaltung und Selbsthilfe im eigenen Umfeld aufzeigen. Die “Tage der seelischen Gesundheit” beleuchten das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Es gibt Lesungen, Diskussionsrunden, Bewegungsangebote, Filme, Theater, Musik und Ausstellungen. Alle Sinne und Emotionen werden angesprochen.

Vorstand: Sigrun Schön, Andreas Schwarz, Karen Obenauf

Kontakt: kontakt@freiraum26.de

Weitere Informationen zum Programm für die Veranstaltungsreihe “Tage der seelischen Gesundheit in Schwerin” sowie die dazugehörige Pressemitteilung finden Sie unter anderem hier:

18. Rostocker Film- & Kulturtage zur seelischen Gesundheit vom 16. bis 19. Oktober 2023

In diesem Jahr findet zum 18-mal die Veranstaltungsreihe der Rostocker Film- und Kulturtage zur seelischen Gesundheit statt.

Die COVID-19-Pandemie trug als ein vielseitiger Belastungsfaktor Risiken für die psychische Gesundheit der Bevölkerung. Studien dazu belegen, dass sich wesentliche Merkmale psychischer Gesundheit in der erwachsenen Bevölkerung anfänglicher Resilienz (Widerstandskraft) zu Pandemiebeginn seit Ende 2020 verschlechterten. Es traten vermehrt depressive und Angstsymptome sowie eine insgesamt verschlechterte subjektive psychische Gesundheit auf. In diesem Zusammenhang steht die Veranstaltungsreihe für einen Dialog zur psychischen Gesundheit, aber auch interessierte Mitmenschen über psychische Erkrankungen aufzuklären, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen, über Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren und zum gegenseitigen Verständnis beizutragen.

Bundesweit erfüllt mehr als jeder vierte Erwachsene im Zeitraum eines Jahres die Kriterien einer psychischen Erkrankung. Für knapp 18 Millionen Betroffene und ihre Angehörigen ist eine psychische Erkrankung mit massivem Leid verbunden und führt oft zu schwerwiegenden Einschränkungen im sozialen und beruflichen Leben. Zu den häufigsten Krankheitsbildern zählen Angststörungen, Depression und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch.

Das Programm der diesjährigen Film- und Kulturtage entstand in trialogischer Zusammenarbeit des Gesundheitsamtes de Hanse- und Universitätsstadt Rostock mit Vertreter*innen des sozialpsychiatrischen Versorgungsystems, dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V., dem Rostocker Bündnis gegen Depression sowie mit freundlicher Unterstützung des li.wu. In diesem Jahr sind neu dabei der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und Der Rostocker Frauen*kulturverein Die Beginen e.V.

Das komplette Programm mit den zahlreichen kulturellen Angeboten zum Thema psychische Gesundheit und Erkrankungen finden Sie hier:

Hier ist was in Bewegung – offizieller Song der Grünen Schleife von David Floyd

Die Grüne Schleife setzt mit dem Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ein Statement für mehr Akzeptanz und Toleranz gegenüber psychischen Erkrankungen. Denn fast jede*r Dritte erkrankt im Zeitraum eines Jahres an einer psychischen Erkrankung. Deshalb gilt: Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Burnout, Bipolare Störungen, Angststörungen, Borderline und Schizophrenie, um nur ein paar zu nennen, müssen raus aus der Tabu-Ecke! Da Ziel dieser Initiative ist, dass sich Menschen in psychischen Krisen trauen, ihre Probleme offen anzusprechen und so rechtzeitig notwendige Hilfe erhalten.

Zu Unterstützung dieser Aktion hat der Musiker David Floyd den offiziellen Song der Grünen Schleife „Hier ist was in Bewegung“ komponiert und die Regisseurin Andrea Rothenburg das Musikvideo gedreht. Die Songproduktion wurde vom Verein Psychiatrie in Bewegung e.V. durch eine Spende von Familie Woitke finanziert. Die Videoproduktion wurde von der Deutschen Gesellschaft für bipolare Störungen e.V. (DGBS), der Barmer Krankenkasse, dem Verein Psychiatrie in Bewegung e.V. und anderen finanziert.

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Fachtag “Krisenintervention und Nachsorge in helfenden Berufen” am 05. Oktober 2023 in Güstrow und online

Fachleute in helfenden Berufen stehen oft vor herausfordernden Situationen, die emotional belastend sein können. Umso wichtiger ist es, gut auf diese Situationen vorbereitet zu sein, angemessen reagieren zu können, Sorge für sich zu tragen sowie andere in schwierigen Zeiten zu unterstützen.

