Kostenlose digitale Fachtagung Kooperation und Netzwerke in der psychosozialen Arbeit am 11. Mai 2023

Zahlreiche Klient*innen in der psychosozialen Versorgung weisen einen komplexen Unterstützungsbedarf auf. Benötigt wird daher nicht selten auch ein komplexes Unterstützungssystem. Zudem weisen viele Forschungsergebnisse darauf hin, dass gerade multiprofessionelle und systemübergreifende Formen der Versorgung zur Personen- und Bedarfsorientierung beitragen. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Etablierung einer vernetzten Versorgung mit vielen Hürden verbunden ist. So erschweren finanzielle Rahmenbedingungen, gesetzliche Fragmentierungen des Versorgungssystems, professionsbezogene Anerkennungskonflikte und abweichende Logiken zwischen den beteiligten Berufsgruppen oftmals eine personenzentrierte und bedarfsgerechte Planung und Umsetzung von psychosozialen Unterstützungsmöglichkeiten.

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. veranstaltet in Kooperation mit dem European Centre for Clinical Social Work e.V., der Hochschule Coburg, der Fachhochschule Campus Wien, dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V., der Landeskoordination: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern und dem Netzwerk A: aufklaren | Expertise und Netzwerk für Kinder psychisch erkrankter Eltern des Trägers Paritätische Hamburg am 11. Mai 2023 zwischen 09:00 bis 15:30 Uhr die digitale Fachtagung „Kooperation und Netzwerke in der psychosozialen Arbeit”.

Im Rahmen der Fachtagung wird das Thema „Kooperation und Netzwerke in der psychosozialen Arbeit” mithilfe von Keynotes und Vortragspanels diskutiert. Dabei werden verschiedene Praxisfelder und Zielgruppen wie die gemeindepsychiatrische Versorgung, die Unterstützung von Kindern psychisch erkrankter Eltern, die Wohnungslosenhilfe, die Gewaltprävention oder der Strafvollzug fokussiert. Die Fachtagung richtet sich an Mitarbeitende aus den verschiedenen Arbeitsfeldern der psychosozialen Praxis, Studierende der (Klinischen) Sozialarbeit sowie an Wissenschaftler*innen aus den Bereichen der Sozial- und Gesundheitswissenschaften. Die Anmeldung und Teilnahme sind kostenlos. Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier im Flyer der Veranstaltung.

Neue Online-Fortbildungsreihe zur Sozialen Diagnostik des ECCSW

Soziale Diagnostik ist ein Vorgehen […], „das in erster Linie zum Ziel hat den Menschen und seine aktuelle Lebenssituation umfassend wahrzunehmen und das, was ihn antreibt und berührt, zu verstehen. Es sollen Faktoren identifiziert werden, welche in der Biographie des Menschen wie auch in seinem sozio-ökologischen Umfeld zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung und der damit oft einhergehenden psychosozialen Notlagen beigetragen haben oder aktuell bedeutsam sind. Zudem sollen die Ressourcen und Potenziale erfasst werden, welche für eine Genesung und Besserung der aktuellen Lebenssituation hilfreich sein können (Deimel & Deloie 2017, S. 210).”

Innerhalb der Klinischen Sozialarbeit wird Soziale Diagnostik bereits seit über zwei Jahrzehnten vorangetrieben und ist wichtiger Bestandteil in der Vermittlung klinisch-sozialarbeiterischer Kompetenzen der Masterstudiengänge. Das European Centre for Clinical Social Work e.V. möchte für Praktiker*innen ab 2023 eine Möglichkeit zum kontinuierlichen Online-Austausch zu Sozialer Diagnostik anbieten.

Alle 120-minütigen Termine der Online-Veranstaltungen (via zoom) beginnen zunächst mit einem kurzen Input durch Referent*innen der Klinischen Sozialarbeit zu spezifischen Instrumenten, aber auch wichtigen Diskussionen zu Prozessen der Sozialen Diagnostik. Anschließend soll ausreichend Raum zum Austausch von Erfahrungen der Teilnehmenden gegeben werden: Welche Ressourcen haben die Teilnehmenden für Soziale Diagnostik in ihrer Praxis? Welchen Herausforderungen sehen sie sich gegenübergestellt? Welche Unterstützung benötigen sie ggfs. aus der Klinischen Sozialarbeit heraus?

