Videovorlesungsreihe Anthropologische Psychiatrie zum Thema „Mensch bleiben – auch in seelischer Not!“

An der Universitätsmedizin Hamburg-Eppendorf veranstaltet Thomas Bock jährlich eine Vorlesungsreihe zur Anthropologischen Psychiatrie mit verschiedenen Schwerpunkten. Ziel der Vorlesungsreihe ist, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu reduzieren. Anlässlich der COVID-19-Pandemie findet seit 2020 die Vorlesungsreihe in digitaler Form statt. Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Irre menschlich Hamburg e.V. und psychenet. Dabei engagieren sich zahlreiche Expert*innen und Psychiatrieerfahrene sowie Angehörige.

Im diesjährigen Sommersemester 2023 beschäftigte sich die Vorlesungsreihe mit dem Thema „Mensch bleiben – auch in seelischer Not!“. Im Mittelpunkt der Vorlesungsreihe stehen die Erfahrungen mit dem Hilfesystem. Dabei werden folgende Fragestellungen aufgegriffen: Welche Hilfen bieten die besten Chancen, möglichst wenig zu kränken und zu schaden? Welche orientieren sich am meisten an Ressourcen und Lebenszusammenhängen? Welche erlauben, uns als Menschen möglichst vollständig wahrzunehmen und tiefe Krisen möglichst wenig zu stigmatisieren? Wo und wie bleibt die Kontinuität zwischen gesund und krank prägend auch für die Beziehungskultur? Wie gelingt es besonders breite Brücken zu bauen zwischen Selbst- und Fremdhilfe?

Der Blick richtet sich auf stationäre, ambulante und aufsuchende Hilfen, auf die Herausforderung, Zwang zu vermeiden, fair zu besprechen und gut zu verarbeiten. Welche Maßnahmen stehen im Zentrum jeder Reform – aus der Sicht professioneller und persönlicher Erfahrung?

Die Vorlesungsreihe wurde nun als Videostream veröffentlicht und mit dem Einverständnis der Veranstalter*innen auf dieser Internetseite eingebettet. Unten können die einzelnen Vorlesungen als Videos angesehen werden.

Stationäre Behandlung: Milieutherapeutisch und beziehungsorientiert

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Martin Voss (Soteria Berlin) & Marie Hubert (Soteria-Erfahrene)

Das Milieu wird von einer gemeinsamen Alltagsgestaltung geprägt und soll möglichst wenig klinisch sein. Auch in einer akuten Krise soll eine kontinuierliche therapeutische Beziehung Halt geben und den Bedarf an neuroleptischer Medikation aus guten Gründen reduzieren helfen. “Being with, open dialogue” – was heisst das auf deutsch? Welchen Stellenwert und Nutzen haben Angehörige, welche Bedeutung hat Genesungsbegleitung? Warum profitieren besonders Psychose-Erfahrene? Was davon geht überall? Wie gelingt der Übergang ins ambulante Setting?

Ambulant: Bedürfnisnah und psychotherapeutisch – Psychosenambulanz München

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Roswitha Hurtz (Ambulanz für Psychosen-Psychotherapie, kbo Isar-Amper-Klinikum München) & Ina Pirk (Psychotherapeutin in Ausbildung, UKE)

Die wissenschaftlichen Empfehlungen sind ebenso eindeutig wie die Prioritäten von Betroffenen und Angehörigen. Trotzdem ist Psychosen-Psychotherapie längst nicht selbstverständlich. Eine Flexibilität und ergänzende Komplexbehandlung können nötig sein. Um so wichtiger ist, dass auch Klinikambulanzen diese Herausforderung annehmen. Viele reduzieren Kontaktdichte und –vielfalt. Wie ist das zu verhindern?

