Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit und psychosoziale Versorgung in M-V

Seit dem 11. März 2020 ist der Alltag in Deutschland durch die COVID-19-Pandemie deutlich eingeschränkt. Weltweit sind 192 Länder und Regionen von der Pandemie betroffen. Die Anzahl der vom Coronavirus infizierten Personen lässt sich nach dem Johns Hopkins University and Medical Center auf knapp 165 Millionen schätzen (Stand 25.05.2021). Etwa 3 Millionen Menschen sind im Zusammenhang mit dem Virus verstorben. In Deutschland wurden über 3,4 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert und über 86 Tausend fielen dem Virus hierzulande zum Opfer. 

Neben der tatsächlichen Gesundheitsgefahr durch das Virus sind die Menschen zusätzlich existenziellen Belastungen unter anderem wegen des wirtschaftlichen Stillstandes und der fortwährenden Verordnungen in vielen Branchen ausgesetzt. Durch die Lockdowns, Hygiene-Maßnahmen und Kontakteinschränkungen zur Verringerung des Infektionsgeschehens ist das öffentliche und soziale Leben über mehrere Monate hinweg deutlich eingeschränkt. Für viele Menschen und Familien geht die soziale Isolation mit erheblichen psychosozialen Belastungen wie Einsamkeit, Sorge um Familienmitglieder, erhöhter Stress oder Angst einher. Vor allem Personen mit einer ausgeprägten Vulnerabilität für psychische Beeinträchtigungen oder mit vorbestehenden psychischen Erkrankungen sind besonders von den Folgen der sozialen Isolation betroffen.

Auch wenn seit einigen Wochen deutliche Lockerungen und eine signifikante Reduktion der Inzidenzzahlen zu beobachten sind, wirkten sich die COVID-19-bedingten Einschränkungen in den vergangenen Monaten im erheblichen Maße auf die gesundheitliche und psychosoziale Versorgung von gesellschaftlich benachteiligten Gruppen in Deutschland aus. Hierzu gehören unter anderem erwachsene Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, psychisch belastete Kinder, Jugendliche und Familien oder ältere Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Bei allen Gruppen sind nach wie vor die Lebensqualität, die psychosoziale, die psychiatrische und die allgemeine gesundheitliche Versorgung durch die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen deutlich eingeschränkt.

Nach über einem Jahren Pandemie machen nationale und internationale Studien auf die negativen Langzeitfolgen aufmerksam, welche bei einem Großteil der genannten Zielgruppen mit einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit und einer Zunahme von psychosozialen Problemlagen einhergeht. Aber auch Mitarbeitende der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung leiden massiv unter den Pandemiebedingungen.

Im Rahmen einer Stellungnahme möchten wir der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und das Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. ausgehend von den Erfahrungen aus der Praxis und den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen auf die überwiegend prekäre Versorgungs- und Lebenssituation von Menschen mit psychischen Erkrankungen während der Pandemie aufmerksam machen. Zudem wollen wir auf die Langzeitfolgen der pandemiebedingten Maßnahmen im Hinblick auf die psychische Gesundheit verweisen. Unser Anliegen besteht darin, durch Empfehlungen eine Verbesserung der gesundheitlichen Prävention, Behandlung und Versorgung vor allem für besonders vulnerable Personengruppen in Mecklenburg-Vorpommern anzuregen.

Zu den Empfehlungen zählen unter anderem:

  1. Stärkere Berücksichtigung der Langzeitfolgen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit in der Politik zur Pandemiebekämpfung von Mecklenburg-Vorpommern
  2. Fokussierung stark beeinträchtigter und vulnerabler Zielgruppen bei der Gesundheitsprävention während und nach der Pandemie
  3. Ausbau von aufsuchenden psychosozialen Unterstützungs- und Beratungsangeboten
  4. Ausbau und Finanzierung von digitalen Unterstützung- und Beratungsangeboten
  5. Differenzierung der Schutzverordnungen und Maßnahmen hinsichtlich der Unterstützungsbedarfe von psychisch erkrankten Menschen
  6. Unterstützung von Trägern und Einrichtungen des Gesundheit- und Sozialwesens zur Reduktion der psychischen Belastungen während der Pandemie bei den Mitarbeitenden

Die vollständige Stellungnahme kann hier heruntergeladen werden.

