Rückblick auf die Online-Fachtagung: Genesungsbegleitung in Mecklenburg-Vorpommern

Rückblick auf die Online-Fachtagung: Genesungsbegleitung in Mecklenburg-Vorpommern

Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.”

Unter diesem zuversichtlichen und lebensbejahenden Motto des Schriftstellers Franz Kafka fand am 16. März zwischen 09:00 und 14:30 Uhr die Fachtagung “Genesungsbegleitung in Mecklenburg-Vorpommern” statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. in Kooperation mit der Psychiatriekoordination des Landkreises Vorpommern-Rügen. Im Studio der Gesellschaft für Bildung, Erziehung und Gesundheit wurde die Veranstaltung aus Rostock für alle interessierten Teilnehmer*innen live übertragen. Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. unterstützte die Veranstalter*innen bei der Dokumentation der Tagung.

Die Fachtagung “Genesungsbegleitung in Mecklenburg-Vorpommern” befasste sich mit wesentlichen Fragestellungen hinsichtlich der Beschäftigung und Ausbildung von Genesungsbegleiter*innen in den sozialpsychiatrischen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten von Mecklenburg-Vorpommern. Zudem berichteten mehrere Genesungsbegleiter*innen zusammen mit ihren Arbeitgeber*innen aus Mecklenburg-Vorpommern über ihre persönlichen Erfahrungen in der EX-IN-Qualifizierung, in der Zusammenarbeit mit anderen psychiatrischen Fachkräften oder auch in der direkten Arbeit mit Klient*innen und Patient*innen.

Gemeinsam eröffneten Dr. Kristin Pomowski (Vorstandvorsitzende des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V.). und Carolin Langbein (Psychiatriekoordinatorin des Landkreises Vorpommern-Rügen) die Fachtagung und führten die Teilnehmer*innen durch den Tag. Die Fachbereichsleiterin für öffentliche Ordnung, Gesundheit und Schulen des Landkreises Vorpommern-Rügen, Kathrin Meyer, gab zu Beginn der Fachtagung in ihrem Grußwort einen Einblick in die Entwicklung der EX-IN-Bewegung in Deutschland sowie auf die Entwicklung der EX-IN-Bewegung speziell in Mecklenburg-Vorpommern. Dabei machte sie neben den deutlichen Chanchen auch auf die allgemeinen Schwierigkeiten bei der Implementierung von peergeleiteten Unterstützungsangeboten aufmerksam, welche besonders mit Ängsten und Vorbehalten aufseiten der professionellen Fachkräfte in Verbindung stehen.

Der Geschäftsführer des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., Karsten Giertz, ging in seinem Grußwort auf die Bedeutung der EX-IN-Bewegung sowie auf die verschiedenen Formen von Partizipation und Peersupport im Zusammenhang mit der Umsetzung einer menschenrechts- und personenzentrierten psychiatrischen Versorgung ein. Hier wies er auf das besondere Engagement der ehrenamtlichen Mitglieder, des Vorstandes sowie der Projektmitarbeiter*innen des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. in Mecklenburg-Vorpommern hin, die mit ihren Aktivitäten und Initiativen dazu beitragen, dass die Belange von Menschen mit psychischen Erkrankungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung von Mecklenburg-Vorpommern Gehör finden.

Dr. Deborah Janowitz (Chefärztin im Helios Hanseklinikum Stralsund) berichtete in ihrem Fachbeitrag von ihren persönlichen Erfahrungen in England, wo der Einsatz von Genesungsbegleiter*innen aber auch allgemein die Partizipation von Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Gesundheitsversorgung und in der Behandlung viel stärker ausgeprägt und gesetzlich verankert sind als in Deutschland. In ihrem Vortrag machte sie auf die positiven Effekte von Peersupport und Partizipation (z. B. Krisenreduktion, Förderung der Recovery, Verbesserung der Personenzentrierung im gesamten Team) in der psychiatrischen Versorgung aufmerksam, verwies jedoch auch auf die persönlichen Herausforderungen mit denen Genesungsbegleiter*innen in der Praxis oftmals konfrontiert werden (z. B. Nähe und Distanz kann verschwimmen, Überlastung, Vorbehalte bei den Kolleg*innen).

Nach einer kurzen Pause berichtete Eva Ziegler-Krabel (EX-IN Bayern e.V., Vorstand Angehörige psychisch Kranker, ihrer Freunde und Förderer München e.V.) sehr eindrücklich über die Entwicklung und Perspektiven von EX-IN im Bundesland Bayern. Im Anschluss stellte Franziska Streiber (Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V.) die aktuellen Entwicklungen und Initiativen des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. in Mecklenburg-Vorpommern seit seiner Gründung 2017 vor.

Den dritten Teil der Fachtagung bildeten fünf moderierte Foren in denen mehrere Genesungsbegleiter*innen Einblick in über ihren Weg zur EX-IN-Bewegung sowie ihre persönlichen Erfahrungen mit der Qualifizierung, Arbeit und Anstellung in den unterschiedlichen Settings der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung (Allgemeinpsychiatrie, telefonische Beratung, Eingliederungshilfe, Forensik) gaben Dabei hatten die Tagungsteilnehmer*innen die Möglichkeit mit den einzelnen Genesungsbegleiter*innen und zum Teil ihren Arbeitgeber*innen in den Austausch zu gehen.

Alle Beteiligten im GeBEG-Studio in Rostock

Im Rahmen der Fachtagung wurde deutlich, dass das Interesse an der EX-IN-Qualifizierung sowie an der Beschäftigung von Genesungsbegleiter*innen in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur bei vielen psychiatrieerfahrenen Menschen, sondern auch bei vielen Leistungsanbietern der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung groß ist. Um die Implementierung von Genesungsbegleiter*innen in Mecklenburg-Vorpommern weiter voranzutreiben, müssen jedoch weiterhin die professionellen Fachkräfte der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung über die Hintergründe von Peersupport, über gelingende Umsetzungsstrategien sowie über positive Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Genesungsbegleiter*innen informiert werden, um bestehende Vorbehalte und Unsicherheiten bei der Implementierung abzubauen. Zudem bestehen in Mecklenburg-Vorpommern immer noch keine stabilen Finanzierungsmöglichkeiten, um Genesungsbegleiter*innen auszubilden/ zu qualifizieren und dann anschließend in der Praxis als gleichwertige Mitarbeitende einzustellen. Hier bedarf es weiterhin sozialpolitischen Engagements, um die Anerkennung von Genesungsbegleiter*innen voranzutreiben.

Die Videovorträge und die komplette Tagungsdokumentation werden in wenigen Wochen auf der Internetseite des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. veröffentlicht.

Borderline-Trialog MV online am 21. April 2022

Am 21. April findet zwischen 18:00 und 20:00 Uhr wieder der Borderline-Trialog MV online über Senfcall statt. Zu den Zielgruppen gehören Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, ihre Angehörigen und Freunde sowie professionell Tätige und Personen, die am Thema interessiert sind.

Im Rahmen des Trialogs geht es darum einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch zwischen Menschen mit und ohne psychischen Erkrankungen zu ermöglichen. Der gemeinsame Austausch bildet unter anderem die Grundlage, um die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft zu minimieren und ein besseres Verständnis füreinander aufzubringen. Der Borderline-Trialog ist keine Vortragsveranstaltung. Hier kommen alle zu Wort, die etwas sagen möchten, aber nicht müssen. Des Weiteren ist der Trialog kein Therapieersatz, sondern vielmehr eine therapeutische Ergänzung und ein wichtiger Stützpfeiler für Menschen mit psychischen Erkrankungen, ihren Angehörigen oder auch für professionelle Mitarbeiter*innen.

Weitere Informationen zum Ablauf und zur Anmeldung können Sie über diese E-Mail-Adresse erfragen: Borderline-Trialog-MV.CL@web.de

Den Flyer mit den wichtigsten Informationen finden Sie hier:

Planungshilfe für deeskalierende psychiatrische Akutstationen

Der Einsatz von Zwangsmaßnahmen und -behandlungen in der Psychiatrie wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Anlass bilden unter anderem die UN-Behindertenkonvention sowie mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes, welche jegliche Formen von Zwangsmaßnahmen und -behandlungen aufgrund einer psychischen Erkrankung als verfassungswidrig beurteilen. Im Zuge dieser politischen und fachlichen Diskussion kam es zu einer Anpassung der rechtlichen Grundlagen. Darüber hinaus entstanden mehrere Initiativen von Forschungseinrichtungen und Fachgesellschaften hinsichtlich der Prävention und Vermeidung von Zwangsmaßnahmen sowie der Entwicklung von Alternativen.

Zahlreiche Forschungsaktivitäten berichten, dass auch die architektonische und bauliche Gestaltung von psychiatrischen Stationen einen maßgeblichen Einfluss auf das therapeutische Milieu sowie auf die Häufigkeit von aggressiven Zwischenfällen, Fixierungen und Isolierungen haben kann. So können zum Beispiel eine größere Raumaufteilung mit Rückzugsräumen, mehr Tageslicht auf den Stationen, eine größere Übersicht, werthaltige Möbel oder auch eine wohnlichere Ausstattung dazu beitragen, aggressive Vorfälle zu verringern und die Sicherheit für Patient*innen und Mitarbeiter*innen zu verbessern.

Ausgehend von wissenschaftlichen Studien, Best-Practice-Beispielen und den Erfahrungen von Expert*innen des Landesfachbereites Psychiatrie von Niedersachsen veröffentlichte das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung die Planungshilfe deeskalierende psychiatrische Akutstationen, die bei der Gestaltung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von psychiatrischen Stationen eine Orientierung für deeskalierende architektonisch-bauliche Veränderungen ermöglicht. Die Planungshilfe mit der dazugehörigen Checkliste kann hier auf der Internetseite des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung frei heruntergeladen werden.

Gemeindepsychiatrischer Fachtag “Was geht, wenn nichts mehr geht” – Wege aus der Stressfalle am 28. April 2022

Am 28. April 2002 veranstaltet der Landkreis Vorpommern-Rügen in Kooperation mit dem Gemeindepsychiatrischen Leistungserbringerverbund (GPLV) und der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (KISS) den Gemeindepsychiatrischen Fachtag, der erstmals online stattfindet.

Unter dem Motto: „Was geht, wenn nichts mehr geht“ – Wege aus der Stressfalle konnten hochkarätige und namhafte Referent*innen, wie Prof. Dr. Jutta Heller (Vortrag: „Das wirft mich nicht um: Mit Resilienz stark durchs Leben gehen“), Prof. Dr. phil. Dr. med. Andreas Hillert (Vortrag: Burnout: diesseits und jenseits der Grenzen persönlicher Leistungsfähigkeit“), Frank Berndt (Vortrag: „So bleiben Sie langfristig leistungsfähig! – wie Sie wachsende Herausforderungen meistern ohne dabei auszubrennen“) und Iris Schöpa (Interaktiver Vortrag: „Mut zur Atempause – Stress und Burnout wirkungsvoll begegnen“) gewonnen werden, die den Teilnehmerinnen einen wissenschaftlich fundierten und zugleich praxisrelevanten Überblick über Hintergründe sowie Ansätze zur Prävention und Behandlung von Stress und Burnout liefern.

Die Tagung richtet sich an Fachkräfte der psychosozialen Versorgung, Ärzt*innen und Therapeut*innen, Lehrer*innen, Erzieher*innen sowie Fachpersonen aus der Arbeitswelt, Betroffene und Angehörige sowie interessierte Bürger*innen.

Damit Betroffene und deren Angehörige aber auch alle, die beruflich oder privat an der Thematik interessiert sind, an der Fachtagung teilnehmen können, wird keine Teilnahmegebühr erhoben.

Eine Anmeldung ist bei der Psychiatriekoordinatorin Carolin Langbein unter carolin.langbein@lk-vr.de erforderlich. Der Veranstaltungsflyer mit dem Programm wird in den nächsten Wochen veröffentlicht.

Ankündigung Fachtagung Adoleszenzpsychiatrie – Teilhabechancen in Klinik und Gemeinde am 21. September 2022

Ankündigung Fachtagung Adoleszenzpsychiatrie – Teilhabechancen in Klinik und Gemeinde am 21. September 2022

Der Lebensabschnitt der Adoleszenz kann für junge Menschen mit psychischen Erkrankungen eine besondere Herausforderung werden. Neben den ohnehin mit dieser Phase verbundenen Entwicklungsaufgaben müssen junge Menschen mit psychischen Erkrankungen zusätzlich die krankheitsbedingten Belastungen bewältigen. Viele der psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter haben oftmals ihren Ursprung in der Lebensphase der Adoleszenz.

Dennoch ist die Behandlungs- und Versorgungssituation für die jungen Menschen neben unzureichenden psychiatrischen und psychosozialen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten, fehlenden Angeboten zur Prävention und Frühintervention durch Schnittstellenprobleme und Beziehungsabbrüche aufgrund der formalen Altersgrenze von 18 Jahren geprägt.

Im Rahmen des vom Ministerium für Gesundheit, Soziales und Sport geförderten Modellprojektes “Adoleszentenpsychiatrie” beschäftigt sich der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. bereits seit vielen Jahren mit der Versorgungssituation von jungen Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen.
Anlässlich der Fachtagung am 21. September 2022 “Adoleszenzpsychiatrie – Teilhabechancen in Klinik und gemeinde” werden neben allgemeinen einführenden Fachinputs zum Thema “Adoleszenzpsychiatrie” vor allem die Ergebnisse und Erfahrungen des regionalen Modellprojektes sowie die daraus abgeleiteten Empfehlungen für eine notwendige Weiterentwicklung der Versorgungssituation in Mecklenburg-Vorpommern für diese Zielgruppe vorgestellt und diskutiert.

Weitere Informationen zum Programm, zum Tagungsort und zu den Anmeldemodalitäten finden Sie demnächst unter anderem auf dieser Internetseite.

Die Ankündigung der Veranstaltung können Sie hier als PDF abrufen.

Projektleitung beim EX-IN Verein Mecklenburg-Vorpommern e.V. gesucht

Projektleitung beim EX-IN Verein Mecklenburg-Vorpommern e.V. gesucht

Der Verein „EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V.” steht für die Beteiligung von psychiatrie-erfahrenen Menschen mit dem Ziel, die Genesungsbegleitung für Menschen mit psychischen Belastungen in Mecklenburg-Vorpommern zu stärken. Im Rahmen unseres Projektes „Genesungsbegleitung M-V“ und unseres Modellprojektes „Trialogische Digitale Beratung“ werden wir durch unterschiedliche Aktivitäten und Schwerpunkte dieses Ziel weiter angehen.

Dafür suchen wir für den Projektzeitraum ab 1.5.2022 bis 31.12.2022 1
(Verlängerung der Projekte möglich)

eine Projektleitung für 25h/Woche

Ihre Aufgaben

  • Leitung zweier Projektteams mit einem partizipativen Leitungsverständnis
  • Begleitung der Projektteams bei der Entwicklung einer inklusiven Arbeitskultur
  • Umsetzung und Dokumentation der Projektschritte
  • Leitung der Weiterentwicklung und Verstetigung der Projektinhalte und -ergebnisse
  • Budgetverantwortung und Steuerung der Erstellung von Verwendungsnachweisen und Projektberichten
  • Mitwirkung bei der Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen
  • Moderation von bzw. Teilnahme an themenbezogenen Gremien
  • Kooperation mit trialogischen Initiativen/Institutionen & mit EX-IN-Absolvent*innen

Ihr Profil:

  • ein abgeschlossenes Studium der Sozialen Arbeit oder einen vergleichbaren Studienabschluss
  • Identifikation mit den Leitlinien der EX-IN Philosophie
  • Erfahrungen in der Projektarbeit und im Kontext Psychiatrie
  • Kommunikation auf Augenhöhe mit den Teammitgliedern beider Projekte
  • sichere schriftliche und mündliche Kommunikation mit Auftraggeber*innen, Fördermittelgeber*innen und Projektpartner*innen
  • Interesse an konzeptionellem Arbeiten und Organisationsprozessen
  • selbständiges, qualitäts- und termingerechtes Arbeiten
  • Bereitschaft zur Reisetätigkeit auf Landesebene
  • Belastungs-, Kommunikations-, Kooperations- und Teamfähigkeit
  • Bereitschaft zur Fortbildung

Wir bieten Ihnen eine anspruchsvolle Tätigkeit in einem lebendigen und beteiligungsorientierten Team sowie die Möglichkeit von Fortbildung.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung bis zum 10.04.2022. Bitte senden Sie uns Ihre Unterlagen an per Email an vorstand@ex-in-mv.de. Weitere Auskünfte erteilt Ihnen der Vorstand gerne, ebenfalls per Email. Wir weisen darauf hin, dass wir Bewerbungs- und Fahrtkosten nicht erstatten können.

Die Stellenausschreibung finden Sie als PDF auch hier:

Vorankündigung Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

Vorankündigung Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

In Deutschland weisen jedes Jahr etwa 28 % der Bürger*innen Merkmale von mindestens einer psychischen Erkrankung auf. Davon leiden 1 bis 2 % an den langanhaltenden und schweren Auswirkungen ihrer Erkrankung, wodurch sie deutliche Einschränkungen in den verschiedenen Funktions- und Lebensbereichen (z. B. Ausbildung, Beruf, Wohnen oder Kommunikation) und komplexe Behandlungsbedarfe aufweisen sowie medizinische
Behandlungen oder psychosoziale Unterstützungsleistungen beanspruchen.

In der Eingliederungshilfe nach §§ 90 ff. SGB IX beträgt der Anteil von Menschen mit psychischen Erkrankungen rund 51 %. Davon erhalten 71 % Unterstützung in der eigenen Wohnung und 29 % in besonderen Wohnformen. Etwa 20 % nehmen Leistungsangebote in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch. Diese Angaben machen deutlich, dass es sich bei der Gruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen im Bereich der Eingliederungshilfe, um eine bedeutende Gruppe von Nutzer*innen handelt.

Um eine personenzentrierte und am individuellen Bedarf ausgerichtete Teilhabeplanung im Bereich der Eingliederungshilfe zu ermöglichen, wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz) das Gesamtplanverfahren (§ 117 SGB IX) als ein Verfahren zur Ermittlung des Unterstützungsbedarfes nach der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) verankert.

Psychisch erkrankte Menschen weisen in der Kommunikation, in der Wahrnehmung aber auch in der Ausprägung ihrer Beeinträchtigungen besondere Bedarfe auf, wodurch Barrieren und Besonderheiten in der Umsetzung des Gesamtplanverfahrens entstehen, die eine aktive Einbeziehung der Menschen in die einzelnen Schritte des Gesamtplanverfahrens und die Koordination von Leistungen der Eingliederungshilfe erschweren können.

Im Rahmen der Qualitätsstandards zur Umsetzung des Gesamtplanverfahrens für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen möchte die Landesarbeitsgruppe Gesamtplan-/ Teilhabeplanverfahren, welche sich aus Akteur*innen der Leistungsträger, Leistungserbringer und der Selbsthilfe des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern zusammensetzt, auf die besonderen Belange in der Umsetzung und Durchführung des Gesamtplanverfahrens bei psychisch erkrankten Menschen eingehen. Die Qualitätsstandards richten sich an alle Akteur*innen, die im Antragsverfahren, in der Umsetzung des Gesamtplanverfahrens und in der Koordination von Leistungen der Eingliederungshilfe beteiligt sind.

Die Qualitätsstandards wurden in einer gestalteten Broschüre zusammengefasst. Die Broschüre wird demnächst über den Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. veröffentlicht.

Rückblick auf das Projektforum der LaKo KipsFam am 02. März 2022

Rückblick auf das Projektforum der LaKo KipsFam am 02. März 2022

Kinder aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien sind aufgrund der Erkrankung ihrer Eltern in der Entwicklung mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, wodurch ein höheres Risiko entsteht, selbst im erwachsenen Alter eine psychische Erkrankung oder andere soziale oder gesundheitliche Beeinträchtigungen zu entwickeln. Für Eltern mit psychischen Beeinträchtigungen und ihren Kindern sind in Deutschland niedrigschwellige und multiprofessionelle Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebote noch unzureichend vorhanden.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde die aktuelle Situation von Kindern mit psychisch erkrankten Eltern im Rahmen der Landeskoordination Kinder aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien (LaKo KipsFam) 2020 als versorgungsrelevantes Thema aufgenommen. Die LaKo KipsFam fördert die Entwicklung eines koordinierten und vernetzten Unterstützungssystems für psychisch und/ oder suchtbelastete Familien in Mecklenburg-Vorpommern.

Am 02. März 2022 fand am Nachmittag das Projektforum der LaKo KipsFam statt. Im Rahmen des Projektforums wurden neben einem allgemeinen Austausch zur Problematik, neue Ideen und Strategien für die Vernetzung und kooperative Zusammenarbeit in den verschiedenen Regionen von Mecklenburg-Vorpommern entwickelt, um die Situation der betroffenen Kinder, Jugendlichen und ihren Eltern zu verbessern. Mit der Unterstützung von Schabernack Zentrum für Praxis & Theorie der Jugendhilfe e.V. konnte die Veranstaltung in digitaler Form für alle interessierten Teilnehmer*innen aus Güstrow übertragen werden.

Insgesamt nahmen über 180 interessierte Teilnehmer*innen an der Veranstaltung teil, die sich aus verschiedenen Regionen von Deutschland, Österreich und Schweiz zugeschaltet haben. Maren Gäde von Schabernack e.V. unterstützte dabei alle Teilnehmer*innen bei der technischen Umsetzung. Die Projektmitarbeiterinnen der LaKo KipsFam Dr. Kristin Pomowski vom Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und Franziska Berthold von der GGP Gruppe Rostock mbH moderierten die Veranstaltung und führten alle Teilnehmer*innen durch das Programm.

Zu Beginn der Veranstaltung wurde der Trailer des Filmprojektes “Wir sind hier” der Regisseurin Andrea Rothenburg ausgestrahlt, um auf die allgemeine Situation von Kindern psychisch und/ oder suchtbelasteten Eltern aufmerksam zu machen und die Teilnehmer*innen für das Thema zu sensibilisieren. Danach eröffnete die Ministerin von Mecklenburg-Vorpommern für Soziales, Gesundheit und Sport Stefanie Drese die Veranstaltung. In ihrem Grußwort ging die Ministerin auf die besondere Lebenssituation von Kindern psychisch und suchterkrankter Menschen ein. Sie betonte die Wichtigkeit der Aktivitäten der LaKo KipsFam und beschrieb Handlungsbedarfe im Bereich der Prävention, im Bereich des Austausch zwischen Fachkräften, im Bereich Fortbildung sowie im Bereich der Entwicklung von speziellen Unterstützungsangeboten für diese Zielgruppe. Auch die Leiterin der Bildungsstätte Schabernack e.V. Dr. Susanne Braun begrüßte alle Teilnehmer*innen und wies auf den besonderen Charakter der Veranstaltung hin, der den interprofessionellen Austausch zwischen den verschiedenen regionalen Akteur*innen in der Versorgung von Kindern aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien unterstützt.

Nach den Grußwörtern gab Prof. Dr. Michael Kölch von der Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter an der Universitätsmedizin Rostock im Rahmen eines Fachvortrages einen Einblick in die bundesweite Versorgungssituation von Kindern aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien. Danach berichteten Franziska Berthold und Dr. Kristin Pomowski über die Hintergründe und über die aktuellen Aktivitäten der LaKo KipsFam.

Im Anschluss der Impulsvorträge konnten sich die Teilnehmer*innen in mehreren Markplatzcafés über verschiedene regionale Projekte und Initiativen zur Thematik informieren. Hierzu gehörten:

Nach einer kurzen Pause wurde den Teilnehmer*innen in verschiedenen regionalorganisierten und moderierten Räumen die Möglichkeit gegeben sich über die Thematik von Kindern aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien auszutauschen, sich zu vernetzen und gemeinsam Empfehlungen für eine Verbesserung der Unterstützung in den einzelnen Regionen von Mecklenburg-Vorpommern zu entwickeln. Abschließend gab Juliane Tausch einen Einblick zu den aktuellen Initiativen der Hansestadt Hamburg für Kinder aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien. Sie stellte das Projekt A:aufklaren | Expertise & Netzwerk für Kinder psychisch erkrankter Eltern des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes aus Hamburg vor und berichtete über die Projekterfahrungen. Zum Abschluss der Veranstaltung verabschiedeten Dr. Kristin Pomowski und Franziska Berthold die Teilnehmer*innen.

Im Namen der Veranstalter*innen bedanken wir uns bei allen Teilnehmer*innen, Referent*innen und Kooperationspartner*innen für den Austausch sowie für die Unterstützung der Tagung. Die Dokumentation aus den regionalen Arbeitsgruppen und Präsentationen der Vorträge werden allen Interessierten im nächsten Newsletter der LaKo KipsFam zur Verfügung gestellt. Über den unteren Button können Sie den Newsletter abonnieren:

Neuerscheinung Gewalt und ihre Folgen

Traumatisierungen durch schwere physische und psychische Gewalterfahrungen sowie durch sexuelle oder körperliche Misshandlungen gehen mit zahlreichen langfristigen gesundheitlichen Folgen einher, welche sich sowohl auf der psychischen als auch auf der körperlichen Ebene äußern.