Aufsuchende Hilfen: selbstverständlich mit Genesungsbegleitung – Beispiel Lüneburg

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Michaela Frommhagen (Pflegeleitung Psychiatrische Klinik Lüneburg) & Christina Meyn (Genesungsbegleitung Psychiatrische Klinik Lüneburg)

Akutbehandlung muss nicht stationär erfolgen, für viele ist die Situation einer klassischen Station sogar überfordernd und falsch. Mit der “stationsäquivalenten Akutbehandlung” zuhause wurde eine Alternative rechtlich möglich, aber längst nicht überall umgesetzt. Genesungsbegleitung kann zusätzlich helfen, das Stigmarisiko zu reduzieren. Die positiven Erfahrungen schildern.

Verbindliche Zusammenarbeit: die Benachteiligten nicht allein lassen – mehrere Beispiele

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Matthias Rosemann (Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde e.V.) & Bettina Lauterbach (Vorstandsmitglied Hamburgische Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.)

Seit der Psychiatrie-Enquête vor fast 50 Jahren wird eine enge verbindliche Zusammenarbeit aller an der Versorgung psychisch erkrankter Menschen gefordert, vor allem um der Benachteiligung von Menschen mit komplexem Bedarf entgegenzuwirken. Kliniken haben meist feste Einzugsbereiche, viele anderen Anbieter der psychosozialen Versorgung aber nicht. Vielerorts dominieren privat- und markt-wirtschaftliche Interessen. Fehlanreize und mangelnde Steuerung vergeuden Ressourcen. Gerade unter den Bedingungen des Fachkräftemangels wird verbindliche Kooperation alternativlos. Wenn wirklich eine verbindliche Zusammenarbeit gelingt, hat das beeindruckend positive Konsequenzen – vor allem für die Benachteiligten. Welche Menschen sind es, die darauf am meisten angewiesen sind? Welche Rolle spielt die Forensik dabei? Wie schaffen wir Verbindlichkeit und lassen doch Freiheit? Wo brauchen wir die Politik?

Vermeidung von Zwang: Was noch ist notwendig – ein offener Diskurs

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Dr. Tilman Steinert (ZfP Weissenau), Prof. Dr. Sebastian von Peter (Rüdersdorf) & Gwen Schulz (Hamburg)

Zwangsmaßnahmen können nachhaltig (re)traumatisieren. Deren Rate ist in Deutschland erschreckend hoch, situativ und regional aber sehr ungleich. Der Unterschied hat nicht nur mit den Patienten, sondern vor allem mit Institutionen, mit Haltung und Strukturen zu tun. Was genau hilft Zwang zu vermeiden? Welche Beziehungskultur, welche „weichen Mittel“, welche Strukturen, welche politischen Entscheidungen? Die Herausforderung liegt nicht nur bei den Kliniken, schon gar nicht nur bei Akutstationen. Was können und müssen Regionen gemeinsam tun, um Fortschritte zu etablieren? Welche Unterstützung kann und muss die Politik liefern? Welche Reflexion der eigenen Rolle und des Auftrags der Psychiatrie ist hilfreich? Was passiert, wenn sich die Psychiatrie vom Zwang verabschiedet? Welche Probleme bringt zusätzlich der Fachkräftemangel? Mehr Gefängnis und Forensik können nicht die Lösung sein; doch ein gesellschaftlicher Diskurs zu den möglichen Alternativen tut bitter not.

Trialogischer Austausch zur Psychiatrie der Zukunft – Offener Dialog als Maßstab?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Gwen Schulz (Genesungsbegleiterin), Marion Ryan (Angehörigen-Begleiterin) & Dr. Sabine Schütze (ehemalige Oberärztin und Open-Dialogue-Trainerin)

Wie soll die Psychiatrie der Zukunft aussehen? Sind die geschilderten Erfahrungen vorbildlich? Was noch ist wichtig, damit wir jenseits starrer Rollen „Mensch bleiben“ und Zwang unnötig machen? Welche Irrwege sind zu meiden? Wie kann die Psychiatrie attraktiver und offener werden – für Mitarbeiter:innen und für die, die sie am meisten brauchen? Wie entstehen mehr Raum und mehr Bereitschaft für das, was am Ende entscheidet, für menschliche Begegnung?

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. auf dem Kolloquium “Passt nicht gibt’s nicht!” am 11. Juli 2023 in Berlin

Verständnis für die Situation von sogenannten „Systemsprenger*innen“, „High Utilizer“ entwickeln

Am 11. Juli 2023 veranstaltet der Paritätische Gesamtverband in Berlin das Kolloquium “Passt nicht gibt’s nicht! Gemeinsam Perspektiven für junge Menschen mit hohem Hilfebedarf und herausforderndem Verhalten entwickeln”. Gemeinsam mit Selbstvertreter*innen und Paritätischen Kolleg*innen aus Jugendhilfe, psychiatrischen Hilfen und Suchthilfe soll arbeitsfeldübergreifend ein gemeinsames Verständnis für die Situation von sogenannten „Systemsprenger*innen“, „High Utilizer“ vor dem Hintergrund der eigenen professionellen Haltung entwickelt werden. Hierbei werden auch die Möglichkeiten der Zusammenarbeit an den Schnittstellen der jeweiligen Arbeitsfelder genauer in den Blick genommen und Perspektiven für eine Weiterentwicklung der Angebote entwickelt.

Auch der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. beteiligt sich im Rahmen eines Workshops zum Thema “Beziehungen gestalten und leben” mit Frank Hammerschmidt und Karsten Giertz am Kolloquium.

Weitere Informationen zum Programm und zur Veranstaltung finden Sie hier.

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. auf der Fachtagung „Systemsprenger*innen – Fehler im System?“ am 07. Juli 2023 in Tübingen

Die Schwierigsten zuerst! Dieser alte sozialpsychiatrische Leitsatz wird leider in der Praxis kaum umgesetzt. Menschen, die auf Grund ihrer psychischen Erkrankung einen besonders komplexen Assistenzbedarf haben, nicht gut in Gruppen leben können, starke Suchterscheinungen oder herausforderndes Verhalten aufweisen oder zusätzlich im größeren Umfang pflegerische Unterstützung benötigen, finden in vielen Region oftmals kein passendes Angebot.

Aus diesem Grund veranstaltet der Verein Sozialpsychiatrie e.V. am 07. Juli 2023 in Tübingen unter dem Motto „Systemsprenger*innen – Fehler im System? Auf dem Weg zu einem sozialpsychiatrischen Angebot für Menschen, für die es in der Region (noch) kein passendes Angebot gibt“ eine Fachveranstaltung. Neben mehreren Fachexpert*innen beteiligt sich auch der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. mit der Mitarbeiterin Lisa Große im Rahmen von zwei Fachvorträgen zur wissenschaftlichen Forschung und zu möglichen Unterstützungsformen für diese Zielgruppe an der Fachtagung.

Weitere Informationen zur Anmeldung und zum Programm finden Sie hier.  

Broschüre Wirksamer Gewaltschutz in der Eingliederungshilfe in leichter Sprache und für Fachkräfte

Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet dazu, jede Form von Gewalt und Missbrauch zu verhindern. Studien zeigen jedoch, dass dies nicht der gelebten Realität entspricht und Menschen mit Behinderungen einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt sind, Gewalterfahrungen zu machen. Besonders Frauen, die in Institutionen leben, sind von verschiedenen Gewaltformen betroffen.

Der Gesetzgeber hat im Juni 2021 durch die Einführung des § 37a SGB IX die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe dazu verpflichtet, geeignete Maßnahmen zum Gewaltschutz zu entwickeln. Er verpflichtet die Rehabilitationsträger dazu, darauf hinzuwirken, dass der Schutzauftrag durch die Leistungserbringer umgesetzt wird.
Was aber ist eine wirkungsvolle Umsetzung des § 37a SGB IX? Bisher sind keine verbindlichen Kriterien für Gewaltprävention und Gewaltschutz im Gesetz beschrieben. Mindeststandards für eine qualitätsgesicherte Umsetzung sind nicht definiert. Hier soll diese Broschüre zur Implementierung und Bewertung wirksamer Gewaltschutzkonzepte in der Eingliederungshilfe nach § 37a SGB IX eine erste Brücke schlagen und Unsicherheiten abbauen.

Die Broschüre wurde von der Arbeitsgruppe 33 des Landespräventionsrates Schleswig-Holstein, dem PETZE-Institut für Gewaltprävention gGmbH und dem damaligen Landesbeauftragen für Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein in Orientierung an den Landesrahmenvertrag SGB IX SH erarbeitet. Die Broschüre kann hier für Fachkräfte und in leichter Sprache abgerufen werde.

Digitales Programm Landesweite Gedenkveranstaltung “ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN” 2023

ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN

Landesweite Gedenkveranstaltung 2023


Der 27. Januar gilt als internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust sowie als nationaler Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Seit 2008 steht dieser Tag auch im Zeichen der Opfergruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie geistigen und körperlichen Behinderungen, die im Rahmen der T4-Aktionen in der Zeit des Nationalsozialismus umgebracht oder dauerhaft geschädigt wurden. In trialogischer Zusammenarbeit veranstaltet der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. seit 2008 gemeinsam mit verschiedenen regionalen Kooperationspartner*innen und Akteur*innen die Landesweite Gedenkveranstaltung „ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN” in Gedenken an die Opfer der „Euthanasie“ und Zwangssterilisierungen in Mecklenburg-Vorpommern in der Zeit des Nationalsozialismus.

Wir laden Sie herzlich ein, gemeinsam mit allen beteiligten Akteur*innen am nationalen Gedenktag für die NS-Opfer zu erinnern, zu trauern und wachzurütteln.

Im Namen der Veranstalter*innen

Grußwort

Stefanie Drese

Ministerin für Soziales, Gesundheit und Sport der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern

Eröffnung

Sandra Rieck

Im Namen der Veranstalter*innen und als Vorsitzende des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Beitrag aus der Perspektive von Menschen mit Behinderungen

Undine Gutschow

EX-IN Erfahrungsexpertin aus Wismar

Filmischer Beitrag

„Der schöne leichte Tod“ aus dem Jahr 1994 vom Regisseur und Grimme-Preisträger Michael Krull

Rückblick Landesweite Gedenkveranstaltung 2023: Bilder des Gedenkens aus den verschiedenen Regionen von Mecklenburg-Vorpommern

Fachtag Systemsprenger – Das Eckige passt ins Runde 21. & 22. Februar 2023 in Stralsund

Fachkräfte in der Jugendhilfe und den dazugehörigen Diensten, werden regelmäßig mit Jugendlichen bzw. deren Bezugspersonen konfrontiert, die als sogenannte Systemsprenger deklariert werden. Doch was bedeutet es, als Systemsprenger bezeichnet zu werden? – Sprengen sie das System oder sprengt das System sie?

Das Phänomen und das Theoriekonstrukt der Systemsprenger beschäftigt seit Jahren die Jugendhilfe in allen Bereichen. Deswegen sieht die Chamäleon Akademie die Notwendigkeit, dass Expert*innen und Fachleute aus allen Bereichen der Hilfen zur Erziehung zu einem Fachtag zusammenkommen. Gemeinsam mit dem Experten und bundesweiten Fachmann Herrn Prof. Dr. Baumann veranstaltet die Akademie des CHAMÄLEON Stralsund e.V. am 21. und 22. Februar 2023 einen zweitägigen Fachtag inkl. Unterschiedlichen Workshops in der Alten Fischfabrik (Alte Richtenberger Str. 4, 18437 Stralsund).

Innerhalb dieser zwei Tage sollen sich die Teilnehmer*innen kritisch-konstruktiv mit der Theorie der „Systemsprenger“ auseinandersetzen. Dabei wird insbesondere der intensivpädagogische Kontext in einer methodischen Rahmung aufgezeigt. Zusätzlich sollen Einblick in die tragfähige Biografiearbeit gewährleistet sowie die diagnostischen Leitideen in der pädagogischen Arbeit vorgestellt werden.

Die Teilnahme an dem Fachtag kostet 239,- € inkl. MwSt. Für alle Frühbucher*innen wird ein Early-Bird-Rabatt für einen Gesamtpreis von 199,- € inkl. MwSt. (der Rabatt gilt für alle Anmeldungen bis einschließlich 23.12.2022) gewährt. Das vollständige Programm, das Anmeldeformular und alle weiteren Informationen finden Sie unter folgendem Link und in dem dazugehörigen Veranstaltungsflyer:

Rückblick zur Lesungsveranstaltung der Stiftung Soziale Psychiatrie zum Buch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen”

Professionell Tätige werden in der psychosozialen und psychiatrischen Praxis immer wieder mit Patient*innen und Klient*innen konfrontiert, zu denen es einfach nicht gelingt einen angemessenen Zugang zu finden und die die Mitarbeitenden regelmäßig an die professionellen Grenzen bringen. Zur Bezeichnung dieser Zielgruppe hat sich in der Fachliteratur der Klinischen Sozialarbeit der kontrovers diskutierte Begriff “hard to reach” (dt. schwer erreichbar) durchgesetzt. Gemeint sind Klient*innen oder Patient*innen mit komplexen Problemlagen, komorbiden Erkrankungen, herausfordernden Verhaltensweisen und existenziellen Schwierigkeiten, welche aus der Perspektive der Professionellen eine Integration in die bestehenden Behandlungs- und Unterstützungsangebote erschweren. Oftmals wirken bei Ihnen psychische Erkrankungen und Beeinträchtigungen in der Lebenswelt zusammen, wodurch sie häufig von Exklusionsprozessen bedroht sind und nicht in der beabsichtigten Weise von den vorhandenen Unterstützungsangeboten profitieren.

Unter dem Motto “Systemfehler? Schwer zu erreichen ist nicht unerreichbar” fand in diesem Jahr die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V. (DGSP) in Leipzig statt. In Anlehnung an das von Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), Lisa Große (Alice Salomon Hochschule Berlin) und Silke B. Gahleitner (Alice Salomon Hochschule Berlin) 2021 herausgegebene Fachbuch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen”, beschäftigte sich die Fachtagung kritisch mit der aktuellen Versorgungssituation von sogenannten Hard-to-reach-Klient*innen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung. Zur Einstimmung in die Thematik organisierte die Stiftung Soziale Psychiatrie am Tagungsvorabend gemeinsam mit den Herausgebenden Lisa Große und Karsten Giertz eine Lesungsveranstaltung zum Buch “Hard to reach: schwer erreichbare Klientel unterstützen”. In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmer*innen wurden verschiedene fachliche Perspektiven und Handlungsbedarfe bei dieser Zielgruppe diskutiert.

Weitere Informationen zur Stiftung Soziale Psychiatrie finden Sie hier. Informationen zum Buch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen” und zu den Herausgebenden können Sie hier abrufen.

“Systemfehler? Schwer zu erreichen ist nicht unerreichbar” – Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. auf der Jahrestagung der DGSP 2022

Professionell Tätige werden in der psychosozialen und psychiatrischen Praxis immer wieder mit Patient*innen und Klient*innen konfrontiert, zu denen es einfach nicht gelingt einen angemessenen Zugang zu finden und die die Mitarbeitenden regelmäßig an die professionellen Grenzen bringen. Zur Bezeichnung dieser Zielgruppe hat sich in der Fachliteratur der Klinischen Sozialarbeit der kontrovers diskutierte Begriff “hard to reach” (dt. schwer erreichbar) durchgesetzt. Gemeint sind Klient*innen oder Patient*innen mit komplexen Problemlagen, komorbiden Erkrankungen, herausfordernden Verhaltensweisen und existenziellen Schwierigkeiten, welche aus der Perspektive der Professionellen eine Integration in die bestehenden Behandlungs- und Unterstützungsangebote erschweren. Oftmals wirken bei Ihnen psychische Erkrankungen und Beeinträchtigungen in der Lebenswelt zusammen, wodurch sie häufig von Exklusionsprozessen bedroht sind und nicht in der beabsichtigten Weise von den vorhandenen Unterstützungsangeboten profitieren.