Anti-Stigma-Kampagne im Radio LOHRO

Die Stigmatisierung psychisch erkrankter Menschen hat in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich zugenommen. Besonders in den Medien spiegelt sich die Tendenz der sozialen Diskriminierung und Abwertung von psychisch erkrankten Menschen wieder. Aber auch in der deutschen Bevölkerung kann ein Anstieg von negativen Zuschreibungen gegenüber Personen mit psychischen Erkrankungen verzeichnet werden. Vorurteile und Diskriminierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen wirken sich nicht nur negativ auf das gesellschaftliche Gesamtklima aus, sondern auch bei den Betroffenen geht die gesellschaftliche Ausgrenzung mit einer Reihe von negativen Folgen einher. Hierzu gehören zum Beispiel ein vermindertes Selbstwertgefühl, gesellschaftliche Exklusion, negatives Stresserleben, erhöhte Suizidalität und eine schlechtere Krankheitsbewältigung.

Um der gesellschaftlichen Diskriminierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken, führte der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. zwischen April 2016 bis 2017 die Anti-Stigma-Kampagne durch. Am 23.02.2021 stellte Anke Wagner vom Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. die Anti-Stigma-Kampagne beim Radiosende LOHRO vor. Der Radiobeitrag kann hier angehört werden.

Weitere Informationen zur Anti-Stigma-Kampagne des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. finden Sie hier.

ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN – Den Kindern gewidmet – niemals vergessen!

27. Januar 2021 in Schwerin

Liebe Teilnehmenden und liebe Interessierte an unserer diesjährigen Landesweiten Gedenkveranstaltung,

herzlich willkommen!

Wir kommen an diesem 27. Januar 2021 erstmals digital zusammen und machen uns – nicht wie in den zurückliegenden Jahren – morgens aus allen Richtungen Mecklenburg-Vorpommerns an einem kalten Wintertag auf den Weg, vielleicht begleitet von Radiobeiträgen rund um den Tag des Erinnerns an die Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz-Birkenau, der seit 1996 der Nationale Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus ist und der Internationale Holocaust-Gedenktag.

Wir bleiben in diesem Jahr zu Hause und wir tun das aus gutem Grund: inmitten der Corona-Pandemie leben wir in diesem Winter unsere Solidarität mit den vulnerablen und schwächsten Menschen höheren Lebensalters oder mit Vorerkrankungen, wir schützen uns gegenseitig und damit diejenigen unter uns, die es am Nötigsten brauchen. Heute, 76 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus mit den Millionen jüdischen und auch anderen Opfern in Deutschland. Diese Opfer waren Menschen mit Träumen, mit Familien, mit einer Lebensgeschichte, Erwachsene, Kinder…

Unsere diesjährige Gedenkveranstaltung stellt erstmals die jüngsten Opfer der NS-„Euthanasie“ auf dem Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern in den Mittelpunkt.

Im kleinen Kreis wurde stellvertretend für alle Teilnehmenden am Vortag am Mahnmal auf dem Gelände des Schweriner HELIOS-Klinikums eine Andacht abgehalten und eine Krankniederlegung durchgeführt.

Im Folgenden werden Ihnen alle Beiträge durch die Akteur*innen laut Programm präsentiert.

Danke für Ihre Unterstützung, danke für Ihr ungebrochenes Interesse sowie Ihre Mitwirkung an diesem Gedenktag. Halten wir gemeinsam eine Erinnerungskultur lebendig und gestalten diese im Namen der Opfer des Nationalsozialismus gerade heute als Grundlage einer Inklusiven Demokratie immer wieder neu.

Den Kindern gewidmet – Niemals vergessen!