Am 05. Oktober 2023 veranstaltet der Landkreis Rostock gemeinsam mit weiteren Kooperationspartnern den Fachtag “Krisenintervention und Nachsorge in helfenden Berufen” zwischen 09:30 bis 15:30 Uhr in Güstrow. Ziel des Fachtages ist es, Raum für einen fachlichen Austausch zu schaffen, Möglichkeiten zur Bewältigung belastender Situationen zu erkunden sowie Nachsorgekonzepte zu präsentieren, die die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern.

Der Fachtag richtet sich an Führungskräfte, Fachkräfte und Interessierte aus den Bereichen Pflege, Sozialarbeit, Therapie, Verwaltung und verwandten Berufsfeldern. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Die Teilnehmeranzahl in Präsenz ist begrenzt. Alternativ ist eine Onlineteilnahme möglich.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier im Flyer der Veranstaltung.

Welttag der Suizidprävention 2023

Statistisch gesehen stirbt weltweit alle 40 Sekunden ein Mensch durch Suizid. Im Jahr 2021 starben  9 215 Personen durch Suizid – das waren über 25 Personen pro Tag. Die Suizidhintergründe liegen oftmals in schweren gesundheitlichen, psychischen und sozialen Belastungen. Zum Welttag der Suizidprävention möchten wir daher verstärkt darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, dass psychisch belastete Menschen schnelle, niedrigschwellige und einfühlsame Hilfe erhalten und entsprechende Angebote weiter ausgebaut werden. Sie können Leben retten.

Als Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. unterstützen wir deshalb wie viele andere Organisationen und Fachgesellschaften die Initiativen der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention e.V. zur gesetzlichen Verankerung der Suizidprävention:

Wichtig: Sollten Sie an Suizid denken, suchen Sie bitte Hilfe. Eine Auswahl an Telefonnummern für den Notfall finden Sie hier:

Telefonseelsorge 0800 1110111

Nummer gegen Kummer 116 111

Rettungsdienst im Notfall 112

Das Projekt „Prävention & Früherkennung bei Kindern und Jugendlichen“ des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Etwa 74 % der psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter treten erstmalig bereits vor dem 18. Lebensjahr und 50 % sogar vor dem 15. Lebensjahr auf. Psychische Belastungen und unbehandelte psychische Störungen können bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer Reihe von negativen psychosozialen Langzeitfolgen wie dem Abbruch der Schulbildung und beruflichen Ausbildung, komorbide psychische Problemlagen, einer langfristigen Inanspruchnahme von psychiatrischen Behandlungs- und psychosozialen Unterstützungsangeboten sowie sozialen Exklusionsprozessen einhergehen.

Angebote zur Prävention, Früherkennung und -behandlung sind bei dieser Zielgruppe deshalb besonders wichtig. In Deutschland fehlt es jedoch an solchen Angeboten. Darüber hinaus sind viele der bestehenden Angebote nicht in ein regionales und kommunales Gesamtkonzept integriert, das sich gezielt der Förderung der psychischen Gesundheit und psychiatrischen Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen widmet. Weiterhin sind die unterschiedlichen Maßnahmen und bestehenden Angebote kaum aufeinander bezogen, wodurch keine große Reichweite erzielt wird und wichtige Akteur*innen der Gesundheitsförderung und Prävention ausgeschlossen werden, die im regelmäßigen Kontakt zu den jungen Menschen stehen (z. B. Lehrkräfte, Sportvereine, Jugendklubs).

Eine enge Kooperation der handelnden Akteur*innen in Schule und außerschulischen Bereichen und ggf. psychiatrischen Angeboten ist daher notwendig.

Seit 2022 übernimmt der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. die Aufgabe, Fachkräfte, Multiplikator*innen und Adressat*innen zu diesem Thema zu vernetzen und ein Konzept zur Früherkennung und Frühintervention von psychischen Erkrankungen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit den oben genannten Personengruppen für Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten und umzusetzen.

Das Vorhaben ist eng verknüpft mit dem Präventionsprojekt „Verrückt? Na und! – Psychisch fit lernen“, der Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern und der Kompetenzstelle Adoleszenzpsychiatrie des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Das Projekt wird vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport Mecklenburg-Vorpommern finanziert und unterstützt.