Unter dem Motto “Systemfehler? Schwer zu erreichen ist nicht unerreichbar” findet in diesem Jahr zwischen dem 09. bis 12. November 2022 in Leipzig die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V. (DGSP) statt. In Anlehnung an das von Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), Lisa Große (Alice Salomon Hochschule Berlin) und Silke B. Gahleitner (Alice Salomon Hochschule Berlin) 2021 herausgegebene Fachbuch Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen, beschäftigt sich die Fachtagung kritisch mit der aktuellen Versorgungssituation von sogenannten Hard-to-reach-Klient*innen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung.

Der Fokus der Fachtagung setzt sich kritisch mit den Strukturen der aktuellen Unterstützungsangebote auseinander, die oftmals für viele Menschen schwer zu erreichen sind. Wer erreicht und wer verfehlt hier wen? Welche Barrieren verwehren diesen Menschen die Nutzung von Angeboten, die helfen könnten, warum gibt es diese Hürden und worin bestehen sie? Wo fängt der Verantwortungsbereich der Sozialpsychiatrie an? Für wen fühlen sich in der sozialpsychiatrischen Landschaft Tätige zuständig?

Gemeinsam mit den Buchautor*innen Karsten Giertz, Lisa Große und Silke B. Gahleitner findet zur Einstimmung in die Thematik am 09. November 2022 über die Stiftung für Soziale Psychiatrie die Veranstaltung “Hard to reach: schwer erreichbare Klientel unterstützen” statt. Das vollständige Tagungsprogramm und weitere Informationen zur Veranstaltung sind hier auf der Internetseite der DGSP zu finden.

Vortragsreihe “Hard to reach: Was wirkt bei schwer erreichbaren Klient:innen?” auf der 11. Fachtagung Klinische Sozialarbeit am 09. und 10. Juni 2022 in Olten

Professionell Tätige in der psychosozialen Praxis kennen sie alle: Klient*innen, zu denen es einfach nicht gelingt einen Zugang zu finden und die die Mitarbeitenden regelmäßig an die professionellen Grenzen bringen. In der Klinischen Sozialarbeit hat sich zur Bezeichnung dieser Klientel der kontrovers diskutierte Begriff „hard to reach“ durchgesetzt. Hard-to-reach-Klient*innen zeichnen sich durch komplexe Problemlagen wie chronisch verlaufende psychische Störungen, existenzielle Schwierigkeiten, Stigmatisierung, herausfordernde Verhaltensweisen, kaum oder keine familiären oder freundschaftlichen Kontakte aus. In hohem Maße wirken bei Ihnen psychische Erkrankungen und Beeinträchtigungen in der Lebenswelt zusammen, wodurch sie häufig von Exklusionsprozessen bedroht sind. Aufgrund der komplexen Unterstützungsbedarfe sind Sozialarbeitende aufgefordert, dieser Klientel besondere Angebote zu unterbreiten. Allerdings liegen bisher wenige Erkenntnisse über die Wirkfaktoren und Wirkungen von speziellen Angeboten für diese Zielgruppen vor.

Am 09. und 10. Juni 2022 fand an der Fachhochschule FHNW in Olten (Schweiz) die 11. Fachtagung Klinische Sozialarbeit zum Thema Wirkung statt. Im Rahmen einer Vortragsreihe wurden verschiedene Forschungsprojekte vorgestellt, welche Sie mit den Wirkfaktoren und der Wirkung von sozialarbeiterischen Interventionen und spezifischen psychosozialen Angebotsformen bei Hard-to-reach-Klient*innen beschäftigen. Ausgehend davon wurde die aktuelle Versorgungssituation dieser Klientel kritisch diskutiert und Konsequenzen für Verbesserungen aufgezeigt.