Termine und Themen 2023:

  • 20.06.2023, 17.00 – 19.00 Uhr (per zoom), 4-Felder-Matrix (Saskia Ehrhardt)
  • 12.09.2023, 17.00 – 19.00 (per zoom), Situations- und Belastungsdiagnostik als Instrument sozialtherapeutischer Fallkonzeption (Dr. Sebastian Ertl)
  • 05.12.2023, 17.00 – 19.00 (3 UE) (per zoom), Systemisch-biografische Diagnostik des Lebensführungssystems (Prof. Dr. Cornelia Rüegger)

Kosten: Die Teilnahme ist für Mitglieder des European Centre for Clinical Social Work e.V. und Studierende kostenlos. Für alle anderen Interessierten wird ein Beitrag in Höhe von 10,00 € pro Veranstaltung fällig.

Weitere Informationen zur Anmeldung finden Sie hier im Flyer der Veranstaltungsreihe:

März-Ausgabe des Newsletters der Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern

Mittlerweile ist das Jahr 2023 nicht mehr ganz so neu. Der Frühling steht bereits vor der Tür. Das vergangene Jahr wird wohl als ein Krisenjahr in die Geschichte eingehen: Die COVID-19-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene neue Flüchtlingswelle, die Klima- und die Energiekrise prägten die Schlagzeilen. Aus der Erfahrung der letzten Jahre wissen wir: Die Krise gehört zum Leben dazu. Auch in Familien gibt es turbulente Zeiten, das ist ganz normal. Aber was passiert, wenn eine Familie in eine ernsthafte Krise stürzt oder sogar das Kindeswohl in Gefahr ist? Mit diesen und weiteren Fragen hat sich das Redaktionsteam des Newsletters der Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Wochen intensiv beschäftigt.

Für die aktuelle Ausgabe wurden Expert*innen aus Mecklenburg-Vorpommern zu diesen Themen befragt. So konnten Maria Dahlke vom Kinderschutzbund Mecklenburg-Vorpommern und Anne Port von der Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Rostock für zwei interessante Interviews gewinnen werden. Darüber hinaus enthält der Newsletter neue Informationen aus der Landeskoordination: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien in Mecklenburg-Vorpommern, die am 01. Januar 2023 zur “Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern” geworden ist und sich personell erweitert hat.

Zudem wird über das geplante zweite Projektforum “Kinder psychisch und/oder suchtbelasteter Familien” – das am 14. Juni 2023 in Linstow stattfinden wird – sowie über das Interessenbekundungsverfahren für regionale Anlauf- und Unterstützungsstellen für Kinder und Jugendliche psychisch belasteter oder suchtbelasteter Familien in Mecklenburg-Vorpommern des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Sport Mecklenburg-Vorpommern informiert.

Der vollständige Newsletter kann unten als PDF heruntergeladen werden. Die Anmeldung zum Newsletter sowie ältere Ausgaben finden Sie hier.

Symposium zur wochenweisen Fremdbetreuung im frühen Kindesalter – Erfahrungen aus der DDR und internationale Perspektiven am 21. und 22. April 2023 in Rostock

In den 1950er und 1960er Jahren wurden in der DDR fast 40.000 Plätze zur wochenweisen Fremdbetreuung von Kindern im Alter zwischen 6 Wochen und 3 Jahren geschaffen. Dazu kamen die Wochenheime für die Kinder ab 3 Jahren. Wochenweise bedeutete, dass diese Kinder Tag und Nacht in der Einrichtung verblieben und zu ihren Eltern nur am Wochenende Kontakt hatten. Diese intensive Betreuungsform galt als ökonomisch und als wichtige Voraussetzung für die Umsetzung der Gleichberechtigung der Frauen – mit teils lebenslangen Folgen für die Kinder. Die letzten derartigen Plätze wurden erst 1992 abgeschafft.