Im Namen der Veranstaltenden

Sandra Rieck
Vorsitzende Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Im Folgenden finden Sie die Zugänge zum digitalen Programm der Landesweiten Gedenkveranstaltung ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN vom 27.01.2021 in Schwerin. Unter jedem Beitrag finden Sie einen Link, der sich öffnet, wenn Sie hier anklicken. Über den Link erhalten Sie den Zugang zum Download der einzelnen Beiträge. Die Downloadzugänge sind bis zum 09.02.2021 verfügbar.

Ankündigung Landesweite Gedenkveranstaltung – ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten Sie heute darüber informieren, dass die für den 27.01.2021 in Schwerin geplante Landesweite Gedenkveranstaltung ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN aufgrund der aktuellen Situation durch die COVID-19-Pandemie leider nicht in Präsenzform stattfinden wird. Aus diesem Grunde sind wir derzeit dabei, alle Beiträge des geplanten Programmes inklusive der Andacht und einer Kranzniederlegung vor Ort zu dokumentieren und digital aufzuarbeiten, um Sie Ihnen am 27. Januar in digitaler Form zur Verfügung stellen zu können.

Wie bereits angekündigt widmet sich diese Veranstaltungsreihe erstmals den jüngsten Opfern der „NS-Euthanasie“, den Kindern und Jugendlichen mit seelischer, körperlicher und geistiger Beeinträchtigung.

Landesweite Schweigeminute und Kerzen am Tag des Gedenkens:

Wir rufen Sie hiermit dazu auf, sich dem landesweiten Gedenken am 27. Januar um 10.00 Uhr in Form einer Schweigeminute anzuschließen. In Verbindung zueinander rufen wir dazu auf, in Gedenken an die Opfer von NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisierungen sowie aller Opfer der NS-Vernichtung, an einem regionalen Gedenkort (z. B. Stolperstein, Mahnmal, Gedenkstein) bzw. in Ihren Organisationen und Einrichtungen eine Kerze der Trauer anzuzünden bzw. ein Licht erstrahlen zu lassen.

Damit wir Ihnen die digitale Dokumentation für den kostenlosen Download besser zur Verfügung stellen können, bitten wir Sie sich bei Interesse beim Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. bei Frau Kathrin Boegner (kathrin.boegner@sozialpsychiatrie-mv.de) unter Verweis der Veranstaltungsbezeichnung: Landesweite Gedenkveranstaltung per E-Mail anzumelden. Bereits erfolgte Anmeldungen sind dabei schon erfasst.

Wir wünschen allen eine gute Zeit und senden herzliche Grüße im Namen der Veranstalter und des Vorbereitungsteams

Karsten Giertz und Sandra Rieck

Untersuchung zur Versorgungssituation von Kindern aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien in Mecklenburg-Vorpommern

Psychische Erkrankungen von Eltern können sich nachteilig auf die Familie und Elternschaft auswirken. So weisen Kinder mit psychisch erkrankten Eltern ein hohes Risiko auf, selbst eine psychische Störung zu entwickeln. In der Praxis fehlt es häufig an bedarfsgerechten Unterstützungsangeboten für Eltern mit psychischen Erkrankungen oder Kindern von psychisch belasteten Eltern. In den vergangenen Jahren fand die Problematik von Kindern psychisch und/oder suchtbelasteter Eltern zunehmend Interesse in der Fachöffentlichkeit. Im Zuge dieses Interesses entstanden zahlreiche Projekte deren Schwerpunkt darin besteht, psychischen Auffälligkeiten von Kindern aufgrund familiärer psychischer Belastungen entgegenzuwirken.

