Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern

Bei der Entwicklung, Planung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten hat in den letzten Jahren die partizipative Einbeziehung von Menschen mit psychischen Erkrankungen durch Selbsthilfeinitiativen und -bewegungen, durch zunehmende Forschungsaktivitäten sowie durch gesetzliche Reformprozesse wie die UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundesteilhabegesetz an Bedeutung gewonnen.

Gerade durch das Bundesteilhabegesetz wurde die gesetzlich verpflichtende Grundlage für Leistungsträger und Leistungserbringer geschaffen, Menschen mit psychischen Erkrankungen oder mit anderen Behinderungen aktiv und auf gleicher Augenhöhe in die Planung, Durchführung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Unterstützungsangeboten einzubeziehen. Zudem ist die partizipative Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen eng mit den Konzepten von Empowerment und Recovery verbunden.

Um die aktive Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung sowie die Implementierung von Angeboten des Peer Supportes in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern, entwickelten der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., der Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. und das Diakoniewerk Mecklenburg-Vorpommern e.V. die Initiative der Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern, welche gemeinsam mit anderen interessierten Kooperationspartner*innen und Verbänden umgesetzt wird.

Am 13. Mai 2024 findet in der Geschäftsstelle des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. in der Carl-Hopp-Straße 19a, 18069 Rostock das nächste Treffen der Landesarbeitsgruppe Partizipation statt. Die Teilnahme ist kostenlos und sowohl in digitaler Form als auch in Präsenzform möglich. Interessierte Personen, Mitarbeiter*innen aus der psychiatrischen Versorgung, Psychiatrieerfahrene und Angehörige von Menschen mit psychischen Erkrankungen sind eingeladen, sich am Austausch innerhalb der Landesarbeitsgruppe zu beteiligen.

Videovorlesungsreihe Anthropologische Psychiatrie zum Thema „Ist die (Sozial)Psychiatrie heute sozial?“

An der Universitätsmedizin Hamburg-Eppendorf veranstaltet Thomas Bock jährlich eine Vorlesungsreihe zur Anthropologischen Psychiatrie mit verschiedenen Schwerpunkten. Ziel der Vorlesungsreihe ist, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu reduzieren. Anlässlich der COVID-19-Pandemie findet seit 2020 die Vorlesungsreihe in digitaler Form statt. Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Irre menschlich Hamburg e.V. und psychenet. Dabei engagieren sich zahlreiche Expert*innen und Psychiatrieerfahrene sowie Angehörige.

Im Wintersemester 2023/ 2024 beschäftigte sich die Vorlesungsreihe unter dem Motto mit dem Erbe des deutschen Sozialpsychiaters Klaus Dörner. Dörners Werk ist vielschichtig und geht weit über die Psychiatrie hinaus. Am 25. September 2022 ist er im Alter von 88 Jahren gestorben. Ausgehend von seinem Werk fanden im Rahmen der Vorlesungsreihe mehrere Dialoge zum Thema „Ist die (Sozial)Psychiatrie heute sozial?“ statt. Die Vorlesungsreihe wurde nun als Videostream veröffentlicht und mit dem Einverständnis der Veranstalter*innen auf dieser Internetseite eingebettet. Unten können die einzelnen Vorlesungen als Videos angesehen werden.

Ist die (Sozial)Psychiatrie heute sozial?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Michael Schweiger, Prof. Dr. Dirk Richter, Gwen Schulz & Marion Ryan

Klaus Dörner forderte: „Die Psychiatrie ist sozial oder keine“ und wollte einen „Sozialraum, in dem wir leben und sterben, wo wir hingehören“. – Wo stehen wir heute? Sind die Angebote gerecht? Kommen die Schwächsten zu erst? Brauchen wir mehr und andere Politik, um den sozialen Raum lebendig zu gestalten? Was leistet der auch im Vorfeld der Psychiatrie von selbst? Was ist professionelle Aufgabe? Was können wir post-corona lernen – für Jugendliche, Einsame, Alte Menschen? Welche Vermittlung braucht es zwischen familiären und sozialen Ressourcen? Kann Genesungs-Begleitung eine Brücke zwischen Selbst- und Fremdhilfe bilden?

Mit den Schwächsten beginnen

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Michael Wunder, Prof. Dr. Karl Beine, Dr. Dr. Samuel Thoma

Klaus Dörners Auftrag – Was heißt Ringen um die richtige Haltung heute? Im Menschen mit der größten Not begegnen wir jedem Menschen – ein christlicher Ansatz. Doch wird die Psychiatrie dem gerecht? Wo stehen wir heute? Welche Haltung gibt uns Orientierung, damit Therapie nicht nur Ware, der Patient nicht nur Kunde und die Psychiatrie nicht nur Markt ist?

