Rückblick 27. Mitgliederversammlung und Fachtagung “Sozialpsychiatrie heute – keine Zukunft ohne Partizipation!?”

Rückblick 27. Mitgliederversammlung und Fachtagung “Sozialpsychiatrie heute – keine Zukunft ohne Partizipation!?”

27. Mitgliederversammlung des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Die 27. Mitgliederversammlung des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. fand am 17. Mai 2022 statt. Aufgrund der im Vorfeld bestehenden Unsicherheiten und Schutzmaßnahmen durch die COVID-19-Pandemie fand die Mitgliederversammlung wie im vergangenen Jahr als hybride Veranstaltung in der Geschäftsstelle des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. statt. Neben der Abstimmung und Diskussion des Jahresberichtes 2021, des Jahresabschlussberichtes 2021 und des Haushaltsplanes für 2022 wurden die geplanten Aktivitäten und Projekte für das Jahr 2022 des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. vorgestellt.

Ohne das Engagement seiner Mitglieder wären die Aktivitäten, Initiativen und Projekte des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. nicht möglich. Besonders die Arbeit der ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder Sandra Rieck (Hauptamtlicher Vorstand von Das Boot Wismar e.V.), Andreas Zobel (Bereichsleiter der Diakonie Güstrow e.V.), Hans Christian Offermann (Geschäftsführer der HESTIA Pflege- und Heimeinrichtung GmbH), Heike Nitzke (Geschäftsführerin der Volkssolidarität Uecker Randow e.V.), Olaf Waehnke (Geschäftsführer der Uhlenhaus Group), Stefan Paulaeck (Bereichsleiter der GGP mbH) und den Mitgliedern der Rechnungsprüfungskommission Stepahnie Mahnke (Das Boot Wismar e.V.) und Sven Melchert (Diakoniewerk Westmecklenburg-Schwerin) wurden während der Mitgliederversammlung gewürdigt.

Würdigung der anwesenden Vorstandsmitglieder: Andreas Zobel, Heike Nitzke, Stefan Paulaeck & Karsten Giertz (von links nach rechts)

Ein besonderer Dank galt auf der Mitgliederversammlung auch den Sprecher*innen der Landesarbeitsgruppen des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., die im Rahmen ihres Engagements den fachlichen Austausch und die interne Verbandsarbeit maßgeblich prägen und bereichern. Zu den Landesarbeitsgruppensprecher*innen gehören Jenny Loose-Baumeister (AWO Sozialdienst Rostock gGmbH), Yvonne Radtke (Volkssolidarität Uecker Randow e.V.), Lutz Hoffmann (Diakoniewerk Kloster Dobbertin gGmbH), Heike Nitzke (Volkssolidarität Uecker Randow e.V.), Kerstin Lenz (GBS Behindertenhilfe Gützkow), Katrin Tampke (GGP mbH), Sandra Rieck (Das Boot Wismar e.V.), Karin Niebergall-Sippel (Diakoniewerk Westmecklenburg-Schwerin), Marcus Keidel (HELIOS Hanseklinikum Stralsund) und Franziska Berthold (GGP mbH).

Würdigung der anwesenden Landesarbeitsgruppensprecher*innen: Heike Nitzke, Karin Niebergall-Sippel, Kerstin Lenz & Karsten Giertz (von links nach rechts)

Wir aus der Geschäftsstelle des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. bedanken uns herzlich bei allen genannten Mitgliedern für das besondere Engagement und die Unterstützung. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.

Fachtagung “Sozialpsychiatrie heute – keine Zukunft ohne Partizipation!?”

Im Anschluss der Mitgliederversammlung fand die Fachtagung “Sozialpsychiatrie heute – keine Zukunft ohne Partizipation!?” statt. Die Fachtagung wurde gemeinsam mit dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. organisiert.

Den fachlichen Hintergrund der Tagung bildeten die verschiedenen Formen der aktiven Einbeziehung von Menschen mit psychischen Erkrankungen bei der Entwicklung, Planung, Umsetzung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten, welche in den letzten Jahren durch Selbsthilfeinitiativen und -bewegungen, durch zunehmende Forschungsaktivitäten, durch Peer Support sowie durch gesetzliche Reformprozesse wie die UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundesteilhabegesetz an Bedeutung gewonnen haben.