Seit einigen Jahren sind die Geschichte der Wochenbetreuung und die Entwicklung der dort untergebrachten Kinder ins Interesse verschiedener Forschungsprojekte gerückt. Erste Ergebnisse werden auf dem Symposium zur wochenweisen Fremdbetreuung im frühen Kindesalter am 21. und 22. April diskutiert. Dabei kommen auch ehemalige Wochenkinder selbst zu Wort, so wie in der Ausstellung „abgegeben“ von Sophie Linz. Eine solche Fremdbetreuung über Nacht gab es aber nicht nur in der DDR. Deshalb werden auf diesem Symposium auch Forschungsprojekte zu ähnlichen Betreuungsformen in anderen Ländern vorgestellt: zu Wochenkrippen in der damaligen ČSSR sowie zu Säuglingsheimen in der BRD zu jener Zeit und in der Schweiz.

Das Symposium wird als Kooperationsprojekt von der Universitätsmedizin Rostock, der Kunsthalle Rostock, wochenkinder.de und der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier im Flyer:

Videovorlesungsreihe Anthropologische Psychiatrie zum Thema Anthropologie von Gesundheit und Krankheit in der Psychiatrie

An der Universitätsmedizin Hamburg-Eppendorf veranstaltet Thomas Bock jährlich eine Vorlesungsreihe zur Anthropologischen Psychiatrie mit verschiedenen Schwerpunkten. Ziel der Vorlesungsreihe ist, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu reduzieren. Anlässlich der COVID-19-Pandemie findet seit 2020 die Vorlesungsreihe in digitaler Form statt. Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Irre menschlich Hamburg e.V. und psychenet. Dabei engagieren sich zahlreiche Expert*innen und Psychiatrieerfahrene sowie Angehörige.

Im vergangenen Wintersemester 2022/2033 beschäftigte sich die Vorlesungsreihe mit der Anthropologie von Gesundheit und Krankheit in der Psychiatrie. Im Mittelpunkt der Vorlesungen stehen die zutiefst menschlichen Themen und Konflikte von verschiedenen psychischen Störungen wie Depression, Persönlichkeitsstörungen, Zwangs- oder Suchterkrankungen.

Depression – die Eigendynamik eines Schutzmechanismus

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Dr. Sönke Artl & Rolf Sieck

Depressionen gelten als Volkskrankheit. Sind sie deshalb typisch deutsch? Depressionen sind nicht zu verwechseln mit Trauer, eher ein Zustand der Fühllosigkeit – sind wir unfähig geworden zu trauern? Bis wann ist es ein Schutzmechanismus, nicht zu fühlen, ab wann eine Katastrophe? Welche Bedeutung hat der Verlust des Zeitgefühls? Welche Rolle spielen Belastungen bei der Arbeit und biographische Konflikte. Was hilft und was können wir präventiv tun? Wie gelingt die Balance von Beistand und Entlastung, von Ernst nehmen und Ermutigung?

Bipolar – besondere Spannweite von Stimmung und Antrieb

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Margrit Grötelüschen & Dr. Hans-Peter Unger

Wer aus der Depression auch die Flucht nach vorne ergreift, gilt als bipolar. Die Manie als Gegenpol kann kreativ und schillernd, aber manchmal auch beschämend und zerstörerisch sein. Sie kann den Weg aus der (depressiven) Überanpassung weisen, aber auch die nächste Depression vorbereiten? Was unterscheidet dieses Spannungsfeld von den Stimmungsschwankungen, die wir alle kennen? Ist unser Zeitgefühl entscheidend? Können wir vorher und nachher noch unterscheiden? Wir brauchen ein Gegenüber, um uns zu spiegeln, zu halten, zu begrenzen. Wir brauchen Hilfen, die nicht kränken, die niedrigschwellig und kontinuierlich zur Verfügung stehen, die nahe Angehörige selbstverständlich einbeziehen. Ein starkes Plädoyer für mehr Engagement der PsychotherapeutInnen in Kooperation mit Psychiatrischen Institutsambulanzen und Peer-Support.

