Transforming mental health for all: Der World Mental Health Report der WHO

Psychische Gesundheit ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Allgemeinwohls und Wohlbefindens sowie ein grundlegendes Menschenrecht. Etwa 13 % der Menschen in der Weltbevölkerung leiden unter einer psychischen Erkrankung. In Europa beträgt der Anteil ca. 14,2 %. Aufgrund der direkten und indirekten psychischen Erkrankungsfolgen wie häufige Inanspruchnahme von psychiatrischen Behandlungen oder Einschränkungen in der Arbeitsfähigkeit schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass die jährlich verursachten weltwirtschaftlichen Kosten durch psychische Erkrankungen im Jahr 2030 auf 6 Billionen US-Dollar ansteigen werden. Dies ist deutlich mehr als die prognostizierten Kosten für Krebserkrankungen, Diabetes oder chronische Atemwegserkrankungen.  

Trotz der Folgen im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen fehlt es in vielen Ländern darunter auch in Deutschland immer noch an wichtigen Rahmenbedingungen, um die psychische Gesundheit in der Bevölkerung bestmöglich zu fördern, zu gewährleisten und gefährdete Personengruppen ausreichend zu schützen. Hierzu zählen unter anderem die zunehmende gesellschaftliche Stigmatisierung und soziale Ausgrenzung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, die geringen Gesundheitskompetenzen im Bereich psychische Gesundheit in der deutschen Bevölkerung, die unzureichende Umsetzung einer menschenrechtsorientierten Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie die noch immer bestehenden strukturellen Defizite in verschiedenen Bereichen der Behandlung, Beratung, Unterstützung, Prävention und Gesundheitsförderung.

Zwanzig Jahre nach dem letzten „The World Mental Health Report: mental health – new understanding, new hope“ – der vor allem für ein biopsychosoziales Verständnis für psychische Gesundheit und Erkrankung plädierte – veröffentlichte die WHO im vergangenen Jahr unter dem Motto „Transforming mental health for all“ ihren neuen Bericht. Dieser Bericht richtet sich speziell an politische Entscheidungsträger im Gesundheitswesen und beinhaltet wichtige Empfehlungen zur Weiterentwicklung von menschenrechtsorientierten multisektoralen und gemeindenahen Versorgungsstrukturen und Interventionen, die erforderlich sind, um die psychische Gesundheit in der Gesellschaft zu verbessern. In dem aktuellen Bericht stehen diesmal die gesellschaftlichen und globalen Risikofaktoren für die psychische Gesundheit wie Krieg, wirtschaftliche und soziale Ungleichheit oder die Klimakrise im Vordergrund. Ausgehend von dem 2013 verabschiedeten „Comprehensive Mental Health Action Plan 2013-2030“ der WHO werden mehrere Maßnahmen vorgestellt, um die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden innerhalb der Gesellschaft zu fördern, psychischen Erkrankungen vorzubeugen und gefährdete Personen zu schützen.

Der Bericht kann hier frei eingesehen werden.

Kostenlose Online-Fachtagung “Psychische Gesundheit und Radikalisierung” am 05. September 2023

In den letzten Jahren haben Anschläge oder Angriffe von radikalisierten und psychisch beeinträchtigten Personen immer wieder für Aufsehen gesorgt. Dabei war zunächst häufig unklar, ob die Beweggründe eher im ideologischen Extremismus oder einer psychischen Erkrankung zu suchen waren. Tatsächlich sind die Übergänge häufig fließend und beide Bereiche können sich wechselseitig beeinflussen. Dies erschwert die Diagnose der Ursachen und Motive sowie die Auswahl passender Unterstützungs- und Beratungsangebote. Gehört ein Fall in den Gesundheitsbereich oder sind die Beratungsstellen der Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit und der Deradikalisierung gefordert?

Angesichts der Schnittmengen zwischen diesen Bereichen will die Fachtagung für einen multiprofessionellen Ansatz werben und lädt dazu ein, die Kooperation und den Dialog zwischen Sozial- und Gesundheitsberufen, Beratungsstellen der Extremismusprävention, Ämtern und Behörden sowie weiterer Akteur*innen auszubauen: Wer hat dabei welche Rolle? Welche Akteur*innen sollten in einer Fallkonferenz einbezogen werden? Welche Verfahrenswege müssen vereinbart werden, um die Zusammenarbeit zu verbessern?