Gerade durch das Bundesteilhabegesetz wurde die gesetzlich verpflichtende Grundlage für Leistungsträger und Leistungserbringer geschaffen, Menschen mit psychischen Erkrankungen oder mit anderen Behinderungen aktiv und auf gleicher Augenhöhe in die Planung, Durchführung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Unterstützungsangeboten einzubeziehen. Zudem ist die partizipative Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen eng mit den Konzepten von Empowerment und Recovery verbunden.

Andreas Zobel (links) & Alexander Weiß (rechts)

Andreas Zobel (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) und Alexander Weiß (EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V.) eröffneten die Veranstaltung und begrüßten alle Teilnehmenden. Prof. Dr. Michael Wright (ehemals Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin, Mitglied im Netzwerk für Partizipative Gesundheitsforschung – PartNet) ging in seinem Grußwort auf die Bedeutung von Partizipation im Gesundheitswesen und in der Forschung ein. Anschließend gab Jörg Utschakowski (Referatsleiter Psychiatrie und Sucht des Senats für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz der freien Hansestadt Bremen) in seinem Vortrag einen Einblick in die Hintergründe, Voraussetzungen und verschiedenen Formen der Zusammenarbeit von Expert*innen durch Erfahrung und Expert*innen durch Ausbildung ein. Dabei beschrieb er, welche Chancen und Nutzen sich aus dieser Zusammenarbeit für die Entwicklung einer personenzentrierten und menschenrechtsorientierten Sozialpsychiatrie ergeben. Hermann Stemmler (Vorstand Aktion Psychisch kranke e.V., Vorstand NetzG, Bundesnetzwerk Selbsthilfe Seelische Gesundheit) widmete sich ebenfalls der Bedeutung von Peer Counseling und Peer Support. Neben den notwendigen Voraussetzungen für eine partizipativ-orientierte psychiatrische Versorgung ging er auf die Effekte ein, welche sich durch Peer- Support und Peer Counseling für Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie für die psychiatrische Versorgungslandschaft ergeben.

Übertragung des Grußwortes von Prof. Dr. Michael Wright

Zum Abschluss der Tagung stellten Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) und Nicole Heyden (EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V.) die Initiative der Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern vor, die derzeit gemeinsam durch den Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. und durch den Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. in Mecklenburg-Vorpommern organisiert und entwickelt wird. In der anschließenden Diskussion tauschten sich die Tagungsteilnehmer*innen und Referent*innen über wichtige Rahmenbedingungen für die Umsetzung einer Landesarbeitsgruppe Partizipation in der psychiatrischen Versorgung von Mecklenburg-Vorpommern aus.

Im Namen der Veranstalter*innen bedanken wir uns bei allen Referent*innen und Teilnehmer*innen für die Unterstützung der Tagung und die anregende Diskussion.

Die Tagungsdokumentation mit den Vorträgen können Sie hier einsehen:

Fachtagung der BAG GPV “Unterbringung in besonderen Wohnformen (nach § 1906 BGB) – Perspektive oder Sackgasse?” am 27. und 28. Juni 2022

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde (BAG GPV) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Vermeidung von Zwang und Gewalt im psychiatrischen Hilfesystem“.

Von 2016 bis 2019 hat die Bundesarbeitsgemeinschaft hierzu gemeinsam mit der Aktion Psychisch Kranke (APK) ein vom Bundesgesundheitsministerium gefördertes Projekt durchgeführt.

Ein wesentliches Ziel dieses Projektes bestand darin, zu prüfen, wie es gelingen kann, durch die Arbeit im GPV Zwang und Gewalt zu verringern und trotzdem die regionale Versorgungsverpflichtung umzusetzen. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen, welche praktischen, rechtlichen, strukturellen, methodischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen und vor allem welche Haltungen benötigt werden, um so wenig Gewalt und Zwang wie möglich anzuwenden, die Zahl der geschlossenen Wohnheimplätze so gering wie möglich zu halten und diese in den GPV zu integrieren.