Im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern führte das Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. in Kooperation mit der Universitätsmedizin Rostock eine Untersuchung zur aktuellen Versorgungslandschaft für Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien in Mecklenburg-Vorpommern durch. Das Ziel der Untersuchung bestand darin, Handlungsvorschläge für die Verbesserung der Situation von Kindern mit psychisch und/oder suchtbelasteten Familien in Mecklenburg-Vorpommern zu entwickeln.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Vernetzung und Kooperation der einzelnen zuständigen Akteur*innen (Jugendämter, Kliniken, Schulen, Kindertagestätten etc.) ausbaufähig ist. Viele der Angebote für diese Zielgruppe befinden sich im städtischen Bereich, sodass insbesondere für Kinder aus dem ländlichen Bereich eine Unterversorgung und mangelnde Erreichbarkeit zu den Angeboten besteht. Zudem mangelt es an alterskontinuierlichen Angeboten, insbesondere für Kinder im Grundschulalter und im Jugendalter. Hierbei handelt es sich um sensible Phasen, welche durch Übergänge und altersspezifische Herausforderungen geprägt sind und besondere Unterstützung benötigen. Darüber hinaus sind viele der Unterstützungsangebote im Rahmen von Projektförderstrukturen zeitlich befristet. Eine systematische Einbeziehung der vorhandenen Angebote in die etablierten Versorgungsstrukturen für Familien mit psychischen und/oder suchtbezogenen Belastungen konnte nicht identifiziert werden, sodass sich hier Handlungsbedarfe ergeben.

Zusammenfassend können auf der Grundlage der Erkenntnisse folgende Empfehlungen abgeleitet werden:

  • der Aufbau eines regionalen, verbindlichen Netzwerks zur systematisierten Kooperation und verbesserten Kommunikation zwischen den verschiedenen Hilfesystemen (v. a. Kinder- und Jugendhilfe, Erwachsenenpsychiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie, Eingliederungshilfe, niedergelassene Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, Schule, Psychiatrieerfahrene, Angehörige, etc.) einschließlich der Klärung von Verantwortlichkeiten und Festlegung verbindlicher Ansprechpartner*innen in den unterschiedlichen Unterstützungssystemen
  • die Stärkung des interdisziplinären Versorgungssystems und SGB-übergreifender Leistungen für psychisch und suchtbelastete Familien, z. B. in Form von schriftlichen Kooperationsverträgen und/oder der Etablierung verbindlicher, interdisziplinärer, kollegialer Fallbesprechungen (Jugendamt und Gesundheitsamt) zur Feststellung des familienspezifischen Bedarfes und zur Klärung der Leistungsfinanzierung
  • die Verortung der regionalen Steuerung in den Verantwortungsbereich der Kinder- und Jugendhilfe und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
  • der Aufbau verbindlicher und multidisziplinärer Koordinationsstrukturen nicht nur auf kommunaler Ebene, sondern auch auf landesweiter Ebene, insbesondere ineinandergreifender Prozesse von Sozial-, Psychiatrie- und Jugendhilfeplanung
  • der flächendeckende Ausbau und die nachhaltige Umsetzung bedarfsgerechter und alterskontinuierlicher Angebote für die Zielgruppe “Kinder aus psychisch und/ oder suchtbelasteten Familien”, die nur über gesicherte Finanzierungsstrukturen gelingen kann
  • die systematisierte, quantitative Erhebung der Zielgruppe, die Identifizierung fehlender oder nicht ausreichend angepasster Hilfen in den verschiedenen Versorgungsregionen sowie standardisierte Dokumentation und Evaluation der bestehenden Hilfsangebote
  • eine abgestimmte Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und Suchterkrankungen in den Lebenswelten von Kindern, Jugendlichen und Familien sowie die Entwicklung von Fortbildungsmaßnahmen für Fach- und Lehrkräfte und die Bereitstellung zielgruppengerechter Informationen in allen beteiligten Institutionen
  • die Förderung der Inanspruchnahme und zugleich die Sensibilisierung nicht-professioneller Angebote im Sozialraum, sodass eine langfristige, nicht-stigmatisierende Unterstützung gelingen kann (z. B. in Schulen, KiTas, Kultur- und Sportvereinen).

Weitere Informationen finden Sie hier im vollständigen Abschlussbericht:

Telefonische Genesungsbegleitung des EX-IN M-V e.V.