Die Fachtagung verfolgt einen phänomenübergreifenden Ansatz. Neben den langjährigen Erfahrungen aus der Rechtsextremismus- und Islamismusprävention werden die Erfahrungen aus der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern einbezogen. Nicht zuletzt sollen neben der Arbeit an konkreten Fällen auch Fragen der allgemeinen Prävention und Resilienzstärkung erörtert werden: Wie lassen sich erste Zeichen einer Radikalisierung oder einer psychischen Beeinträchtigung erkennen? Wie können Risiken minimiert werden? Welche Hilfsangebote können die Regelstrukturen unterbreiten?

Veranstaltet wird die Tagung vom Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Landeskoordinierungsstelle für Demokratie und Toleranz in der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern. Eingeladen sind Fachkräfte aus der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung sowie aus der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, Mitarbeitende von Beratungsstellen und Präventionsprojekten, Akteurinnen und Akteure aus den Bereichen (Schul-)Sozial- und Jugendarbeit, Mitarbeitende von Sicherheitsbehörden und weitere Interessierte aus Mecklenburg-Vorpommern.

Die Teilnahme an der Fachtagung ist kostenlos. Genaueraue Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier im Flyer:

Neuerscheinung Juni-Ausgabe der Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V

Die diesjährige Juni-Ausgabe der Onlinezeitschrift Sozialpsychiatrie M-V enthält neben einem Rückblick zur gemeinsamen Pflanzaktion “Mein Herz schlägt für den Wald” des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die Tagesdokumentation der beiden Fachveranstaltungen „Personenzentrierte und sozialraumorientierte Unterstützung in hochstrukturierten Behandlungs- und Betreuungssettings“ und „Seelische Gesundheit in der DDR – Hilfe, Verwahrung, Missbrauch“. Darüber hinaus informiert die Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien über das zweite Projektforum sowie über ihre Aktivitäten und die aktuellen Entwicklungen zur Thematik in Mecklenburg-Vorpommern. Im Rahmen des abgeschlossenen Modellprojektes „Adoleszenzpsychiatrie“ entstand beim Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. die Kompetenzstelle Adoleszenzpsychiatrie M-V deren Aktivitäten und Ziele in der aktuellen Ausgabe ebenfalls vorgestellt werden. Der eingereichte Fachbeitrag der Juni-Ausgabe beschäftigt sich mit alternativen Kriseninterventionen nach dem SOTERIA-Behandlungsansatz in Mecklenburg-Vorpommern. Zudem informiert eine Forschungsgruppe aus der Universitätsmedizin Rostock über die Entwicklung und Umsetzung eines Beirates für partizipative Forschung in der Medizin. Weiterhin enthält die Ausgabe eine Veranstaltungsübersicht für das Jahr 2023 sowie zahlreiche Informationen über die Aktivitäten des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. sowie von seinen Mitgliedern und Kooperationspartner*innen. Die Ausgabe kann hier frei als PDF heruntergeladen werden.

Bei der Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V handelt es sich, um den Rundbrief des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., der über alle wesentlichen Entwicklungen zur Sozialpsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern informiert. Darüber hinaus enthält der Rundbrief Informationen zu den Aktivitäten und Initiativen des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und seinen Mitgliedern. Den Zugang zu älteren Ausgaben finden Sie hier.

Tagungsdokumentation zur Veranstaltung “Seelische Gesundheit in der DDR – Hilfe, Verwahrung, Missbrauch”

Die Pflege, Unterstützung und Behandlung von Menschen in psychosozialen Notlagen erfolgten in der DDR unter dem Einfluss eines staatlich gelenkten Fürsorgesystems. Lange Zeit galten das Sozial- und Gesundheitssystem der DDR als Vorzeigeerrungenschaft des Sozialismus. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung wird die politische Einflussnahme auf die soziale und gesundheitliche Versorgung in der DDR in vielen gesellschaftlichen Bereichen kontrovers diskutiert.

Mehrere Arbeitsgruppen in Deutschland unter anderem aus der Universitätsmedizin Rostock, der Universitätsmedizin Greifswald, der Alice Salomon Hochschule Berlin sowie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf beschäftigen sich aktuell mit der historischen Aufarbeitung zur Sozial- und Gesundheitsversorgung in der DDR. Sowohl der staatliche Einfluss auf die dort tätigen Fachkräfte als auch die Auswirkungen auf die spätere Gesundheits- und Lebenssituation der Menschen – welche diese Angebote in Anspruch genommen haben – stehen dabei im Mittelpunkt.

Im Rahmen der Veranstaltung „Seelische Gesundheit in der DDR – Hilfe, Verwahrung, Missbrauch“ stellten am 23. Juni 2023 die einzelnen Arbeitsgruppen ihre aktuellen Erkenntnisse in Rostock einem breiten Publikum vor. Die kostenlose Veranstaltung fand im Hörsaal des Zentrums für Nervenheilkunde der Universitätsmedizin Rostock statt. Eingeladen waren alle Interessierten, die sich über den aktuellen Stand der DDR-Aufarbeitung informieren wollten. Während der Pausen gab es die Möglichkeit mit den Forscher*innen bei einem kleinen Imbiss im gemütlichen Kaminzimmer der Universitätsmedizin Rostock ins Gespräch zu kommen.