Weitere Informationen zum aktuellen Stand finden Sie hier.

Transforming mental health for all: Der World Mental Health Report der WHO

Psychische Gesundheit ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Allgemeinwohls und Wohlbefindens sowie ein grundlegendes Menschenrecht. Etwa 13 % der Menschen in der Weltbevölkerung leiden unter einer psychischen Erkrankung. In Europa beträgt der Anteil ca. 14,2 %. Aufgrund der direkten und indirekten psychischen Erkrankungsfolgen wie häufige Inanspruchnahme von psychiatrischen Behandlungen oder Einschränkungen in der Arbeitsfähigkeit schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass die jährlich verursachten weltwirtschaftlichen Kosten durch psychische Erkrankungen im Jahr 2030 auf 6 Billionen US-Dollar ansteigen werden. Dies ist deutlich mehr als die prognostizierten Kosten für Krebserkrankungen, Diabetes oder chronische Atemwegserkrankungen.  

Trotz der Folgen im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen fehlt es in vielen Ländern darunter auch in Deutschland immer noch an wichtigen Rahmenbedingungen, um die psychische Gesundheit in der Bevölkerung bestmöglich zu fördern, zu gewährleisten und gefährdete Personengruppen ausreichend zu schützen. Hierzu zählen unter anderem die zunehmende gesellschaftliche Stigmatisierung und soziale Ausgrenzung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, die geringen Gesundheitskompetenzen im Bereich psychische Gesundheit in der deutschen Bevölkerung, die unzureichende Umsetzung einer menschenrechtsorientierten Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie die noch immer bestehenden strukturellen Defizite in verschiedenen Bereichen der Behandlung, Beratung, Unterstützung, Prävention und Gesundheitsförderung.

Zwanzig Jahre nach dem letzten „The World Mental Health Report: mental health – new understanding, new hope“ – der vor allem für ein biopsychosoziales Verständnis für psychische Gesundheit und Erkrankung plädierte – veröffentlichte die WHO im vergangenen Jahr unter dem Motto „Transforming mental health for all“ ihren neuen Bericht. Dieser Bericht richtet sich speziell an politische Entscheidungsträger im Gesundheitswesen und beinhaltet wichtige Empfehlungen zur Weiterentwicklung von menschenrechtsorientierten multisektoralen und gemeindenahen Versorgungsstrukturen und Interventionen, die erforderlich sind, um die psychische Gesundheit in der Gesellschaft zu verbessern. In dem aktuellen Bericht stehen diesmal die gesellschaftlichen und globalen Risikofaktoren für die psychische Gesundheit wie Krieg, wirtschaftliche und soziale Ungleichheit oder die Klimakrise im Vordergrund. Ausgehend von dem 2013 verabschiedeten „Comprehensive Mental Health Action Plan 2013-2030“ der WHO werden mehrere Maßnahmen vorgestellt, um die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden innerhalb der Gesellschaft zu fördern, psychischen Erkrankungen vorzubeugen und gefährdete Personen zu schützen.

Der Bericht kann hier frei eingesehen werden.

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. stellt seine Aktivitäten und Projekte am 29. September 2023 auf dem Fachtag Nord in Hamburg vor

Der Bedarf an Angeboten in der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung ist bundesweit gestiegen. Ebenso haben die Komplexität der Bedürfnisse der Klient*innen und die fachlichen Anforderungen an die psychosoziale Versorgung in den letzten Jahren zugenommen.

Wie Soziale Arbeit diesen Veränderungen in der Praxis konkret begegnen kann, sollen am 29. September 2023 auf dem Fachtag Nord der drei Landesarbeitsgemeinschaften Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein der Deutschen Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e.V. in Hamburg anhand von ausgewählten Projekten der sozialpsychiatrischen Versorgung in Norddeutschland vorgestellt und diskutiert werden.

Für Mecklenburg-Vorpommern beteiligt sich der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. an der Fachtagung im Rahmen eines Impulsvortrages zu den aktuellen Herausforderungen und Perspektiven in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern sowie im Rahmen eines Forums zu seinen aktuellen Projekten und Initiativen wie der Landesfachstelle für Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien, dem Modellprojekt “Adoleszenzpsychiatrie” oder dem Rehapro-Projekt “IPS-Coaching – Zurück ins Berufsleben”.

Weitere Informationen zur Fachtagung finden Sie hier im Flyer: