“Leben und Denken in Zeiten politischer Unruhe” – Der internationale Frauentag im Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

“Leben und Denken in Zeiten politischer Unruhe” – Der internationale Frauentag im Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Zum 111 mal fand in diesem Jahr am 8. März 2022 der Weltfrauentag statt. Im Zusammenhang mit dem Kampf um Gleichberechtigung und mit der Emanzipation sowie mit der Einführung des Wahlrechts für Frauen wurde der internationale Frauentag 1911 zum ersten Mal in Deutschland, Dänemark, Österreich, der Schweiz und in den USA ausgerichtet. Die Vereinten Nationen führten den Frauentag schließlich 1921 als regelmäßigen jährlichen Welttag am 8. März ein.

Auch die Mitarbeiter*innen des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. widmeten sich anlässlich des internationalen Frauentages im Rahmen einer Teamveranstaltung (unter der Berücksichtigung der pandemiebedingten Schutzmaßnahmen) am späten Nachmittag des 8. März aktuellen sozialpolitischen Themen und gesellschaftlichen Ereignissen. Wie im vergangenen Jahr bildete dabei eine berühmte Philosophin den Ausgangspunkt der Veranstaltung. Unter dem Motto “Leben und Denken in Zeiten politischer Unruhe” wurde in diesem Jahr das Leben und das Werk der ungarischen Philosophin Ánges Heller und ihr Wiederstand gegenüber totalitären Regimen und Diktaturen sowie ihr Engagement für ein freies und pluralistisches Europa gewürdigt.

1929 wurde Ágnes Heller in eine bürgerliche jüdisch-ungarische Familien hineingeboren. Während der Besetzung von Ungarn durch die Nationalsozialisten ab 1944 entging Ágnes Heller mehrmals einer Inhaftierung und entkam nur knapp einer Massenerschießung an der Donau. Viele ihrer Familienangehörigen wurden in dieser Zeit deportiert und in Auschwitz ermordet. Nur ihrw Mutter überlebte. Nach dem Krieg studierte Ágnes Heller beim renommierten ungarischen Philosophen Georg Lukács. Sie wuchs schnell zur intellektuellen Figur heran und kam in Konflikt mit dem kommunistischen Regime. Viele ihrer Bücher wurden unter dem sowjetischen Regime in Ungarn nicht veröffentlicht und ihre universitäre Lehrtätigkeit musste sie zeitweise einstellen. 1977 emigrierte Ágnes Heller nach Australien. Dort begann sie ein komplett neues Leben. Sie lehrte als Professorin für Soziologie in Melbourne und dann als Nachfolgerin von Hannah Arendt 1984 Philosophie an der renommierten New School of Social Research in New York.

So vielseitig wie ihr Leben so vielseitig ist auch ihre Philosophie. Im Laufe ihres Lebens schrieb Ágnes Heller unzählige Bücher und Aufsätze über sehr unterschiedliche Themen wie Gefühle, Instinkte, Ethik, Geschichtsphilosophie, Politik oder Literatur. Stets wurde ihr Denken von den Erlebnissen in der Zeit des von den Nationalsozialisten besetzten Ungarns und durch das Wissen um die Verbrechen der sowjetischen Diktatur beeinflusst. Neben Hanna Arendt gehört Ágnes Heller zu jenen Denker*innen für die Philosophie und Politik grundsätzlich zusammengehören. So engagierte sie sich in zahlreichen politischen Debatten und mischte sich zuletzt auch in die ungarische Politik ein. Im Juli 2021 ist Ágnes Heller im Alter von 90 Jahren bei einem Schwimmausflug im Balaton ums Leben gekommen.

Einen Einblick in das Leben und Denken von Ágnes Heller finden Sie hier in einem Interview mit Ludger Hagedorn aus dem Institut für die Wissenschaften vom Menschen.

Online-Fachtagung Genesungsbegleitung in Mecklenburg-Vorpommern am 16. März 2022

„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“ (Franz Kafka) – unterschiedliche Wege von EX-IN Genesungsbegleiter*innen in der psychosozialen Versorgung. So lautet das Motto der Online-Fachtagung am 16. März 2022, zu der der Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Landkreis Vorpommern-Rügen ganz herzlich einladen.

Seit 2005 gibt es in Deutschland die Idee von EX-IN. EX-IN ist die Abkürzung für „Experienced Involvement“ und heißt wörtlich übersetzt „Beteiligung Erfahrener“. In der Praxis hat sich die Bezeichnung Genesungsbegleiter*in durchgesetzt. Sie steht für eine Person, die in der Rolle eines/ einer Patient*in selbst in psychiatrischer Behandlung war, eine EX-IN-Schulung abgeschlossen hat und anderen Menschen danach durch deren Krisen hindurch begleiten und unterstützen kann.

Zahlreiche ausgebildete Genesungsbegleiter*innen sind bereits in Deutschland tätig. Auch in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten inzwischen Expert*innen aus Erfahrung in Kliniken und in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe. Diese haben zuvor beim Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V., der seit 2017 existiert, erfolgreich einen EX-IN Kurs absolviert. Nach wie vor ist die Einstellung von und zu Genesungsbegleiter*innen regional sehr unterschiedlich ausgeprägt und hängt in der Regel von der individuellen Einstellung der handelnden Personen ab.

Mit dem Fachtag möchte der Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Landkreis Vorpommern-Rügen den Teilnehmer*innen eine konstruktive Auseinandersetzung mit diesen Themen ermöglichen. Im Rahmen der Fachtagung sollen die wesentlichen Fragestellungen, Erfahrungen, aber auch die herausfordernden Aspekte, wie Vorbehalte, Nähe und Distanz, Ausbildungs- versus Erfahrungsperspektive etc. in der Zusammenarbeit zwischen EX-IN Genesungsbegleiter*innen und Fachkräften der sozialpsychiatrischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern beleuchtet und diskutiert werden.

In den fünf Foren berichten die Genesungsbegleiter*innen über ihren Weg zur EX-IN Bewegung sowie über ihre bisherigen Erfahrungen mit der Weiterbildung und Anstellung. Gleichzeitig erhalten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit mit den Genesungsbegleiter*innen und Arbeitgeber*innen ins Gespräch darüber zu kommen, welche Probleme und Vorbehalte auf beiden Seiten bestehen und wie eine Zusammenarbeit gelingen kann.

Die Online-Fachtagung richtet sich an Mitarbeiter*innen in Verwaltungen bzw. von Rehaträgern, Fachkräfte aus der sozialpsychiatrischen Versorgung, Psychiatrieerfahrene, potentielle Arbeitgeber*innen, Angehörige / Betreuer*innen von Psychiatrieerfahrenen und sonstige an EX-IN interessierte Personen!

Weitere Informationen zum Programm und zu den Anmeldemodalitäten dieser kostenlosen Veranstaltung finden Sie hier oder auf der Webseite von EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. und im folgenden Flyer.