Prof. Dr. Hans J. Grabe bei der Begrüßung der Teilnehmer*innen

Die Eröffnung und Begrüßung der Veranstaltung erfolgte über Prof. Dr. Hans J. Grabe (Universitätsmedizin Greifswald), der die Teilnehmenden als Moderator durch die gesamte Veranstaltung führte. In ihren Grußworten wiesen Steffen Bockhahn (Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, stellv. Oberbürgermeister), Prof. Dr. Bernd Krause (Prodekan und stellv. Dekan der Universitätsmedizin Rostock) und Anne Drescher (Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur) auf die Notwendigkeit der historischen Aufarbeitung im Bereich der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung in der DDR hin. So gab es einerseits in der ehemaligen DDR viele engagierte Mitarbeitende und Institutionen im Sozial- und Gesundheitswesen, die zum Wohle der Klient*innen und Patient*innen handelten. Anderseits gibt es Hinweise, dass aufgrund politischer Einflussnahme Missstände und Missbrauch in den jeweiligen Einrichtungen verdeckt oder die Entwicklung der Versorgung negativ beeinflusst wurden. Bei vielen Betroffenen wirkte sich dies nachhaltig auf die spätere Gesundheits- und Lebenssituation aus. Erst im Zuge der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit wurden diese Zusammenhänge langsam deutlich.

Historische Forschung zur Psychiatrie in der DDR

Im Bereich der Psychiatrie gab Prof. Dr. Ekkehardt Kumbier (Universitätsmedizin Rostock) einen Einblick zum aktuellen Stand der historischen Forschung in der DDR. Im Rahmen des Forschungsverbundes „Seelenarbeit im Sozialismus“ beforscht er seit 2019 mit mehreren Kolleg*innen aus der Universitätsmedizin Rostock und Greifswald mittels Befragung von Zeitzeugen und der systematischen Auswertung von archivierten Texten und Veröffentlichungen die Rolle der Psychiatrie in der DDR sowie den Einfluss der SED-Diktatur auf die psychiatrische Versorgung. So entstand neben mehreren Buchpublikationen im Rahmen dieses Projektes in der Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Institutionen eine umfangreiche Literaturdatenbank zur Psychiatrie, Psychotherapie, Psychologie und zum Gesundheitswesen in der DDR, die frei im Dokumentenserver der Universität Rostock eingesehen werden kann.

In seinem Vortrag wies er daraufhin, dass ähnlich wie in Westdeutschland die Entwicklung der Psychiatrie in der DDR zwischen 1945 und 1949 stark durch die Kriegsfolgen beeinflusst war. Personalmangel, zerstörte und zweckentfremdete Kliniken, Flüchtlingsbewegungen und eine schlechte materielle Grundausstattung beherrschten den Alltag der Psychiatrie. Erste Bemühungen die psychiatrische Versorgung weiterzuentwickeln und neu zu organisieren fanden in den darauffolgenden Jahrzehnten unter anderem im Rahmen der Rodewischer Thesen (1963) oder der Brandenburger Thesen (1974) statt, die den Aufbau einer modernen gemeindepsychiatrischen Versorgung, eine Öffnung gegenüber internationalen Einflüssen und eine Liberalisierung der Psychiatrie beinhalteten. Trotz dieser öffentlichen Impulse kam es in der Praxis nur in wenigen Regionen zur Umsetzung dieser Ziele. Die Gründe hierfür waren fehlende finanzielle und personelle Möglichkeiten aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtsituation der DDR. Ebenso verhinderten die staatliche Einflussnahme (zum Beispiel im Zuge eines Verbots von statistischen Veröffentlichungen im Zusammenhang mit Suiziden und Alkohol in den psychiatrischen Institutionen), der fehlende politische Wille und die verhärteten Strukturen eine flächendeckende Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung in der DDR.

Prof. Dr. Ekkehardt Kumbier

In seinem Vortrag wies er daraufhin, dass ähnlich wie in Westdeutschland die Entwicklung der Psychiatrie in der DDR zwischen 1945 und 1949 stark durch die Kriegsfolgen beeinflusst war. Personalmangel, zerstörte und zweckentfremdete Kliniken, Flüchtlingsbewegungen und eine schlechte materielle Grundausstattung beherrschten den Alltag der Psychiatrie. Erste Bemühungen die psychiatrische Versorgung weiterzuentwickeln und neu zu organisieren fanden in den darauffolgenden Jahrzehnten unter anderem im Rahmen der Rodewischer Thesen (1963) oder der Brandenburger Thesen (1974) statt, die den Aufbau einer modernen gemeindepsychiatrischen Versorgung, eine Öffnung gegenüber internationalen Einflüssen und eine Liberalisierung der Psychiatrie beinhalteten. Trotz dieser Impulse und zahlreichen Fachveranstaltungen kam es in der Praxis nur in wenigen Regionen zur Umsetzung dieser Ziele. Die Gründe hierfür waren fehlende finanzielle und personelle Möglichkeiten aufgrund der wirtschaftlichen Probleme der DDR. Aber auch die staatliche Einflussnahme (zum Beispiel im Zuge eines Verbots von statistischen Veröffentlichungen im Zusammenhang mit Suiziden und Alkohol in den psychiatrischen Institutionen), fehlender politischer Wille und die verhärteten bürokratischen Strukturen verhinderten es die psychiatrische Versorgung in der DDR flächendeckend weiterzuentwickeln.

Dr. Kathleen Hack

In dem darauffolgenden Vortrag von Dr. Kathleen Haack von der Universitätsmedizinen Greifswald und Rostock, die ebenfalls im Forschungsverbund „Seelenarbeit im Sozialismus“ aktiv ist, wurde deutlich, dass die DDR nicht gleich DDR ist. So gab es in vielen psychiatrischen Versorgungsregionen unterschiedliche Entwicklungen und Arrangements mit den gegebenen politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Am Beispiel des Reformpsychiaters Klaus Weise rekonstruierte sie in Leipzig, dass es durchaus möglich war, Entwicklungen in der DDR jenseits und diesseits von politischen Vorgaben voranzutreiben. Allerdings ließen sich diese Entwicklungen nur im Rahmen von individuellen Möglichkeiten und persönlichen Netzwerken realisieren.

Erfahrungen in DDR-Kinderheimen Bewältigung und Aufarbeitung

Vor der Pause berichteten Prof. Dr. Silke B. Gahleitner und Maite Gabriel von der Alice Salomon Hochschule Berlin aus einem Teilprojekt des Forschungsverbundes Testimony (Erfahrungen in DDR-Kinderheimen Bewältigung und Aufarbeitung) über die Erfahrung und Bewältigung ehemaliger Heimkinder in der DDR. Hierzu interviewten sie ehemalige Heimkinder über ihre Erlebnisse. Über alle Heimeinrichtungen hinweg berichteten die Befragten über physische, psychische und sexualisierte Gewalterfahrungen. Viele der Befragten zogen sich zurück und schwiegen über die Gewalterlebnisse. Die Folgen der Gewalterfahrungen im späteren Leben umfassten ein umfangreiches Spektrum von Schuld- und Schamgefühlen sowie physischen, soziökonomischen und sozialen Folgeerscheinungen. Erst durch die gesellschaftliche Aufarbeitung und langsam fortschreitende Anerkennung der damaligen Missstände entwickelten die Betroffenen alternative Formen der Bewältigung (Selbsthilfe, Schreiben, Sprechen, Auseinandersetzung mit der Biografie und den damaligen Missständen). Aufgrund der Zusammenhänge zwischen der gesellschaftlichen Anerkennung und den individuellen Bewältigungsversuche machten die beiden Referentinnen auf die Notwendigkeit einer bereiten Unterstützung der Betroffenen aufmerksam, die sowohl gesellschaftliche, rechtliche als auch mediale Aspekte aufgreift. Die aktuellen Unterstützungsmöglichkeiten wie Psychotherapie, Beratung oder finanzielle Entschädigung sind in diesem Kontext noch zu hochschwellig, um die Betroffenen bei der Bewältigung zu unterstützen.

Nach der Pause stellte Frau Priv.-Doz. Dr. Felicitas Söhner von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ein weiteres Teilprojekt des Forschungsverbundes Testimony vor. In ihrem Projekt ging es um die Perspektive von Mitarbeitenden aus den ehemaligen Heimeinrichtungen der DDR. Im Rahmen von Interviews mit Fachkräften aus der Psychologie, Medizin und Pädagogik ging sie unter anderem den alltäglichen Abläufen und Erfahrungen, fachlichen Handlungskompetenzen und dem Umgang mit schwierigen Situationen oder traumatisierten Klient*innen im professionellen Alltag nach. Auch hier gab es sehr heterogene Äußerungen der ehemaligen Fachkräfte zu den Erlebnissen und Erfahrungen in den Heimen. Einige Fachkräfte berichteten über die Bedeutung der Heime als wichtigen Schutzraum und das Gewalt gegenüber den Klient*innen durch das Personal allgemein stark sanktioniert wurde. Andere Fachkräfte berichteten über verschiedene Formen der Gewalt wie physische Gewalt, psychische Gewalt, soziale Isolation oder körperlichen Zwang durch das Personal als auch unter den Klient*innen. Oftmals empfanden die Befragten eine geringe Handlungsfähigkeit, um die Gewalthandlungen von Kolleg*innen in den Heimeinrichtungen zu unterbinden. So gab es keine institutionellen Unterstützungs- oder Beratungsmöglichkeiten. Zudem fehlte es allgemein an personeller Ausstattung. Besonders verdeckte Formen der Gewalt waren schwer zu unterbinden und in den Heimeinrichtungen zu kontrollieren. Viele der Fachkräfte reagierten auf diese Situation mit Resignation, Schweigen, suchten das Gespräch mit den Betroffenen oder wechselten die Einrichtungen beziehungsweise orientierten sich beruflich um. Trotz der unterschiedlichen Deutungsmuster weisen die Ergebnisse darauf hin, dass es in der ehemaligen DDR auf der strukturellen und institutionellen Ebene viel zu wenig Möglichkeiten gab, um Missbrauchs- und Gewaltvorfälle in den Heimen durch das Personal zu unterbinden.

Dr. Felicitas Söhner

Selbstorganisierte Resilienzbildung und die psychische Gesundheit von ehemaligen Wochenkrippenkindern in der DDR

Ausgehend von der Rostocker Längsschnittstudie, die seit 1970 bis heute die Entwicklung von 207 Familien untersucht, beschäftigte sich Priv.-Doz. Dr. Olaf Reis von der Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter der Universitätsmedizin Rostock mit dem intergenerationalen Familienwandel und der Resilienzbildung bei Familien seit der Wende. In Interviews mit ostdeutschen Familien und in seinem Buch “Nischen im Wandel” arbeitete er heraus, dass der familiäre Umgang mit der DDR in den Familien unterschiedlich verlief. So gab es Familien (verbundene Familien) deren Mitglieder sich systemnah verhielten und die Werte der DDR annahmen. Andere (balancierte) Familien nutzen zwar die institutionellen Möglichkeiten der DDR ohne deren Werte jedoch vollständig zu übernehmen. Zudem gab es (separierte) Familien, welche sich gänzlich dem staatlichen System verweigerten und dadurch oftmals staatliche Sanktionen erlitten. Das spezifische Verhältnis zwischen diesen drei Familientypen und der Staatsgesellschaft bezeichnete Olaf Reis als Nischen, die im Kontext der damaligen gesellschaftlichen Bedingungen resilienzfördernde Eigenschaften hatten. Im Zusammenhang mit den Veränderungen und Belastungen durch die Wende, gelang es nach der Analyse von Olaf Reis vor allem balancierten Familien sich an den neuen Herausforderungen anzupassen, die transgenerationalen Verbindungen zu stabilisieren und ihre Resilienz aufrechtzuerhalten.

Zum Abschluss stellte Eva Flemming von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Rostock ihre Studie zur Bindung und psychischen Gesundheit von ehemaligen Wochenkrippenkindern vor. Bei den Wochenkrippen handelte es sich um Einrichtungen, welche auf dem ehemaligen Gebiet der DDR zwischen den 1950er und 1990er Jahren eine durchgängige Betreuung von Kleinkindern ab dem Alter von 6 Lebenswochen ermöglichten. Vor allem Familien mit Eltern in Schichtarbeit, alleinerziehende Familien und Studierende nahmen dieses Angebot in der ehemaligen DDR in Anspruch. Bereits mehrere Studien aus den 1960er Jahren wiesen auf ungünstige Entwicklungsverläufe von Kindern in Wochenkrippen hin, die umso negativer verliefen, je mehr Zeit die Kinder von ihren Eltern isoliert waren. Trotz dieser Erkenntnisse hielt die DDR an dem Konzept der Wochenkrippen bis zur Wende fest. Die aktuelle Rostocker-Studie untersucht bei ca. 250 ehemaligen Wochenkrippenkindern den allgemeinen psychischen Gesundheitszustand und das Bindungsempfinden. Die Daten werden mit Personen aus der Allgemeinbevölkerung verglichen. Bereits jetzt ergaben die vorläufigen Studienergebnisse mit einer Teilstichprobe von 80 Wochenkrippenkindern erhöhte negative Werte bei allen getesteten Variablen (Stresserleben, körperliche Beschwerden, psychische Erkrankungen und Beeinträchtigungen). Darüber hinaus berichteten die ehemaligen Wochenkrippenkinder im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung über vermehrte Schlafstörungen sowie Schwierigkeiten im Aufbau von Bindung zu den eigenen Kindern.

Neben den Fachvorträgen kam es während der Tagung und in den Pausen zu vielen Diskussionen und Gesprächen zwischen den Teilnehmenden und den Referent*innen. Durch das Engagement der Forscher*innen ist es gelungen in den verschiedenen Bereichen den aktuellen Stand der DDR-Aufarbeitung differenziert darzustellen. Trotz der abwechslungsreichen und informativen Vorträge wurde ebenfalls deutlich, dass es gerade im Hinblick auf die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland noch viele Fragen gibt und die DDR-Aufarbeitung im Bereich des Sozial- und Gesundheitssystems noch in den Anfängen steckt. Im Namen der Veranstalter*innen bedanken wir uns bei allen Referent*innen und Teilnehmenden für die gelungene Veranstaltung und den angenehmen Austausch. Die Präsentationen der Veranstaltung sind hier zu finden:

Veranstaltung „Seelische Gesundheit in der DDR – Hilfe, Verwahrung, Missbrauch“ am 23. Juni 2023 in Rostock

Die Pflege, Unterstützung und Behandlung von Menschen in psychosozialen Notlagen erfolgte in der DDR unter dem Einfluss eines staatlich gelenkten Fürsorgesystems. Lange Zeit galt das Sozial- und Gesundheitssystem der DDR als Vorzeigeerrungenschaft des Sozialismus. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung wird die politische Einflussnahme in der DDR in vielen gesellschaftlichen Bereichen kontrovers diskutiert.

Mehrere Arbeitsgruppen in Deutschland, unter anderem von der Universitätsmedizin Rostock, der Universitätsmedizin Greifswald, der Alice Salomon Hochschule Berlin sowie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, beschäftigen sich mit der historischen Aufarbeitung zur Sozial- und Gesundheitsversorgung in der DDR. Sowohl der staatliche Einfluss auf die dort tätigen Fachkräfte als auch die Auswirkungen auf die spätere Gesundheits- und Lebenssituation der Menschen, die diese Angebote in Anspruch genommen haben, stehen im Mittelpunkt.

Auf der Veranstaltung stellen die einzelnen Arbeitsgruppen ihre Erkenntnisse vor. Expert*innen und Forscher*innen berichten über den wissenschaftlichen Kenntnisstand zur Rolle der Psychiatrie in der DDR, zur Versorgungssituation und seelischen Gesundheit von ehemaligen Heim- oder Wochenkrippenkindern, aber auch zu den spezifischen Bewältigungsstrategien, die Menschen und Familien unter den besonderen gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in der DDR entwickelt haben. Nach den Vorträgen ist eine Podiumsdiskussion geplant sowie ein freier Austausch aller Teilnehmer*innen.

Die Veranstaltung ist kostenlos und richtet sich an alle interessierten Personen. Zur Vorbereitung bitten wir um Anmeldung bis zum 20. Juni 2023 unter Angabe des Veranstaltungstitels an: lv@sozialpsychiatrie-mv.de

Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier im Flyer:

Tagungsdokumentation der digitalen Fachtagung “Kooperation und Netzwerke in der psychosozialen Arbeit”

Zahlreiche Klient*innen in der psychosozialen Versorgung weisen häufig einen sehr komplexen Unterstützungsbedarf auf. Benötigt wird daher nicht selten auch ein komplexes Unterstützungssystem. Zudem weisen viele Forschungsergebnisse darauf hin, dass gerade multiprofessionelle und systemübergreifende Formen der Versorgung zur Personen- und Bedarfsorientierung beitragen. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Etablierung einer vernetzten Versorgung mit vielen Hürden verbunden ist. So erschweren finanzielle Rahmenbedingungen, gesetzliche Fragmentierungen des Versorgungssystems, professionsbezogene Anerkennungskonflikte und abweichende Logiken zwischen den beteiligten Berufsgruppen oftmals eine personenzentrierte und bedarfsgerechte Planung und Umsetzung von psychosozialen Unterstützungsmöglichkeiten.

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. veranstaltete in Kooperation mit dem European Centre for Clinical Social Work e.V., der Hochschule Coburg, der Fachhochschule Campus Wien, dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V., der Landeskoordination: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern und dem Netzwerk A: aufklaren | Expertise und Netzwerk für Kinder psychisch erkrankter Eltern des Trägers Paritätische Hamburg am 11. Mai 2023 die digitale Fachtagung „Kooperation und Netzwerke in der psychosozialen Arbeit”

Die komplette Tagungsdokumentation finden Sie hier.