Persönlichkeitsstörungen – Wer stört wen warum?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Ewald Rahn & Dr. Christiane Tilly

Wir möchten uns unterscheiden, Eigenheit bewahren. Wir sprechen von akzentuierten Persönlichkeiten und von Persönlichkeitsstörungen? Wo ist der Übergang, welche Rolle spielt der soziale Kontext? Was gilt es zu lernen von und für Menschen mit Borderline Erfahrung? Was steckt hinter den vordergründigen Konflikten, hinter Selbstverletzung und Suizidalität? Welche Rolle spielen traumatische Erfahrungen, welche die Ressourcen? Wie schaffen wir es, dass nicht die einen zu viel, die anderen zu wenig Hilfe bekommen? Die Diagnose steht infrage – auch weil wir es schaffen müssen, die persönlichen Konflikte wahrzunehmen und nicht bestimmte Muster zu verstärken. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) wurde von Marsha Linehan geprägt, die nach ihrer beruflichen Tätigkeit auch eigene Krankheitserfahrungen offen machte. Die Gesprächspartner plädieren für eine Ergänzung der DBT durch das Trainingsprogram STEPPS ( dt. “Erkennen von Emotionen und Problemlösen systematisch trainieren”), für den Vorrang ambulanter Strukturen und für mehr Respekt vor der Verschiedenheit der Menschen – mit und ohne Diagnosen.

Sucht – eine Form von Suche und Versuchung?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Martin Reker, Timo Schüsseler

Sucht ist verbreitet und vielfältig – kann auf Stoff oder Handeln bezogen sein. Es war ein Fortschritt, Sucht nicht mehr als Sünde oder Versagen, sondern als Krankheit zu begreifen; doch die Balance zwischen Abhängigkeit und Freiheit sowie zwischen maßvollem und maßlosem Handeln oder Begehren betrifft jeden Menschen. Anthropologisch haben Rauschzustände eine lange Geschichte; doch waren die möglicherweise früher stärker kulturell eingebunden. Was bedeutet das für die notwendige Vielfalt von Hilfen und Prävention. – Warum haben manche Menschen ein höheres Suchtrisiko als andere? Gibt es Beziehungserfahrungen und Arbeitsbedingungen, die vor Sucht bewahren oder hineintreiben können? Warum sollten Angehörige mehr einbezogen und Strukturen flexibel werden und Therapeuten weniger verurteilen und vollständiger wahrnehmen? Ein Plädoyer für mehr Individualität in der Suchthilfe und mehr Politik in der Prävention.

Angst als überlebenswichtige Fähigkeit / Zwang als Bewältigung?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Lena Jelinek & Ralf

Angst ist eine überlebenswichtige Fähigkeit, Angstbewältigung die Basis jede/r Kultur oder Religion. Warum läuft sie manchmal aus dem Ruder? Rituale können Ängste bändigen. Vielleicht bietet unsere Kultur inzwischen zu wenig davon. Greifen wir deshalb auf Zwänge zurück? Wann und warum wird aus dem Schutzmechanismus ein Gefängnis? Welche Rolle spielt Psychotherapie? Ergänzen sich die Schulen? Bewegen sie sich aufeinander zu? Welche Rolle spielt, dass Existenzängste heute berechtigter sind denn je? Wie können wir konstruktiv umgehen mit unserer Angst um die Natur, den Frieden, die Solidarität, unsere Gemeinschaft, um die Welt? Wird die Unterscheidung von gesunder und kranker Angst dann sinnlos?

Psychose – eine besondere Form der Dünnhäutigkeit

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Dr. Andreas Heinz & Gwen Schulz

Unsere Haut kann durchlässig werden, so dass innere Dialoge zu äußeren werden und reale Bedrohungen / Informationen uns filterlos (be)treffen. So reagieren wir in Psychosen oft schneller nicht nur auf vermeintliche, sondern auch auf reale Gefahren – fast wie Seismographen. Was bedeutet das angesichts der aktuellen Bedrohung der Welt? Zugleich erscheinen Psychosen wie ein Ringen um Selbstverständlichkeit und wie ein Zustand, in dem plötzliche Nähe und Enge bedrohlich wirken kann. Wir brauchen dann für unsere existentielle Versicherung ein Gegenüber, brauchen Beziehungen, die uns spiegeln, halten, zugleich Raum für Autonomie und ein konstruktives therapeutisches Milieu. Wie schaffen wir eine Beziehungs- und Behandlungskultur, die weniger Angst macht, weniger Stigma fördert, Eigen-sein sichert, ohne Schutz zu vernachlässigen? Egal in welchem Setting – ambulant, stationär und aufsuchend zuhause? Welchen besonderen Stellenwert haben Psychotherapie und Genesungsbegleitung?