Prof. Dr. Chris Romanowski-Kirchner, Karsten Giertz & Lisa Große (von links nach rechts)

Zu Beginn arbeiteten Lisa Große (ASH Berlin, European Centre of Clinical Social Work e.V.) und Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., European Centre of Clinical Social Work e.V.) ausgehend von einer systematischen Übersichtsarbeit zur internationalen und nationalen Forschung eine Begriffsdefinition von Hard-to-reach-Klient*innen heraus und diskutierten spezifische Herausforderungen in der Versorgung und psychosozialen Unterstützung bei dieser Zielgruppe.

Prof. Dr. Christopher Romanowski-Kirchner (DHBW Heidenheim) stellte die Ergebnisse einer qualitativen Studie mit ehemaligen Nutzer*innen vor, die in ihrer durch mehrfache Abbrüche geprägten Hilfebiografie sehr unterschiedliche Erfahrungen mit sozialarbeiterischen (Erziehungs- und Eingliederungshilfen), psychotherapeutischen und psychiatrischen Angeboten machen durften und mussten. Darauf aufbauend tauschten sich die Teilnehmer*innen über die Erreichbarkeitspotenziale sowie über die Herausforderungen des spezifischen klinisch-sozialarbeiterischen Zugangs aus.

Prof. Dr. Vera Taube (Fachhochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt) forschte zur pädagogischen Handlungspraxis mit schwer erreichbaren Jugendlichen in intensivpädagogischen Auslandsmaßnahmen. Aus der Analyse von Schlüsselsituationen im Betreuungsalltag entstand das Modell des „Erlebnislabors”. Dieses Modell schließt an die Denkfigur der pädagogischen Provinz an und beschreibt die Konstruktion des pädagogischen Raums. Hier werden ethische Fragen nach Macht als Erziehungsmittel und deren Balance durch die pädagogischen Beziehungen aufgeworfen, die im Anschluss zur Diskussion gestellt wurden.

Die Tagungsdokumentation und die Präsentationen zu den Beiträgen sowie zu weiteren Vortragsreihen können auf der Internetseite der FHNW abgerufen werden.

Fachtagung der BAG GPV “Unterbringung in besonderen Wohnformen (nach § 1906 BGB) – Perspektive oder Sackgasse?” am 27. und 28. Juni 2022

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde (BAG GPV) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Vermeidung von Zwang und Gewalt im psychiatrischen Hilfesystem“.

Von 2016 bis 2019 hat die Bundesarbeitsgemeinschaft hierzu gemeinsam mit der Aktion Psychisch Kranke (APK) ein vom Bundesgesundheitsministerium gefördertes Projekt durchgeführt.

Ein wesentliches Ziel dieses Projektes bestand darin, zu prüfen, wie es gelingen kann, durch die Arbeit im GPV Zwang und Gewalt zu verringern und trotzdem die regionale Versorgungsverpflichtung umzusetzen. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen, welche praktischen, rechtlichen, strukturellen, methodischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen und vor allem welche Haltungen benötigt werden, um so wenig Gewalt und Zwang wie möglich anzuwenden, die Zahl der geschlossenen Wohnheimplätze so gering wie möglich zu halten und diese in den GPV zu integrieren.

Mit der Tagung will die BAG GPV unter anderem den Fragen nachgehen, inwieweit geschlossene Wohnformen in der Eingliederungshilfe notwendig sind und welche Aufgaben und Funktionen sie erfüllen.

Wie sollten diese Bausteine gestaltet sein, um so wenig wie möglich die Rechte auf Selbstbestimmung der Betroffenen einzuschränken und so weitgehend wie möglich die Orientierung am Individuum (Personenorientierung) umzusetzen.

Kann Soziale Teilhabe im Freiheitsentzug gefördert werden? Damit verbindet sich unweigerlich die Frage, wie Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1906 BGB aussehen können und wie diese im regionalen Verbund umgesetzt werden können.

Weitere Informationen zur Anmeldung sowie das detaillierte Programm zur Tagung finden Sie hier.