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. auf der Fachtagung „Systemsprenger*innen – Fehler im System?“ am 07. Juli 2023 in Tübingen

Die Schwierigsten zuerst! Dieser alte sozialpsychiatrische Leitsatz wird leider in der Praxis kaum umgesetzt. Menschen, die auf Grund ihrer psychischen Erkrankung einen besonders komplexen Assistenzbedarf haben, nicht gut in Gruppen leben können, starke Suchterscheinungen oder herausforderndes Verhalten aufweisen oder zusätzlich im größeren Umfang pflegerische Unterstützung benötigen, finden in vielen Region oftmals kein passendes Angebot.

Aus diesem Grund veranstaltet der Verein Sozialpsychiatrie e.V. am 07. Juli 2023 in Tübingen unter dem Motto „Systemsprenger*innen – Fehler im System? Auf dem Weg zu einem sozialpsychiatrischen Angebot für Menschen, für die es in der Region (noch) kein passendes Angebot gibt“ eine Fachveranstaltung. Neben mehreren Fachexpert*innen beteiligt sich auch der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. mit der Mitarbeiterin Lisa Große im Rahmen von zwei Fachvorträgen zur wissenschaftlichen Forschung und zu möglichen Unterstützungsformen für diese Zielgruppe an der Fachtagung.

Weitere Informationen zur Anmeldung und zum Programm finden Sie hier.  

Bestandsaufnahme zur psychiatrischen und psychosozialen Versorgung von Kindern und Jugendlichen

Mecklenburg-Vorpommern: Zunahme von psychischen Problemen in jungen Jahren

Landesverband fordert bessere Unterstützung für erkrankte Kinder und Jugendliche

Kinder in Mecklenburg-Vorpommern sind besonders gefährdet, psychisch zu erkranken. Anlässlich des Internationalen Kindertags am 1. Juni macht der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. mit einer Bestandsaufnahme auf diese Situation aufmerksam.

Etwa 250.000 Kinder und Jugendliche leben in Mecklenburg-Vorpommern. Nach aktuellen Schätzungen leiden etwa 50.000 von ihnen an psychischen Störungen oder Auffälligkeiten. Obwohl die Lebensbedingungen von jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile einen hohen Stellenwert eingenommen haben, gibt es noch Luft nach oben, wie der Bericht zeigt: Wenige Hilfsangebote, weite Wege und hohe Arbeitslosigkeit – im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern lassen sich mehrere Faktoren finden, die das Risiko für junge Menschen erhöhen, im Laufe ihres Lebens psychisch zu erkranken. „Im Nordosten ist die Armutsquote mit 18 Prozent besonders hoch“, sagt Karsten Giertz, Geschäftsführer des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., der mit seinem Team aktuelle Studien und Veröffentlichungen zusammengefasst hat. „Das ist problematisch, denn gerade in sozial benachteiligten Familien fehlt es oft an Ressourcen und Informationen, um psychische Belastungen zu bewältigen.“

Trotz der Risiken und Einschränkungen, die mit einer psychischen Störung zusammenhängen, suchen nur wenige junge Menschen Hilfe. Die Gründe dafür sind vielfältig. So belegen Studien, dass Betroffene besonders in Mecklenburg-Vorpommern fürchten, wegen ihrer Krankheit diskriminiert zu werden und deswegen gar nicht erst nach Therapiemöglichkeiten suchen.  Zudem zeigt sich Versorgungslage in Mecklenburg-Vorpommern im Bericht als prekär: Sowohl Behandlungsplätze in Kliniken als auch außerklinische Angebote sind, besonders in ländlichen Regionen, rar gesät – oder gar nicht vorhanden. Deutlich wird dies im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte: Auf etwa 9.000 Kinder und Jugendliche mit psychischen Störungen kommen aktuell 27 Kinder- und Jugendpsychiater*innen /-psychotherapeut*innen sowie 21 stationäre Betten und 28 Tagesklinikplätze. „Eine deutliche Unterversorgung, die neben langen Wartezeiten zu Chronifizierung und weiteren Krankheitsfolgen führen kann“, resümiert Giertz.