Mit der Tagung will die BAG GPV unter anderem den Fragen nachgehen, inwieweit geschlossene Wohnformen in der Eingliederungshilfe notwendig sind und welche Aufgaben und Funktionen sie erfüllen.

Wie sollten diese Bausteine gestaltet sein, um so wenig wie möglich die Rechte auf Selbstbestimmung der Betroffenen einzuschränken und so weitgehend wie möglich die Orientierung am Individuum (Personenorientierung) umzusetzen.

Kann Soziale Teilhabe im Freiheitsentzug gefördert werden? Damit verbindet sich unweigerlich die Frage, wie Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1906 BGB aussehen können und wie diese im regionalen Verbund umgesetzt werden können.

Weitere Informationen zur Anmeldung sowie das detaillierte Programm zur Tagung finden Sie hier.

Stellungnahme anlässlich des Europäischen Protesttages für Menschen mit Behinderung am 05. Mai 2022

Stellungnahme anlässlich des Europäischen Protesttages für Menschen mit Behinderung am 05. Mai 2022

Jedes Jahr weisen ca. 28 % der Menschen aus der Allgemeinbevölkerung Merkmale von mindestens einer psychischen Erkrankung auf. Damit treten psychische Störungen genauso häufig auf wie zum Beispiel andere Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes. Etwa 1 bis 2 % der Menschen sind durch die schweren und langanhaltenden Auswirkungen ihrer psychischen Erkrankungen in verschiedenen Funktions- und Lebensbereichen beeinträchtigt. Zudem müssen sie aufgrund von komplexen Behandlungsbedarfen langwierig medizinische und psychosoziale Hilfen in Anspruch nehmen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung von Deutschland umfasst dieser Anteil ca. 680 Tausend bis 1 Million Menschen in einem Alter von 18 bis 60 Lebensjahren.

Obwohl es sich bei Menschen mit psychischen Erkrankungen, um einen weitverbreiteten Personenkreis handelt, gehören sie immer noch zu einer Bevölkerungsgruppe, welche in hohem Maße gesellschaftlichen Stigmatisierungsprozessen und Teilhabebarrieren ausgesetzt ist. Anlässlich des Europäischen Protesttages für Menschen mit Behinderung am 05. Mai 2022 möchten wir vom Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. auf die aktuelle Situation und auf die bestehenden gesellschaftlichen Teilhabebarrieren von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und Behinderungen sowie auf notwendige Handlungsmaßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und des Bundesteilhabegesetzes in Mecklenburg-Vorpommern aufmerksam machen.

Die Stellungnahme kann hier eingesehen werden.

Fachtagung “Sozialpsychiatrie heute – keine Zukunft ohne Partizipation!?” online am 17. Mai 2022

Bei der Entwicklung, Planung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten hat in den letzten Jahren die partizipative Einbeziehung von Menschen mit psychischen Erkrankungen durch Selbsthilfeinitiativen und -bewegungen, durch zunehmende Forschungsaktivitäten sowie durch gesetzliche Reformprozesse wie die UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundesteilhabegesetz an Bedeutung gewonnen.

Gerade durch das Bundesteilhabegesetz wurde die gesetzlich verpflichtende Grundlage für Leistungsträger und Leistungserbringer geschaffen, Menschen mit psychischen Erkrankungen oder mit anderen Behinderungen aktiv und auf gleicher Augenhöhe in die Planung, Durchführung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Unterstützungsangeboten einzubeziehen. Zudem ist die partizipative Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen eng mit den Konzepten von Empowerment und Recovery verbunden.

Um die Entwicklung der verschiedenen Formen von Peer Support und Peer Involvement in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern und die Mitarbeitenden der psychiatrischen Versorgung angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Umsetzung von Partizipation, Teilhabe und Personenzentrierung in der Praxis durch gesetzliche Reformprozesse methodisch und fachlich zu unterstützen, findet am 17. Mai 2022 die gemeinsame Fachtagung des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. zwischen 12:30 bis 15:30 Uhr statt.