Mehrwert doppelter Erfahrung – trialogischer Rückblick

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Gwen Schulz, Dr. Sabine Schütze & Marion Ryan

Mit diesem trialogischen Rückblick endet die Vorlesungsreihe zum Thema „Mensch-Sein“. Gemeinsam schauen wir auf allen Themen, ergänzen z.B. die Angehörigenperspektive, suchen nach Gemeinsamkeiten, z.B. den großen Gewinn, den Menschen mit Doppelerfahrung in den Diskurs und in die Versorgung einbringen. Wir plädieren gemeinsam dafür, dass überall in der Psychiatrie psychosozialen Versorgung GenesunsbegleiterInnen und Angehörigen-BeraterInnen beschäftigt werden. Unsere abschließende Reflexion erinnert auch daran, dass diese Vorlesungsreihe insgesamt lange im größten Hörsaal der Uni Hamburg stattfand und viele Menschen auch wegen der spannenden trialogischen Diskussion kamen.

Fachtagung “Zwischenmenschliche Beziehungen und Gesundheit” am 15. und 16. Juni 2023 in Coburg

Menschsein heißt mit anderen verbunden und auf andere angewiesen zu sein. Wir sind immer in Beziehung – in unseren Gedanken, mit unseren Wünschen, Hoffnungen und Gefühlen – selbst, wenn gerade niemand anwesend ist. Daher sind zwischenmenschliche Beziehungen in jedem Lebensalter und jeder Entwicklungsstufe von hoher Bedeutung für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die soziale Teilhabe von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und hochbetagten Menschen.

Klinische Sozialarbeit zielt als gesundheitsbezogene Fachsozialarbeit wesentlich darauf ab, das soziale Eingebundensein von Menschen zu fördern und zu stärken. Gleichzeitig begegnen Fachkräfte dabei besonderen Herausforderungen, denn es geht um isolierte und marginalisierte Menschen mit tiefen Beziehungserschütterungen und -traumatisierungen, die wiederholt Stigmatisierungs- und Ausgrenzungserfahrungen machen mussten.

Unter dem Motto „Zwischenmenschliche Beziehungen und Gesundheit – Sozialtherapeutische Beziehungen und Gesundheit“ findet am 15. und 16. Juni an der Hochschule Coburg die 12. Fachtagung Klinische Sozialarbeit statt. Mit der Tagung feiert die Hochschule Coburg den 20. Geburtstag der Kooperation mit der Alice Salomon Hochschule zum gemeinsamen berufsbegleitenden Masterstudiengang Soziale Arbeit: Klinische Sozialarbeit. Die Fachtagung möchte zur Diskussion und Vernetzung einladen und einen lebendigen Diskurs rund um die Bedeutung naher, zwischenmenschlicher Beziehungen für die Gesundheit anregen. Gleichzeitig werden sozialtherapeutische Konzepte und Ansätze vorgestellt und kritisch beleuchtet. Dabei sollen auch hochaktuelle gesamtgesellschaftliche Entwicklungen (wie z. B. der pandemiebedingte Digitalisierungsschub) aufgegriffen werden.

Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

S3-Leitlinie Borderline-Persönlichkeitsstörung

Jährlich erkranken 1 bis 2 % der Menschen in Deutschland zwischen dem 18. und 60. Lebensjahr an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Dies umfasst rund 1 Million Menschen in Deutschland. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist im Wesentlichen gekennzeichnet durch eine schwere Störung der Emotionsregulation, schwere impulsive Verhaltensweisen und instabile Beziehungsmuster.

