S3-Leitlinie Borderline-Persönlichkeitsstörung

Jährlich erkranken 1 bis 2 % der Menschen in Deutschland zwischen dem 18. und 60. Lebensjahr an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Dies umfasst rund 1 Million Menschen in Deutschland. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist im Wesentlichen gekennzeichnet durch eine schwere Störung der Emotionsregulation, schwere impulsive Verhaltensweisen und instabile Beziehungsmuster.

In der psychosozialen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung zählen Betroffene mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zu einer häufig anzutreffenden Gruppe von Klient*innen und Patient*innen. Obwohl mehrere Langzeitstudien hohe Remissionsraten bei den störungsspezifischen Symptomen nahe legen, weisen viele der Betroffenen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zahlreiche Beeinträchtigungen in den Bereichen psychosoziales Funktionsniveau, somatische Gesundheit, berufliche und soziale Integration auf, welche sich zumeist als sekundäre Erkrankungsfolgen darstellen und negativ auf die Lebenszufriedenheit und gesellschaftliche Teilhabe auswirken. Ein wesentlicher Faktor bei dieser Entwicklung ist die prekäre Versorgungssituation der Betroffenen im ambulanten und komplementären Bereich. Der Großteil der Behandlung findet im Rahmen von kurzfristigen stationären Kriseninterventionen statt. Dies macht deutlich, dass es bisher nur unzureichend gelungen ist, diese Gruppe angemessen in den außerklinischen Bereichen zu versorgen.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) veröffentlichte im November 2022 erstmals eine S3-Leitlinie zur Borderline-Persönlichkeitsstörung, die zahlreiche wissenschaftlich evaluierte Behandlungsempfehlungen beinhaltet, welche von 23 Fachgesellschaften empfohlen und zusammengetragen wurden. Neben Empfehlungen zur Früherkennung der Borderline-Persönlichkeitsstörung, welche sich meist im frühen Jugendalter herausbildet, empfiehlt die Leitlinie psychotherapeutische Behandlungsformen, die an die Besonderheiten der Borderline-Persönlichkeitsstörung angepasst sind und das soziale Umfeld mit einbeziehen.

Die Leitlinie kann hier auf der Internetseite der DGPPN heruntergeladen werden.

Beitrag zur Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Zeitschrift Sozialmagazin

Menschen, die über keinen eigenen Wohnraum verfügen oder in unverhältnismäßigen Wohnsituationen leben, sind eine der extremsten Formen von sozialer Exklusion ausgesetzt. In den letzten Jahren hat das Phänomen Wohnungslosigkeit aufgrund von gesellschaftlichen Entwicklungen und Ereignissen wie zum Beispiel fehlender bezahlbarer Wohnraum, soziökonomische Segregation, Flüchtlingsbewegungen oder Klimakatastrophen in Deutschland an Bedeutung gewonnen. So berichten die aktuellen Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. über eine deutliche Zunahmen von Menschen, welche Unterstützungsangebote der Wohnungslosenhilfe beanspruchen.

Vor allem wohnungslose Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen gehören dabei zu einer Zielgruppe, die oftmals nicht von den bestehenden Beratungs-, Behandlungs- und Unterstützungsangeboten profitiert. Im Gegensatz zu anderen angloamerikanischen Ländern wurde hierzulande die psychische Gesundheits- und Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen lange Zeit marginalisiert und in den Diskursen der Wohnungslosenhilfe sowie psychiatrischen und psychosozialen Versorgung nur selten thematisiert.

Im Rahmen eines Beitrages für die Zeitschrift Sozialmagazin beschäftigte sich Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) mit der aktuellen Lebens-, Gesundheits- und Versorgungssituation von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen. Ausgehend von den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Deutschland diskutiert der Autor spezifische Herausforderungen in der sozialarbeiterischen Unterstützung und macht auf die Bedeutung von Beziehungs- und Netzwerkarbeit in der Integration von wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen aufmerksam.

Der Beitrag kann hier neben weiteren interessanten und lesenswerten Artikeln zum Thema Beziehung in der Sozialen Arbeit auf der Seite der aktuellen Ausgabe des Sozialmagazins erworben werden.

Ankündigung digitale Fachtagung “Kooperation und Netzwerke in der psychosozialen Arbeit” am 11. Mai 2023

Zahlreiche Klient*innen in der psychosozialen Versorgung weisen häufig einen sehr komplexen Unterstützungsbedarf auf. Benötigt wird daher nicht selten auch ein komplexes Unterstützungssystem. Zudem weisen viele Forschungsergebnisse darauf hin, dass gerade multiprofessionelle und systemübergreifende Formen der Versorgung zur Personen- und Bedarfsorientierung beitragen. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Etablierung einer vernetzten Versorgung mit vielen Hürden verbunden ist. So erschweren finanzielle Rahmenbedingungen, gesetzliche Fragmentierungen des Versorgungssystems, professionsbezogene Anerkennungskonflikte und abweichende Logiken zwischen den beteiligten Berufsgruppen oftmals eine personenzentrierte und bedarfsgerechte Planung und Umsetzung von psychosozialen Unterstützungsmöglichkeiten.  

Der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. veranstaltet in Kooperation mit dem European Centre for Clinical Social Work e.V., der Hochschule Coburg, der Fachhochschule Campus Wien, dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V., der Landeskoordination: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern und dem Netzwerk A: aufklaren | Expertise und Netzwerk für Kinder psychisch erkrankter Eltern des Trägers Paritätische Hamburg am 11. Mai 2023 zwischen 09:00 bis 16:00 Uhr die digitale Fachtagung „Kooperation und Netzwerke in der psychosozialen Arbeit”. Die Fachtagung richtet sich an Mitarbeitende aus den verschiedenen Arbeitsfeldern der psychosozialen Praxis, an Studierende sowie an Wissenschaftler*innen aus den Bereichen der Sozial- und Gesundheitswissenschaften. Die Anmeldung und Teilnahme sind kostenlos. 

Im Rahmen der Fachtagung können noch Vorträge mit dem Schwerpunkt „Kooperation und Netzwerke in der psychosozialen Arbeit” eingereicht werden. Zudem bietet die Fachtagung die Möglichkeit auch Vorträge zu neuen Forschungsprojekten, Erkenntnissen aus aktuellen Studien, Methoden oder Interventionsformen in der psychosozialen Versorgung einzureichen. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit für Nachwuchswissenschaftler*innen Posterpräsentationen für die Fachtagung zu gestalten. Bei Interesse können ab sofort bis zum 31. März 2023 kurze Abstracts für Vorträge oder Posterpräsentationen eingereicht werden. 

Informationen zur Fachtagung und zu den Einreichungen finden Sie hier in der Ankündigung als PDF.

Das finale Tagungsprogramm und die Anmelde- und Zugangsmodalitäten werden zwischen März und April 2023 auf dieser Internetseite und über das European Centre for Clinical Social Work e.V. veröffentlicht.

Onlineumfrage zu aktuellen Aktivitäten für Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien in Mecklenburg-Vorpommern

Liebe Akteur*innen in Mecklenburg-Vorpommern,

psychische Erkrankungen betreffen nicht nur den Menschen allein, sondern auch seine Familien und insbesondere die Kinder, die zur Familie gehören. Wenn Kinder mit psychisch erkrankten Eltern aufwachsen, ergeben sich zum einen spezifische Belastungen für die Kinder und zum anderen haben sie ein erhöhtes Risiko selbst im späteren Leben zu erkranken. Für die Verbesserung der Versorgungssituation ist die Sichtbarkeit und leichte Zugänglichkeit von regionalen und landesweiten Aktivitäten für die Familien unabdingbar. Die Landeskoordination: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern setzt sich seit einigen Jahren gezielt mit der Versorgungssituation von Kindern aus psychisch bzw. suchtbelasteten Familien in Mecklenburg-Vorpommern auseinander. Um eine bessere Übersichtlichkeit der Angebote und Aktivitäten zur ermöglichen, bedarf es einer systematischen Erhebung zu allen Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern zu dieser Zielgruppe.

Umfrage zu aktuellen Aktivitäten KipsFam in Mecklenburg-Vorpommern

Bitte unterstützen Sie daher unsere kurze zehnminütige Onlineumfrage zu Aktivitäten rund um das Thema Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien. Bereits 2021 haben wir unterschiedlichste Rückmeldungen zu regionalen und landesweiten Angeboten erhalten. Für eine Aktualisierung wollen wir auch in diesem Jahr wieder mit Ihnen einen Blick auf Bewährtes oder Neues richten. Auch wenn Sie bereits im letzten Jahr ihr Angebot im Monitoring gemeldet haben, benötigen wir auch dieses Jahr ein kurzes Update.

Tragen Sie Ihr Angebot, Projekt oder Ihre Idee bis zum 15. Januar 2023 kurz ein und helfen Sie somit bei der Sichtbarkeit der Thematik mit. Leiten Sie den Online – Fragebogen in Ihren Netzwerken gerne weiter. Zur Befragung gelangen Sie entweder über den QR-Code oder hier über diesen Link. Bei Fragen dazu, wenden Sie sich gerne an unser Projektteam.

Kontakt

Landeskoordination Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien

Carl-Hopp-Straße 19a

18069 Rostock

E-Mail: Julia.Moeller@sozialpsychiatrie-mv.de

Telefon: 0381 8739423 0

      

Videovorlesungsreihe Anthropologische Psychiatrie zum Thema Stadtraum und psychische Gesundheit

An der Universitätsmedizin Hamburg-Eppendorf veranstaltet Thomas Bock jährlich eine Vorlesungsreihe zur Anthropologischen Psychiatrie mit verschiedenen Schwerpunkten. Ziel der Vorlesungsreihe ist, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu reduzieren. Aus dieser Perspektive bekommen die notwendigen Hilfen auch eine politische Dimension: Hilfreiche Psychiatrie braucht eine gute Sozial-, Wohnungsbau- und Kommunalpolitik. Mit Vorteilen für alle: Was psychisch sensiblen Menschen gut tut, bedeutet Psychohygiene für alle. Prävention erfordert Politik.

Anlässlich der COVID-19-Pandemie findet seit 2020 die Vorlesungsreihe in digitaler Form statt. Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Irre menschlich Hamburg e.V. und psychenet. Dabei engagierten sich zahlreiche Expert*innen und Psychiatrieerfahrene sowie Angehörige. In dem diesjährigen Sommersemester beschäftigte sich die Vorlesungsreihe unter anderem mit den Thema Stadt, Urbanisierung und psychische Gesundheit. Anlässlich des Kriegs in der Ukraine wurden jedoch auch Themen wie die Entstehung von Hass, Notwendigkeiten eines kulturübergreifenden Austausches und gesellschaftliche Solidarität nachträglich aufgenommen. Unten können die einzelnen Vorlesungen angesehen werden.

Stadtraum und psychische Gesundheit

mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Dr. Jürgen Gallinat & Prof. Dr. Simone Kühn

Urbanes / großstädtisches Leben erhöht die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Erkrankung. Was genau ist damit gemeint, was belastet unsere Seele? Und wie muss Stadtraum gestaltet werden, um psychische Gesundheit zu fördern? Welche Rolle spielt es, draußen sein zu können, in der Natur zu sein? Und welche Konsequenzen hat das für Stadtplanung und Architektur? Gilt das auch für die bauliche Gestaltung von Kliniken, auch für die konkrete Atomsphäre von Stationen – etwa im Sinne der Milieutherapie und der SOTERIA-Kultur? Die Interviews berühren auch die Frage, wie der Diskurs von Wissenschaft und Kultur zu befördern ist. Wie kommt es, dass englische und irische Wissenschaftler schneller Position beziehen und ihre Politiker mit Ergebnissen füttern? Können und müssen sich nicht auch deutsche Neurowissenschaftler politisch positionieren?

In welchem Kontext entsteht Hass?

mit Prof. Dr. Thomas Bock & Prof. Dr. Ulrich Bröckling

Warum haben Hass-Bewegungen so viel Zulauf? Wie können wir dem entgegenwirken? Welche Rolle spielen gesellschaftliche Prozesse, soziale Aspekte und individuelle Bedürfnisse? Welche Konsequenzen hat Hass für unsere Gefühlswelt und unser Zusammenleben? Macht Hass blind oder eben hässlich? Was unterscheidet Hass als Gefühl, als Emotion und als Affekt? – Ist Hass die Voraussetzung von Krieg, seine Folge oder Ausdruck von Machtmissbrauch? Was kommt nach dem Krieg: Haben wir eine Chance aus dem Teufelskreis des Hassens herauszukommen?

Peer-Support – in verschiedenen Kulturen

mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Candelaria Mahlke & Prof. Silvia Krumm

Peer-Support setzt sich durch. International! Nicht reibungslos, aber eindeutig. Peerarbeit kann die Behandlungskultur verändern – in Richtung Selbstwirksamkeit, Partizipation, Stigmaresistenz. Peer-Begleitung bei Angehörigen wirkt deren Vernachlässigung und Ausbeutung entgegen. Die Evidenz für beides ist groß. Welche kritische Masse wird gebraucht, um Psychiatrie wirklich zu verändern? Wann ist die Gefahr groß, dass Peer-Support vereinnahmt wird? Der gesellschaftliche Stellenwert ist abhängig vom kulturellen Kontext und vom Stand der Versorgung. Der Blick auf andere Kulturen hilft auch bei uns die Stärke von Peer-Support neu zu sehen, Hilfen auch wieder unabhängig von Psychiatrie zu denken.

Demut und Solidarität – innere Folgen äußerer Bedrohung

mit Prof. Dr. Thomas Bock, Gwen Schulz, Marion Ryan & Christian Reumschüssel-Wienert

Verändert die zunehmende Bedrohung von außen unser Verständnis von und unseren Umgang mit seelischen Krisen? Muss man krank sein, um auf diese Welt verstört zu reagieren? Dürfen und können wir uns mehr enger Pathologie und starren Berufsrollen lösen? Und wenn wir das tun, müssten wir dann die Politik nicht im Sinne von Prävention (wieder) mehr in die Pflicht nehmen? – Was passiert, wenn wir anfangen, unsere unmittelbaren Lebensräume so zu gestalten, dass nicht nur Arten-Vielfalt, sondern unsere brüchige Seele geschützt ist? Was können wir für die Psychiatrie lernen, wenn wir die gesellschaftlichen Bedingungen von Hass besser verstehen? Wenn wir Partizipation auf allen Ebenen weiterentwickeln? Sollte Forschung partizipativer und mit ihren Ergebnissen politischer werden – auch in der Psychiatrie? Lehrt uns der Blick auf andere Kulturen, Peer-Support höher zu gewichten und doppelt zu denken – innerhalb psychiatrischer Institutionen und davon unabhängig?

Aufruf zur Teilnahme einer Studie zu gesundheitsbezogener Selbsthilfe bei psychischen Belastungen & Erkrankungen

Es gibt Hinweise darauf, dass Selbsthilfeangebote häufig parallel zu professioneller Unterstützung in Anspruch genommen werden und sich die Angebote möglicherweise gegenseitig beeinflussen. Um dies weiter zu erforschen, interessiert sich die Arbeitsgruppe um Merle Frey (FernUniversität in Hagen), Prof. Agostino Mazziotta (FH Münster) und Prof. Anette Rohmann (FernUniversität in Hagen) über die wertvollen Erfahrungen und Einstellungen von Fachkräften aus dem psychosozialen und psychotherapeutischen Bereich. Im Rahmen der Studie werden psychosoziale Fachkräfte für die Teilnahme an einer kurzen anonymen Online-Umfrage gesucht. Alle Fachkräfte sind herzlich dazu eingeladen, sich an der Studie mit folgender Fragestellung zu beteiligen.

Ist die Teilnahme an Selbsthilfeangeboten (k)ein Thema bei Ihnen in Psychotherapie, Beratung bzw. qualifizierter Assistenz?

Die Teilnahme erfolgt anonym über einen Online-Fragebogen. Es werden keine Daten erhoben, die Rückschlüsse auf Sie als Person zulassen.

Wer kann teilnehmen?

Psycholg*innen, Berater*innen, qualifizierte Assistenzen und all jene, die im beruflichen Kontext mit psychisch erkrankten oder belasteten Menschen arbeiten.

Wie lange dauert die Teilnahme?

Ca. 20 Minuten

Gutscheinverlosung und Studienergebnisse

Unter den Teilnehmenden verlosen wir drei Buchgutscheine je 30 Euro! Am Ende der Studie gibt es die Möglichkeit sich bereits jetzt einen Link abzuspeichern, unter dem nach Abschluss der Auswertung eine Zusammenfassung der Studienergebnisse zu finden ist.

Link und QR-Code zur Studie

Rückblick zur Lesungsveranstaltung der Stiftung Soziale Psychiatrie zum Buch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen”

Professionell Tätige werden in der psychosozialen und psychiatrischen Praxis immer wieder mit Patient*innen und Klient*innen konfrontiert, zu denen es einfach nicht gelingt einen angemessenen Zugang zu finden und die die Mitarbeitenden regelmäßig an die professionellen Grenzen bringen. Zur Bezeichnung dieser Zielgruppe hat sich in der Fachliteratur der Klinischen Sozialarbeit der kontrovers diskutierte Begriff “hard to reach” (dt. schwer erreichbar) durchgesetzt. Gemeint sind Klient*innen oder Patient*innen mit komplexen Problemlagen, komorbiden Erkrankungen, herausfordernden Verhaltensweisen und existenziellen Schwierigkeiten, welche aus der Perspektive der Professionellen eine Integration in die bestehenden Behandlungs- und Unterstützungsangebote erschweren. Oftmals wirken bei Ihnen psychische Erkrankungen und Beeinträchtigungen in der Lebenswelt zusammen, wodurch sie häufig von Exklusionsprozessen bedroht sind und nicht in der beabsichtigten Weise von den vorhandenen Unterstützungsangeboten profitieren.

Unter dem Motto “Systemfehler? Schwer zu erreichen ist nicht unerreichbar” fand in diesem Jahr die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V. (DGSP) in Leipzig statt. In Anlehnung an das von Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.), Lisa Große (Alice Salomon Hochschule Berlin) und Silke B. Gahleitner (Alice Salomon Hochschule Berlin) 2021 herausgegebene Fachbuch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen”, beschäftigte sich die Fachtagung kritisch mit der aktuellen Versorgungssituation von sogenannten Hard-to-reach-Klient*innen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung. Zur Einstimmung in die Thematik organisierte die Stiftung Soziale Psychiatrie am Tagungsvorabend gemeinsam mit den Herausgebenden Lisa Große und Karsten Giertz eine Lesungsveranstaltung zum Buch “Hard to reach: schwer erreichbare Klientel unterstützen”. In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmer*innen wurden verschiedene fachliche Perspektiven und Handlungsbedarfe bei dieser Zielgruppe diskutiert.

Weitere Informationen zur Stiftung Soziale Psychiatrie finden Sie hier. Informationen zum Buch “Hard to reach: Schwer erreichbare Klientel unterstützen” und zu den Herausgebenden können Sie hier abrufen.

Buchveröffentlichung “Adoleszenzpsychiatrie – Teilhabechancen in Klinik und Gemeinde”

Aktuellen Studien zufolge weisen ca. 16 % der Kinder und Jugendlichen Merkmale von psychischen Belastungen auf. Viele psychische Erkrankungen im Erwachsenenalter haben ihren Ursprung vor dem 21. Lebensjahr. Dennoch nimmt nur ein Drittel von ihnen professionelle Unterstützung in Anspruch. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Behandlungs- und Betreuungsangebote mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres enden. In den letzten Jahren haben sich deshalb in Deutschland in vielen Regionen Deutschland spezifische Behandlungs- und Unterstützungsangebote für diese Altersgruppe entwickelt, die durch Vernetzung und Kooperation eine kontinuierliche psychosoziale Begleitung sicherstellen wollen. Mit der Unterstützung von zahlreichen Autor*innen stellen die Herausgeberin Antje Werner (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) sowie die Herausgeber Karsten Giertz (Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.) und Prof. Dr. Michael Kölch (Universitätsmedizin Rostock) in diesem Buch neben fachlichen Grundlagen zahlreiche Erfahrungen aus verschiedenen innovativen Modellprojekten zur Versorgung und Behandlung von adoleszenten Patient*innen vor.

Das Buch ist im Psychiatrie Verlag veröffentlicht. Weitere Informationen zum Inhalt und zu den Autor*innen finden Sie hier im Flyer:

Save the Date 1. Bielefelder Teilhabekongress am 15. und 16. Juni 2023

Jeder Mensch mit einer Beeinträchtigung, chronischen Erkrankung oder einer Behinderung soll an der Gesellschaft teilhaben können und voll in die Gemeinschaft einbezogen werden. Das ist die zentrale Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention. Was bedeutet das konkret?

Auf dem 1. Bielefelder Teilhabekongress geben Beiträge aus Wissenschaft und Praxis hierzu viele Anregungen. Organisiert wird die Veranstaltung am 15. und 16. Juni 2023 von den v. Bodelschwingsche Stiftungen Bethel und der medizinischen Fakultät der Universität Bielefeld.

Weitere Informationen zum Programm und zu den Anmeldungen finden Sie hier.

Abschlussbericht der Studie WiEWohnen Mecklenburg-Vorpommern

Unter der Projektleitung von Prof. Dr. Ingmar Steinhart und der Mitarbeit von Julia Schreiter, Sarah Jenderny, Ilka Toebe und Antje Werner führte das Institut für Sozialpsychiatrie des Landes Mecklenburg-Vorpommern e.V. zwischen 2017 und 2021 mit den Kooperationspartnern des Landkreises Rostock und der Hanse- und Universitätsstadt Rostock das Forschungsprojekt „WiEWohnen“ (Wirksamkeit der Eingliederungshilfe Wohnen für Menschen mit seelischen Behinderungen) in Mecklenburg-Vorpommern durch.

Das Forschungsprojekt beinhaltete die Erprobung von Instrumenten zur mehrdimensionalen Erfassung der Wirksamkeit und der Ergebnisqualität im Bereich der Unterstützung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Im Fokus der Untersuchung stand die wissenschaftliche Evaluation von Eingliederungshilfemaßnahmen im Bereich Wohnen, um Prädiktoren (verlaufsbeeinflussende Faktoren) für die Ergebnisqualität zu identifizieren und damit eine wissenschaftlich abgeleitete Grundlage für eine qualifizierte Zuweisung bzw. Empfehlung von Wohnunterstützungsangeboten für Menschen mit wesentlichen psychischen Beeinträchtigungen zu schaffen. Hierzu wurden Menschen mit wesentlichen psychischen Beeinträchtigungen, welche Eingliederungshilfeleistungen im Bereich Wohnen erhalten, mittels standardisierter Fragebögen zu inhaltlich relevanten Prädiktoren und Wirkungsindikatoren befragt.

Die Ergebnisse der Studie wurden erstmals am 20. Oktober 2022 im Rahmen des 11. Forschungsseminars Sozialpsychiatrie in Greifswald einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Der finale Abschlussbericht mit den Ergebnissen der Studie kann nun hier eingesehen werden.

Weitere Informationen zur Studie finden Sie demnächst auch hier. Im Rahmen eines Forschungsverbundes wurden bzw. werden weitere WiEWohnen-Projekte in Nordrhein Westfalen, Baden-Württemberg, Berlin, Bern und Zürich realisiert.