Darüber hinaus wird das Konzept und das Vorhaben der Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Hierbei handelt es sich um eine gemeinsame Initiative des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V., welche sich an alle interessierten Verbände, Organisationen und Personen aus Mecklenburg-Vorpommern richtet. 

An der Fachtagung am Nachmittag ab 12:30 Uhr können alle interessierten Personen kostenfrei teilnehmen. Im Vorfeld der Fachtagung führt der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. ab 09:30 Uhr seine 27. Mitgliederversammlung durch, die sich an die Mitglieder des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und eingeladene Gäste richtet.

Weitere Informationen zur Anmeldung und zum Programm finden Sie hier im Tagungsflyer.

Handlungsempfehlungen Gleichberechtigte Partizipation

Die partizipative Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen gehört mit zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine menschenrechtsorientierte und personenzentrierte gemeindepsychiatrische Versorgung und psychosoziale Praxis. Vor allem durch die UN-Behindertenrechtskonvention und durch das Bundesteilhabegesetz hat sich die Bedeutung von Partizipation in den verschiedenen psychiatrischen und psychosozialen Arbeitsfeldern erhöht.

Der betroffeneninitiierte und durch das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geförderte “Partizipative Landschaftstrialog Psychiatrie und psychosoziale Versorgung” hat in einem Zeitraum von zwei Jahren und mit einer Beteiligung von circa 60 Mitstreiter*innen Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der Menschenrechte und Partizipation in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung entwickelt. Diese richten sich an alle Beteiligten im psychosozialen Unterstützungssystem einschließlich politischer Entscheidungsträger* innen. Zu den Themenschwerpunkten der Handlungsempfehlungen gehören unter anderem:

  • “die Förderung der Selbstbestimmung statt ersetzter Entscheidungsfindung/ Fremdbestimmung,
  • Partizipation statt Fürsprache,
  • Menschenrechtsorientierung statt Krankheitsversorgung,
  • Vielfalt statt “Fertigtüten-Suppen-Angebote”,
  • Peer-Kolleg*innen statt Teams ohne Erfahrungsexpertise,
  • Alltagsnahe Unterstützungslandschaft statt Versorgungsinseln in Sonderwelten,
  • zugängliche Antragsverfahren und transparente Zuständigkeiten statt Aktenberge im Behördendschungel,
  • Übergänge statt Schnittstellen,
  • Langfristige Förderung der Selbsthilfe und -vertretung statt Projektitis,
  • Peerbeteiligung in der Lehre statt Exklusion von Erfahrungsexpertise”

Die vollständigen Handlungsempfehlungen können als freie PDF auf der Internetseite des Partizipativen Landschaftstrialogs abgerufen werden.

Stärkenorientierte Fallarbeit in der sozialpsychiatrischen Praxis: Kostenloses Fortbildungsangebot für Mitglieder des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Stärkenorientierte Fallarbeit in der sozialpsychiatrischen Praxis: Ein kostenloses Fortbildungsangebot für Mitglieder des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

In den letzten Jahren wurde im Zusammenhang mit zahlreichen gesetzlichen Reformen, Leitlinien und Empfehlungen eine recovery-, ressourcen- und stärkenorientierte Perspektive in der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung verankert. Vor allem das Bundesteilhabegesetz hat dazu beigetragen, dass “die verfügbaren und aktivierbaren Selbsthilferessourcen des Leistungsberechtigten” sowohl im Gesamtplanverfahren bei der Ermittlung des individuellen Unterstützungsbedarfes als auch in der direkten Umsetzung von Unterstützungsleistungen zur sozialen Teilhabe zu beachten und zu dokumentieren sind. In der psychosozialen und psychiatrischen Praxis ist jedoch oftmals noch unklar, wie die individuellen Stärken und Ressourcen von Klient*innen für den Unterstützungsprozess systematisch ermittelt und zur Förderung der sozialen Teilhabe konkret nutzbar gemacht werden können.