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. fordert daher, dass Angebote flächendeckend ausgebaut werden. „Um die Versorgungssituation für Kinder und Jugendliche zu verbessern, benötigen wir neue und kreative Lösungen“, so Giertz. Dabei seien sowohl digitale Angebote als auch Angebote zur Früherkennung notwendig. „Gerade schwere psychische Erkrankungen beginnen im Jugendalter und lassen sich durch frühes Eingreifen reduzieren.“ Neue Angebote bedürfen jedoch neuer Rahmenbedingungen: So wird das Thema psychische Gesundheit laut Giertz auf sozialpolitischer Ebene zu selten berücksichtigt – „und das, obwohl psychische Erkrankungen zu den häufigsten Beeinträchtigungen in der deutschen Bevölkerung gehören“. Zentrale Aufgabe sei, die Finanzierung für Projekten sicherzustellen – „und zwar nicht nur für ein oder zwei Jahre, sondern langfristig.“

Die vollständige Bestandsaufnahme zur psychiatrischen und psychosozialen Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Mecklenburg-Vorpommern finden Sie hier:

Symposium zur wochenweisen Fremdbetreuung im frühen Kindesalter – Erfahrungen aus der DDR und internationale Perspektiven am 21. und 22. April 2023 in Rostock

In den 1950er und 1960er Jahren wurden in der DDR fast 40.000 Plätze zur wochenweisen Fremdbetreuung von Kindern im Alter zwischen 6 Wochen und 3 Jahren geschaffen. Dazu kamen die Wochenheime für die Kinder ab 3 Jahren. Wochenweise bedeutete, dass diese Kinder Tag und Nacht in der Einrichtung verblieben und zu ihren Eltern nur am Wochenende Kontakt hatten. Diese intensive Betreuungsform galt als ökonomisch und als wichtige Voraussetzung für die Umsetzung der Gleichberechtigung der Frauen – mit teils lebenslangen Folgen für die Kinder. Die letzten derartigen Plätze wurden erst 1992 abgeschafft.

Seit einigen Jahren sind die Geschichte der Wochenbetreuung und die Entwicklung der dort untergebrachten Kinder ins Interesse verschiedener Forschungsprojekte gerückt. Erste Ergebnisse werden auf dem Symposium zur wochenweisen Fremdbetreuung im frühen Kindesalter am 21. und 22. April diskutiert. Dabei kommen auch ehemalige Wochenkinder selbst zu Wort, so wie in der Ausstellung „abgegeben“ von Sophie Linz. Eine solche Fremdbetreuung über Nacht gab es aber nicht nur in der DDR. Deshalb werden auf diesem Symposium auch Forschungsprojekte zu ähnlichen Betreuungsformen in anderen Ländern vorgestellt: zu Wochenkrippen in der damaligen ČSSR sowie zu Säuglingsheimen in der BRD zu jener Zeit und in der Schweiz.

Das Symposium wird als Kooperationsprojekt von der Universitätsmedizin Rostock, der Kunsthalle Rostock, wochenkinder.de und der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier im Flyer:

Fachtagung “Zwischenmenschliche Beziehungen und Gesundheit” am 15. und 16. Juni 2023 in Coburg

Menschsein heißt mit anderen verbunden und auf andere angewiesen zu sein. Wir sind immer in Beziehung – in unseren Gedanken, mit unseren Wünschen, Hoffnungen und Gefühlen – selbst, wenn gerade niemand anwesend ist. Daher sind zwischenmenschliche Beziehungen in jedem Lebensalter und jeder Entwicklungsstufe von hoher Bedeutung für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die soziale Teilhabe von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und hochbetagten Menschen.

Klinische Sozialarbeit zielt als gesundheitsbezogene Fachsozialarbeit wesentlich darauf ab, das soziale Eingebundensein von Menschen zu fördern und zu stärken. Gleichzeitig begegnen Fachkräfte dabei besonderen Herausforderungen, denn es geht um isolierte und marginalisierte Menschen mit tiefen Beziehungserschütterungen und -traumatisierungen, die wiederholt Stigmatisierungs- und Ausgrenzungserfahrungen machen mussten.

Unter dem Motto „Zwischenmenschliche Beziehungen und Gesundheit – Sozialtherapeutische Beziehungen und Gesundheit“ findet am 15. und 16. Juni an der Hochschule Coburg die 12. Fachtagung Klinische Sozialarbeit statt. Mit der Tagung feiert die Hochschule Coburg den 20. Geburtstag der Kooperation mit der Alice Salomon Hochschule zum gemeinsamen berufsbegleitenden Masterstudiengang Soziale Arbeit: Klinische Sozialarbeit. Die Fachtagung möchte zur Diskussion und Vernetzung einladen und einen lebendigen Diskurs rund um die Bedeutung naher, zwischenmenschlicher Beziehungen für die Gesundheit anregen. Gleichzeitig werden sozialtherapeutische Konzepte und Ansätze vorgestellt und kritisch beleuchtet. Dabei sollen auch hochaktuelle gesamtgesellschaftliche Entwicklungen (wie z. B. der pandemiebedingte Digitalisierungsschub) aufgegriffen werden.

Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.