Telefonische Genesungsbegleitung des EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Im Zuge der Corona-Krise ist die Idee der telefonischen Genesungsbegleitung entstanden. Von März bis Juni 2020 wurde dieses Angebot von EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. an drei Tagen pro Woche bereitgestellt.

Menschen mit psychischen Störungen haben das Angebot genutzt, um insbesondere den Wegfall sozialer und psychosozialer Kontakte durch die Corona-Beschränkungen zu kompensieren. Ebenso waren Probleme bei der Alltagsstrukturierung und Herausforderungen durch aktuelle psychische Beschwerden von den Anrufenden thematisiert worden. In den Telefonaten wurde immer wieder geäußert, wie gut es tat, mit jemandem reden zu können, der aus eigener Erfahrung weiß, wie sich die verschiedensten psychischen Beeinträchtigungen anfühlen. Auch das Mut-Machen durch ehemals selbst Betroffene wurde hervorgehoben.

Aus den diesen Erfahrungen heraus entwickelte der EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. ein Anschluss-Projekt, welches vorerst bis zum Jahresende 2020 zur Verfügung gestellt wird. Jeden Montag und Donnerstag von 14:00 bis 18:00 Uhr kann unter der Telefonnummer: 0176 16374159 das Angebot genutzt werden-

Das telefonische Angebot beinhaltet:

  • Alltagsbegleitung
  • Stärkung der Selbstständigkeit
  • Festigung hilfreicher Verhaltensweisen
  • Wiederentdecken eigener Stärken
  • entlastende Gespräche
  • Hilfe zur Selbsthilfe

Der Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e. V. steht für die Beteiligung von Psychiatrie-Erfahrenen, die nach ihrer Ausbildung zum Genesungsbegleiter*in/ Expert*in aus Erfahrung unter anderem für akut Betroffene begleitend tätig werden können. Weitere Informationen finden Sie hier:

Broschüre für Kinder psychisch belasteter Eltern im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte

Die psychische und soziale Entwicklung wird maßgeblich durch Erfahrungen in der frühen Kindheit geprägt. Das Erleben von körperlicher und materieller Sicherheit, verlässlichen sozialen Beziehungen sowie gelungenen Bindungserfahrungen mit den primären Bezugspersonen und einer stabilen sozialen Einbettung gehören dabei zu bedeutsamen Schutzfaktoren.

Die Entwicklungschancen sind jedoch in Deutschland nicht für alle Kinder und Jugendlichen gleich. Besonders Kinder aus Familien mit und Jugendliche mit psychisch erkrankten Eltern wachsen häufig unter schwierigen Bedingungen auf und haben daher ein erhöhtes Risiko selbst körperlich wie auch seelisch zu erkranken. Leider werden Sie oft nicht in die elterliche Behandlung einbezogen oder schlicht vergessen. Die Kinder selbst leiden unter Ängsten, Loyalitätskonflikten oder Schuld- und Schamgefühlen. Nicht selten übernehmen sie die Verantwortung im Alltag und sind vermehrt auf sich allein gestellt, wenn es im engeren Familienkreis niemanden gibt, der sie unterstützen kann. Ihr Leidensdruck ist nicht immer ersichtlich und/oder wird nicht in Verbindung mit der elterlichen Erkrankung gebracht. Dennoch spüren Kinder innerfamiliäre Spannungen, können sie aber Mangels an Informationen oder durch Tabuisierung nicht für sich einordnen. Um das resultierende Risiko zu minimieren bedarf es gezielter Unterstützung für betroffene Kinder und Familien und dies bevor die Kinder selbst erkranken oder Auffälligkeiten zeigen. Daher ist es nicht nur für Familien, sondern auch für Fachkräfte von Bedeutung zu wissen, dass diese Kinder Unterstützung brauchen und an wen sie sich im Bedarfsfall vertrauensvoll wenden können.