Die stärkenorientierte Fallberatung ist ein neues Fortbildungsangebot für Mitarbeitende der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. zur Umsetzung von Instrumenten und Methoden der stärken- und ressourcenorientierten Arbeit. Begleitet und moderiert wird die stärkenorientierte Fallberatung von der Expertin Prof. Dr. Corinna Ehlers.

Im kollegialen Austausch können die Teilnehmer*innen Haltungen reflektieren, (komplexe) Fallsituationen analysieren und die Anwendung von Methoden der ressourcen- und stärkenorientierten Arbeit diskutieren. Zu Beginn jeder Sitzung erfolgt eine kurze inhaltliche und methodische Einführung zur stärkenorientierten Arbeit. Im Anschluss werden anonymisierte Fallbeispiele, die die Teilnehmer*innen selbst einbringen, strukturiert besprochen. Bei der Fallarbeit setzen die Teilnehmer*innen verschiedene Instrumente – wie die Stärkenkarte – ein und entwickeln Lösungsideen für ihre Praxis. Die Teilnehmer*innen können die Treffen nutzen, um sich praxisnah auszutauschen, voneinander zu lernen und so ihre Professionalität zu stärken.

Die stärkenorientierte Fallberatung ist ein kostenloses Angebot des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. ausschließlich für seine Mitglieder. Informationen zu den Terminen und Anmeldemodalitäten finden Sie hier oder im dazugehörigen Flyer der Veranstaltung.

Eine kurze allgemeine Einführung in die Theorien und Methoden der stärkenorientierten Praxis im Kontext der qualifizierten Assistenz finden Sie hier in einem Buchbeitrag von Corinna Ehlers und Karsten Giertz. 

Ankündigung Themenheft zur Wirksamkeit in der Eingliederungshilfe

Ankündigung Themenheft zur Wirksamkeit in der Eingliederungshilfe

Mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes verpflichten sich die Leistungserbringer mit § 131 SGB IX im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur sozialen Teilhabe einheitliche Rahmenverträge abzuschließen, welche neben den Vergütungspauschalen, den Vergütungsbeiträgen, den Kostenarten, den Kostenbestandteilen und den Personalrichtwerten auch Grundsätze der Qualitätssicherung und der Wirksamkeitsdokumentation von Leistungen zur sozialen Teilhabe beinhalten.

Mit diesem Vorgehen wurden die Prüfrechte der Leistungsträger gesetzlich gestärkt. Das Bundesteilhabegesetz zielt mit § 131 SGB IX einerseits darauf ab eine einheitliche Dokumentation der Wirksamkeit von Leistungen zur sozialen Teilhabe in der Praxis zu etablieren und anderseits eine effiziente Steuerung und Korrektur von Leistungen zur sozialen Teilhabe im Sinne der leistungsberechtigten Person zu ermöglichen. In vielen Bundesländern ist jedoch unklar, welche Verfahren zur Wirksamkeitsmessung geeignet sind. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde in der Anlage 7 im Landesrahmenvertrag ein angebotsbezogenes Vorgehen zur Wirksamkeitsmessung skizziert. Darüber hinaus kritisieren Expert*innen, dass mit der gesetzlich etablierten Wirksamkeitsmessung die Ökonomisierungstendenzen in der psychosozialen Praxis verschärft werden.

Im Rahmen eines Themenheftes nährt sich der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. dem Thema der Wirksamkeit und Wirksamkeitsmessung von Leistungen zur sozialen Teilhabe bei Menschen mit psychischen Erkrankungen an. Mehrere Autor*innen aus der Praxis, Selbsthilfe und Wissenschaft geben in ihren Beiträgen einen Einblick in die Herausforderungen sowie in die allgemeinen Grundlagen der Wirksamkeitsevaluation und diskutieren verschiedene Methoden der Wirksamkeitsmessung. Dabei werden vor allem die besonderen Belange von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie die Versorgungsbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern berücksichtigt.

Das Themenheft erscheint voraussichtlich am 28. April 2022 und kann hier auf der Internetseite als PDF frei heruntergeladen werden.