In der psychosozialen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung zählen Betroffene mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zu einer häufig anzutreffenden Gruppe von Klient*innen und Patient*innen. Obwohl mehrere Langzeitstudien hohe Remissionsraten bei den störungsspezifischen Symptomen nahe legen, weisen viele der Betroffenen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zahlreiche Beeinträchtigungen in den Bereichen psychosoziales Funktionsniveau, somatische Gesundheit, berufliche und soziale Integration auf, welche sich zumeist als sekundäre Erkrankungsfolgen darstellen und negativ auf die Lebenszufriedenheit und gesellschaftliche Teilhabe auswirken. Ein wesentlicher Faktor bei dieser Entwicklung ist die prekäre Versorgungssituation der Betroffenen im ambulanten und komplementären Bereich. Der Großteil der Behandlung findet im Rahmen von kurzfristigen stationären Kriseninterventionen statt. Dies macht deutlich, dass es bisher nur unzureichend gelungen ist, diese Gruppe angemessen in den außerklinischen Bereichen zu versorgen.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) veröffentlichte im November 2022 erstmals eine S3-Leitlinie zur Borderline-Persönlichkeitsstörung, die zahlreiche wissenschaftlich evaluierte Behandlungsempfehlungen beinhaltet, welche von 23 Fachgesellschaften empfohlen und zusammengetragen wurden. Neben Empfehlungen zur Früherkennung der Borderline-Persönlichkeitsstörung, welche sich meist im frühen Jugendalter herausbildet, empfiehlt die Leitlinie psychotherapeutische Behandlungsformen, die an die Besonderheiten der Borderline-Persönlichkeitsstörung angepasst sind und das soziale Umfeld mit einbeziehen.

Die Leitlinie kann hier auf der Internetseite der DGPPN heruntergeladen werden.

Beitrag zur Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Zeitschrift Sozialmagazin

Menschen, die über keinen eigenen Wohnraum verfügen oder in unverhältnismäßigen Wohnsituationen leben, sind eine der extremsten Formen von sozialer Exklusion ausgesetzt. In den letzten Jahren hat das Phänomen Wohnungslosigkeit aufgrund von gesellschaftlichen Entwicklungen und Ereignissen wie zum Beispiel fehlender bezahlbarer Wohnraum, soziökonomische Segregation, Flüchtlingsbewegungen oder Klimakatastrophen in Deutschland an Bedeutung gewonnen. So berichten die aktuellen Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. über eine deutliche Zunahmen von Menschen, welche Unterstützungsangebote der Wohnungslosenhilfe beanspruchen.

Vor allem wohnungslose Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen gehören dabei zu einer Zielgruppe, die oftmals nicht von den bestehenden Beratungs-, Behandlungs- und Unterstützungsangeboten profitiert. Im Gegensatz zu anderen angloamerikanischen Ländern wurde hierzulande die psychische Gesundheits- und Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen lange Zeit marginalisiert und in den Diskursen der Wohnungslosenhilfe sowie psychiatrischen und psychosozialen Versorgung nur selten thematisiert.

Im Rahmen eines Beitrages für die Zeitschrift Sozialmagazin beschäftigte sich Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) mit der aktuellen Lebens-, Gesundheits- und Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen. Ausgehend von den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Deutschland diskutiert der Autor spezifische Herausforderungen in der sozialarbeiterischen Unterstützung und macht auf die Bedeutung von Beziehungs- und Netzwerkarbeit in der Integration von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen aufmerksam.

Der Beitrag kann hier neben weiteren interessanten und lesenswerten Artikeln zum Thema Beziehung in der Sozialen Arbeit auf der Seite der aktuellen Ausgabe des Sozialmagazins erworben werden.

Kostenloses Fortbildungsangebot “Stärkenorientierte Fallberatung in der sozialpsychiatrischen Praxis”

Kostenloses Fortbildungsangebot “Stärkenorientierte Fallberatung in der sozialpsychiatrischen Praxis”

In den letzten Jahren wurde im Zusammenhang mit zahlreichen gesetzlichen Reformen, Leitlinien und Empfehlungen eine recovery-, ressourcen- und stärkenorientierte Perspektive in der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung verankert. In der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung ist jedoch oftmals noch unklar, wie die individuellen Stärken und Ressourcen von Klient*innen für den Behandlungs- und Unterstützungsprozess konkret nutzbar gemacht werden können.