Die psychosoziale Arbeitsgruppe “Kinder psychisch belasteter Eltern” des Gemeindepsychiatrischen Verbundes des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte (GPV LK MSE) veröffentlichte aufgrund der oben geschilderten Umständen eine Broschüre für betroffene Familien als auch für Fachkräfte, welche mit psychisch erkrankten Eltern arbeiten, um auf die bestehenden Unterstützungsangebote in der Region aufmerksam zu machen.

Die Broschüre kann hier heruntergeladen werden.

Erinnern, Betrauern, Wachrütteln – 27.01.2020 in Güstrow

Mit dieser landesweiten Gedenkveranstaltung wird seit 2010 auf Initiative des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., gemeinsam mit Vertretern der Angehörigen und der Psychiatrieerfahrenen, am 27. Januar in Mecklenburg-Vorpommern der Opfer der sogenannten „Euthanasie“ und Zwangssterilisationen in der NS-Zeit gedacht. Für die Psychiatrie in Deutschland ist die Zeit des Nationalsozialismus bis heute noch ein stellenweise tabuisiertes, zugleich aber wohl ihr dunkelstes Kapitel: Mehr als 300.000 Menschen – Kinder und Erwachsene – wurden auf Grund ihrer psychischen und/oder geistigen Beeinträchtigung systematisch ermordet. Mehr als 400.000 Menschen wurden zwangssterilisiert. Die seelischen Verwundungen und Stigmatisierungen reichen bis in die heutige Zeit hinein.  

Mehr als 2.200 Menschen waren in Mecklenburg von der sogenannten NS – „Euthanasie“ betroffen. Mindestens 5.000 Menschen wurden im Zuge der Erbgesundheitsgesetze in Mecklenburg zwangssterilisiert. Der Ort des Gedenkens wird in 2020 erstmalig die Stadt Güstrow sein. Die Opfergruppe der Menschen mit psychischen oder anderen Erkrankungen, geistigen und körperlichen Behinderungen, die im Rahmen der Erbgesundheitsgesetze und der sog.  T4-Aktionen in der Zeit des Nationalsozialismus umgebracht oder dauerhaft geschädigt wurden, kamen nicht nur aus psychiatrischen Kliniken, sondern auch Alten- und Pflegeheime, Gefängnisse, auch Kinderheime und Fürsorgeeinrichtungen beteiligten sich an diesen unfassbaren Taten. Diesen Spuren folgen wir in der diesjährigen Veranstaltung am 27.1.2020 in Güstrow und setzen uns mit den regionalen Geschehnissen auseinander. 

Wir laden Sie ganz herzlich ein, gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren am nationalen Gedenktag für die NS-Opfer zu erinnern, zu trauern und wachzurütteln. 

Sandra Rieck (Koordination)  

Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. , Vorstandsvorsitzende 

Flyer:

Dokumentation:

Abgehängt und chancenlos? – Teilhabechancen und -risiken von Menschen mit schweren psychischen Beeinträchtigungen

Teilhabe ist das Schlüsselkonzept sozialpsychiatrischer Praxis in der Eingliederungshilfe. Gleichzeitig ist der Teilhabebegriff bislang konturlos: Die theoretische Ableitung und differenzierte Informationen über Teilhabechancen und -risiken von Menschen mit schweren psychischen Beeinträchtigungen in der Eingliederungshilfe fehlten bislang.

In der BAESCAP-Studie wurden diejenigen gefragt, die sonst bei jeder großen Erhebung außen vor bleiben: fast 1900 Nutzer*innen sozialpsychiatrischer Leistungen mit schweren psychischen Erkrankungen. Sie wurden befragt zu ihrer Familiensituation, zu Freundschaften, zu ihrer Ausbildung, zum Beruf und zu ihren Stigmaerfahrungen. Welche Teilhabemöglichkeiten und -hindernisse erleben sie?

Die Ergebnisse der Studie liefern erste Antworten: Trotz Eingliederungshilfe sind sie vielfach abgehängt und chancenlos.