Planungshilfe für deeskalierende psychiatrische Akutstationen

Der Einsatz von Zwangsmaßnahmen und -behandlungen in der Psychiatrie wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Anlass bilden unter anderem die UN-Behindertenkonvention sowie mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes, welche jegliche Formen von Zwangsmaßnahmen und -behandlungen aufgrund einer psychischen Erkrankung als verfassungswidrig beurteilen. Im Zuge dieser politischen und fachlichen Diskussion kam es zu einer Anpassung der rechtlichen Grundlagen. Darüber hinaus entstanden mehrere Initiativen von Forschungseinrichtungen und Fachgesellschaften hinsichtlich der Prävention und Vermeidung von Zwangsmaßnahmen sowie der Entwicklung von Alternativen.

Zahlreiche Forschungsaktivitäten berichten, dass auch die architektonische und bauliche Gestaltung von psychiatrischen Stationen einen maßgeblichen Einfluss auf das therapeutische Milieu sowie auf die Häufigkeit von aggressiven Zwischenfällen, Fixierungen und Isolierungen haben kann. So können zum Beispiel eine größere Raumaufteilung mit Rückzugsräumen, mehr Tageslicht auf den Stationen, eine größere Übersicht, werthaltige Möbel oder auch eine wohnlichere Ausstattung dazu beitragen, aggressive Vorfälle zu verringern und die Sicherheit für Patient*innen und Mitarbeiter*innen zu verbessern.

Ausgehend von wissenschaftlichen Studien, Best-Practice-Beispielen und den Erfahrungen von Expert*innen des Landesfachbereites Psychiatrie von Niedersachsen veröffentlichte das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung die Planungshilfe deeskalierende psychiatrische Akutstationen, die bei der Gestaltung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von psychiatrischen Stationen eine Orientierung für deeskalierende architektonisch-bauliche Veränderungen ermöglicht. Die Planungshilfe mit der dazugehörigen Checkliste kann hier auf der Internetseite des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung frei heruntergeladen werden.

Vorankündigung Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

Vorankündigung Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

In Deutschland weisen jedes Jahr etwa 28 % der Bürger*innen Merkmale von mindestens einer psychischen Erkrankung auf. Davon leiden 1 bis 2 % an den langanhaltenden und schweren Auswirkungen ihrer Erkrankung, wodurch sie deutliche Einschränkungen in den verschiedenen Funktions- und Lebensbereichen (z. B. Ausbildung, Beruf, Wohnen oder Kommunikation) und komplexe Behandlungsbedarfe aufweisen sowie medizinische
Behandlungen oder psychosoziale Unterstützungsleistungen beanspruchen.

In der Eingliederungshilfe nach §§ 90 ff. SGB IX beträgt der Anteil von Menschen mit psychischen Erkrankungen rund 51 %. Davon erhalten 71 % Unterstützung in der eigenen Wohnung und 29 % in besonderen Wohnformen. Etwa 20 % nehmen Leistungsangebote in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch. Diese Angaben machen deutlich, dass es sich bei der Gruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen im Bereich der Eingliederungshilfe, um eine bedeutende Gruppe von Nutzer*innen handelt.

Um eine personenzentrierte und am individuellen Bedarf ausgerichtete Teilhabeplanung im Bereich der Eingliederungshilfe zu ermöglichen, wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz) das Gesamtplanverfahren (§ 117 SGB IX) als ein Verfahren zur Ermittlung des Unterstützungsbedarfes nach der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) verankert.

Psychisch erkrankte Menschen weisen in der Kommunikation, in der Wahrnehmung aber auch in der Ausprägung ihrer Beeinträchtigungen besondere Bedarfe auf, wodurch Barrieren und Besonderheiten in der Umsetzung des Gesamtplanverfahrens entstehen, die eine aktive Einbeziehung der Menschen in die einzelnen Schritte des Gesamtplanverfahrens und die Koordination von Leistungen der Eingliederungshilfe erschweren können.