In Deutschland wird die Prävalenz von Traumafolgestörungen zwischen 1,5 und 2 % geschätzt. Dabei weisen vor allem Zielgruppen der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung ein ausgeprägtes Risiko von traumabezogenen Störungen auf. Ungefähr 57 % der wohnungslosen Menschen, 7 bis 35 % der geflüchteten Menschen, 6 bis 21 % der Menschen in Strafvollzugsanstalten, 50 % der Menschen in Maßregelvollzugsanstalten, 30 bis 50 % der Klient*innen in der Suchthilfe, 60 % der Kinder- und Jugendlichen in Heiminstitutionen, 50 bis 80 % der Frauen mit Gewalterfahrungen in Partnerschaft und Familie und 14 bis 46 % der Menschen mit psychotischen Störungen sowie ca. 36 % der Menschen mit Persönlichkeitsstörungen berichten in klinischen Studien über Merkmale von schweren Traumafolgestörungen.

Traumabezogene Störungen gehören zu einer Gruppe von psychischen Erkrankungen, die ein hohes Chronifizierungsrisiko aufweisen und mit zahlreichen psychosozialen Beeinträchtigungen im Zusammenhang stehen. Um der Chronifizierung von psychischen Beschwerden und Symptomen sowie den langfristigen negativen Folgen entgegenzuwirken sind spezialisierte psychotherapeutische und psychosoziale Behandlungs- und Unterstützungsangebote notwendig. Aufgrund fehlender therapeutischer Möglichkeiten oder der Schwere der Traumafolgestörung ist der Zugang zu solchen notwendigen Angeboten für viele Betroffene erschwert. Bei diesen Zielgruppen sind andere Möglichkeiten der psychosozialen Unterstützung notwendig, um die Bewältigung von erlittenen Gewalterfahrungen und schweren Traumatisierungen zu ermöglichen.

Mit diesen alternativen Formen der Bewältigung und Unterstützung von traumabetroffenen Menschen beschäftigt sich das neue Buch “Gewalt und ihre Folgen: Traumafolgestörungen und Bewältigungsstrategien”, das von der Ärztin, Psychoanalytikerin und Psychotherapeutin Barbara Bojack Anfang des Jahres herausgegeben wurde. Mehrere Autor*innen aus verschiedenen Ländern und Institutionen – darunter auch aus dem Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. – beschäftigen sich mit den alternativen Unterstützungsformen für Menschen mit schweren Traumafolgestörungen.

Das Buch ist hier im ZKS Verlag für psychosoziale Medien erhältlich. Informationen über die Herausgeberin finden Sie hier. Das Vorwort und die drei ersten Beiträge von Kinikanwo Green (University of Port Harcourt), Rosemary Ogu (University of Port Harcourt), Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) und Verena Kolbe (Institut für Rechtsmedizin Rostock) können Sie hier frei einsehen.

Neues Fortbildungsangebot Adoleszentensensibles Arbeiten in der Sozialpsychiatrie

Der Lebensabschnitt der Adoleszenz kann vor allem für junge Menschen mit psychischen Erkrankungen eine besondere Herausforderung werden. Neben den ohnehin mit dieser Lebensphase verbundenen Entwicklungsaufgaben müssen junge Menschen mit psychischen Erkrankungen zusätzlich die krankheitsbedingten Belastungen bewältigen. Das ist nicht selten vor allem für die Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen selbst und ihr soziales und professionelles Umfeld eine komplexe Aufgabe.    

Um Mitarbeitende aus den verschiedenen psychosozialen und psychiatrischen Arbeitsfeldern bei der Unterstützung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen zu unterstützen, bietet der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. in diesem Jahr eine Fortbildungsveranstaltung an.  

Im Rahmen der Fortbildung werden in verschiedenen Seminaren aktuelle rechtliche Veränderungen, entwicklungspsychologische, psychiatrische und pädagogische Grundlagen sowie psychosoziale Methoden des adoleszentensensiblen Arbeitens mit jungen Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen von renommierten Expert*innen praxisnah vorgestellt. Ausgehend von den Erfahrungen der Teilnehmenden sollen darüber hinaus wichtige Methoden und Konzepte der interdisziplinären Zusammenarbeit sowie ein Überblick der bestehenden Versorgungslandschaft vermittelt werden.  

Weitere Informationen zur Fortbildung finden Sie hier im Flyer:

Informationen zu anderen Fortbildungsangeboten des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und seinen Kooperationspartner*innen finden Sie hier. Eine Übersicht zu unseren aktuellen Initiativen im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und ihren Familien finden Sie hier.