Doch was bedeutet Teilhabe, das Schlüsselkonzept sozialpsychiatrischer Praxis, eigentlich konkret und wie kann sie theoretisch abgeleitet werden? Welche Facetten des Lebens greifen wir heraus, welche sind wichtig? Die Autorinnen und Autoren verankern Teilhabe auf theoretischer Ebene im Capabilities Approach, sie diskutieren den Teilhabebegriff auch vor dem Hintergrund des neuen Bundesteilhabegesetzes und sie zeigen auf, was auf sozialpolitischer Ebene nötig ist.

Informationen zu den Herausgebern: Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., gegründet 1995, ist der unabhängige Fachverband von Anbietern, die im Land Mecklenburg- Vorpommern in der Unterstützung psychisch kranker und behinderter Menschen unmittelbar tätig sind. Er setzt sich ein für eine an der Person des Einzelnen orientierte Psychiatrie und damit für eine dauerhafte soziale Integration und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe. Prof. Dr. Andreas Speck lehrt und forscht zu Sozialpsychologie, Sozialpsychiatrie und Gender/Diversity im Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung der Hochschule Neu­brandenburg, er ist im Vorstand des Instituts für Sozialpsychiatrie Mecklenburg­-Vorpommern e. V. Prof. Dr. Ingmar Steinhart, Diplompsychologe, Vorstand v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel, Direktor Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. An-Institut der Universität Greifswald, Vorstandsmitglied Aktion Psychisch Kranke e.V.

Eine Rezension zum Buch finden Sie hier.

Rundum ambulant

Psychisch schwer erkrankte Menschen mit komplexem Behandlungsbedarf erhalten die notwendige Hilfe immer noch vorwiegend in der stationären Versorgung. Dabei zeigen die Erkenntnisse aus der internationalen Begleitforschung, dass stationäre Versorgung durch gute ambulante Arbeit ersetzt werden kann. Vor allem für Assertive Community Treatment, Home Treatment, Peerarbeit, Housing First oder Supported Employment liegt eine beeindruckende Evidenz vor. In Deutschland gibt es bisher wenig Erfahrung mit vergleichbaren Versorgungsmodellen. Ende 2016 brachten Ingmar Steinhart und Günther Wienberg das Buch „Rundum ambulant“ heraus. Ausgehend von dem Funktionalen Basismodell und der S3-Leitlinie Psychosoziale Therapie bei schweren psychischen Erkrankungen plädieren die Herausgeber für eine stärkere Etablierung multiprofessioneller gemeindeintegrierter Versorgung. In dem Fachbuch werden zahlreiche Modellprojekte aus dem deutschen Sprachraum vorgestellt und deren Umsetzung diskutiert.

Das Funktionale Basismodell psychiatrischer Versorgung in der Gemeinde richtet sich konsequent am psychisch erkrankten Menschen aus: Nicht die bestehenden Versorgungsstrukturen, sondern die Bedarfe und Bedürfnisse psychisch schwer erkrankter Menschen bestimmen die Perspektive. Das Buch beschreibt Behandlungs- und Unterstützungsfunktionen, erweckt sie an Beispielen zum Leben und definiert zugleich einen Mindeststandard für gemeindepsychiatrische Behandlungs- und Teilhabeleistungen. Ein Vademecum für Anbieter, Planer und Forschende!

Zu den Herausgebern: Prof. Dr. phil. Ingmar Steinhart, Diplompsychologe, Vorstand v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel, Direktor Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. An-Institut der Universität Greifswald, Vorstandsmitglied Aktion Psychisch Kranke e.V., Prof. Dr. P.H. Günther Wienberg, Jahrgang 1953, Dipl.-Psychologe, seit 2000 Mitglied im Vorstand der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Lehrbeauftragter an der Hochschule Fulda, Fachbereich Sozialwesen, Mitglied der Aktion Psychisch Kranke e. V.; Arbeitsschwerpunkte: Versorgung Abhängigkeitskranker, Psychoedukation, Prozesse und Strukturen der psychiatrischen Versorgung.

Eine Rezension zum Buch finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Buch sind hier zu finden.