Im Rahmen der Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen möchte die Landesarbeitsgruppe Gesamtplan-/ Teilhabeplanverfahren, welche sich aus Akteur*innen der Leistungsträger, Leistungserbringer und der Selbsthilfe des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern zusammensetzt, auf die besonderen Belange in der Umsetzung und Durchführung des Gesamtplanverfahrens bei psychisch erkrankten Menschen eingehen. Die Qualitätsstandards richten sich an alle Akteur*innen, die im Antragsverfahren, in der Umsetzung des Gesamtplanverfahrens und in der Koordination von Leistungen der Eingliederungshilfe beteiligt sind.

Die Qualitätsstandards wurden in einer gestalteten Broschüre zusammengefasst. Die Broschüre wird demnächst über den Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. veröffentlicht.

Neue WHO-Leitlinien für gemeindenahe psychosoziale Dienste

Seit Jahren wird eine stärkere menschenrechtsorientierte und personenzentrierte Ausrichtung der psychiatrischen Versorgung und Behandlung in Deutschland diskutiert. Vor allem im Zusammenhang mit der immer noch weit verbreiteten Praxis von Zwangsmaßnahmen und -behandlungen im Kontext der psychiatrischen Versorgung wird hierzulande der Handlungsbedarf deutlich.

Um die Akteur*innen der psychiatrischen Gesundheitsversorgung besser mit Informationen und Best-Practice-Beispielen dabei zu unterstützen, ihre psychiatrischen und psychosozialen Angebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen an den internationalen Menschenrechtsstandards und den Prinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention weiterzuentwickeln, veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Mai 2021 im Rahmen ihrer QualityRights-Initiative eine Reihe von Leitlinien und Trainingsmanualen zur Förderung von personenzentrierten und menschenrechtsbasierten Ansätzen im Bereich der psychiatrischen Versorgung. Die Leitlinien, Materialien und Empfehlungen richten sich an alle Akteur*innen der psychiatrischen und psychosozialen Gesundheitsversorgung. Dazu gehören Regierungen, politische Entscheidungsträger*innen, Anbieter*innen von Behandlungs- und Unterstützungsleistungen, Fachkräfte der Gesundheits- und Sozialfürsorge oder Verbände.

Dabei bildet der Leitfaden für gemeindenahe psychosoziale DiensteGuidance on community mental health services” die wichtigste Referenzquelle. In diesem Dokument werden verschiedene personenzentrierte und menschenrechtsbasierte Ansätze, Modellprojekte und bewährte Dienste auf der ganzen Welt im Bereich der psychischen Gesundheit vorgestellt und detailliert beschrieben sowie Empfehlungen für deren Implementierung in den nationalen Gesundheits- und Sozialsystemen gegeben.

Gefolgt wird das Dokument von sieben technischen Paketen, welche Qualitätsstandards und Trainingsmaterialien für zentrale Bereiche der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung umfassen. Hierzu zählen das technische Paket für psychosoziale Krisenangebote, das technische Paket für stationäre psychiatrische Behandlungsangebote, das technische Pakete für gemeindeorientierte psychiatrische Angebote, das technische Pakete für Angebote des Peersupportes, das technische Paket für aufsuchende psychiatrische Behandlungsangebote, das technische Paket für unterstützende Wohnformen und das technisch Paket für psychiatrische Versorgungsnetzwerke.

Darüber hinaus entwickelte die WHO eine Reihe von Schulungs- und Trainingsmaterialien zur Unterstützung der Akteur*innen, um die Qualitätsstandards in der Praxis zu etablieren, ursprüngliche Denkweisen und Handlungsweisen zu verändern sowie um die Rechte und Recovery von Menschen mit psychischen Erkrankungen und anderen Behinderungen zu verbessern. Die Materialien können hier frei abgerufen werden.

Neben diesen Leitlinien und Materialien entwickelt die WHO im Rahmen der QualityRights-Initiative aktuell auch Empfehlungen zur Überarbeitung von nationalen Gesetzen, um diese mit internationalen Menschenrechtsstandards in Einklang zu bringen. Darüber hinaus wurde die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) beauftragt die QualityRights-Leitlinien ins Deutsche zu übersetzen.