Zur Unterstützung der Mitarbeitenden in der Praxis bietet auch in diesem Jahr der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. gemeinsam mit Prof. Dr. Corinna Ehlers das kostenlose Online-Fortbildungsangebot der stärkenorientierten Fallberatung an drei Terminen an. Die Fallberatung ist ein Unterstützungsangebot für Mitarbeitende in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung. Im kollegialen Austausch können Haltungen reflektiert, (komplexe) Fallsituationen analysiert und die Anwendung von Methoden und Instrumenten erprobt werden. Zu Beginn jeder Sitzung erfolgt eine kurze inhaltliche Einführung und im Anschluss werden ausgewählte Instrumente anhand von Fallbeispielen – die die Teilnehmer*innen einbringen – angewendet und besprochen.  Die Teilnehmer*innen können vor allem die Treffen nutzen, um sich praxisnah auszutauschen, voneinander zu lernen und so ihre Professionalität zu stärken.  

Die kostenlose Fallberatung richtet sich an Mitarbeitende aus den Mitgliedseinrichtungen des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. Die Termine und weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier im Flyer:

Eine kurze allgemeine Einführung in die Theorien und Methoden der stärkenorientierten Praxis im Kontext der qualifizierten Assistenz finden Sie hier in einem Buchbeitrag von Corinna Ehlers und Karsten Giertz. 

Beitrag “Der Preis der Psychotherapie – Argumente für eine Wiederbelebung der sozialen Perspektive im psychotherapeutischen Denken und handeln” im Psychotherapie Forum

Psychotherapie findet nicht in einem neutralen, werte- und herrschaftsfreien Raum statt, sondern bildet gesellschaftliche Strukturen und Prozesse ab. Sie ist Teil gesellschaftlichen Handelns. Die Flucht- und Migrationsbewegungen als auch die Corona-Pandemie – sowie die Politiken im Umgang mit diesen Phänomenen – verstärkten in den letzten Jahren das Auseinanderdriften von gesellschaftlichen Bewegungen bzw. die Polarisierung und Radikalisierung von Gesellschaften. Die Fachzeitschrift Psychotherapie Forum beschäftigt sich daher in der Dezember-Ausgabe mit den Fragestellungen: (Wie) Beeinflussen Gesellschaften die Psychotherapie, die Rollen der Psychotherapeut*innen sowie die psychotherapeutische Praxis? (Wie) Beeinflusst Psychotherapie die Gesellschaft/en? 

Hierzu setzte sich unter anderem die Autor*innengruppe um Silke Brigitta Gahleitner (Alice Salomon Hochschule), Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), Cornelia Caspari (Kreisklinik Ebersberg), Peter Caspari (IPP München) und Heiner Keupp (IPP München) in ihrem Beitrag Der Preis der Psychotherapie – Argumente für eine Wiederbelebung der sozialen Perspektive im psychotherapeutischen Denken und Handeln mit der Verdrängung der gesellschaftlichen und psychosozialen Perspektive in der psychotherapeutischen Versorgung durch die Einführung der Richtlinienpsychotherapie in Deutschland, der eindimensionalen Diagnostik durch die ICD ohne Einbeziehung von wichtigen Konzepten wie Lebenswelt, Sozialraum und Ressourcenorientierung sowie der starren Fixierung auf Effektivitätsnachweisen nach RCT-Modellen kritisch auseinander. Gerade Patient*innen mit komplexen psychischen Problemlagen werden durch diese Entwicklungen von der psychotherapeutischen Versorgung nur marginal erfasst. Im Anschluss diskutieren sie notwendige Veränderungen innerhalb der Praxis und Profession der Psychotherapie.

Darüber hinaus enthält die Ausgabe weitere lesenswerte Beiträge, die sich mit dem Einfluss von gesellschaftlichen Entwicklungen auf die Psychotherapie aber auch mit der gesellschaftlichen Rolle von Psychotherapie kritisch auseinandersetzen. Alle Artikel können als PDF hier frei eingesehen werden.