„Bürger und Irre“

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Ute Merkel, Dr. Ralf Seidel, Ralph Höger

Medizingeschichtliche Meilensteine – Was heißt das für die Zukunft? Nürnberger Prozesse und Lehren des NS-Psychiatrie, Wende und Vereinigung mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Psychiatrie in DDR und BRD. Was hat die Psychiatrie notwendig gemacht, was macht sie aus und wo bleibt sie fragwürdig im Sinne eines notwendigen gesellschaftlichen Hinterfragens? Auf diesem Hintergrund brauchen wir Mut und Bescheidenheit, sollten eigentlich mit unserem Hilfesystem „in Zelten leben“ und „in Raumen denken“. Betroffenen und Angehörigen werden dabei mehr prägend sein und (wieder) eine aktive Rolle haben (müssen).

Ende der Ver-Anstaltung

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Charlotte Köttge, Dr. Matthias Heißler, Dr. Bernd Meißnest

Klaus Dörner war überzeigt: Jeder Mensch will tätig sein, braucht eine Wohnung, sein eigenes Leben. Hospitalisierung ist keine Alternative. Wie war es möglich, den Langzeitbereich der Klinik in Gütersloh komplett aufzulösen? Welche politischen Entscheidungen braucht es, damit das überall passiert? Wie können alle Kommunen dem Vorbild folgen, dass Menschen mit Demenz in familienähnlichen Strukturen bleiben. Was ist uns diese Lebensqualität wert? Wie sichern wir diesen Prozess ab – auch für schwererkrankte Menschen? Welche Bedeutung hat der Dritte Sozialraum neben familiären und professionellen Hilfen – erst recht zu Zeiten gesellschaftlicher Alterung und Fachkräftemangel?

„Irren ist menschlich“ – Aber halten Medizin und Pflege in Zukunft das aus?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Hilde Schädle-Deininger, Ina Jarchov-Jadi & Jessica Reichstein

Das Lehrbuch von Klaus Dörner und Ursula Plog betont den Blick auf das zutiefst Menschliche, fördert eine Suchhaltung, prägt eine dialogische Beziehungskultur – seit über 50 Jahren. Hat all das Psychiatrie und Psychotherapie erreicht und geprägt? Unseren Blick geöffnet für den fließenden Übergang von gesund und krank – sowie die eigenen Krisen? Oder ist das pathologische Denken übermächtig? Die anthropologische Sicht kann die Position der Pflege stärken, zugleich die Multiprofessionalität fördern. Sie ist nötiger und naheliegender denn je, wenn die Psychiatrie sich nach draußen bewegt. Umgekehrt ist nicht alles Menschliche „irre“, brauchen wir Hilfen im sozialen Raum auch unabhängig von der Psychiatrie.

„Was bleibt zu tun?“ – ein trialogischer Rückblick

Mit Gwen Schulz, Prof. Dr. Thomas Bock, Marion Ryan & Dr. Sabine Schütze

Wer sind heute die Schwächsten? Was steht im Vordergrund – Sozialraum oder Anstalt? Halten wir aus, dass Irren menschlich ist? Wieviel Spielraum bleibt fürs Mensch-Sein in Hamburgs Psychiatrie? Kann die Politik helfen, um die privat-/marktwirtschaftlichen Interessen zu stoppen und künftige Psychiatrie sozial zu gestalten? Wie sieht der Trialog Klaus Dörner?

Rückblick Landesweite Gedenkveranstaltung “ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN” 2024 in Alt Rehse & Neubrandenburg

Der 27. Januar gilt als internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust sowie als nationaler Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Seit 2008 steht dieser Tag auch im Zeichen der Opfergruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie geistigen und körperlichen Behinderungen, die im Rahmen der T4-Aktionen in der Zeit des Nationalsozialismus umgebracht oder dauerhaft geschädigt wurden. Mehr als 300.000 Menschen mit psychischen und anderen Erkrankungen und Behinderungen kamen während der NS-„Euthanasie“ ums Leben und mehr als 400.000 Menschen wurden Opfer von Zwangssterilisierungen.

Kranzniederlegung in Alt Rehse

In trialogischer Zusammenarbeit veranstaltet der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. seit 2008 gemeinsam mit verschiedenen regionalen Kooperationspartner*innen und Akteur*innen die Landesweite Gedenkveranstaltung „ERINNERN, BETRAUERN, WACHRÜTTELN” in Gedenken an die Opfer der „Euthanasie“ und Zwangssterilisierungen in Mecklenburg-Vorpommern in der Zeit des Nationalsozialismus.

In diesem Jahr fand die Landesweite Gedenkveranstaltung in Kooperation mit dem Dietrich-Bonheoffer-Klinikum Neubrandenburg, dem Verein „Das Boot“ Wismar e.V., dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V., der RAA – Demokratie und Bildung Mecklenburg-Vorpommern e.V., dem Gemeindepsychiatrischen Verbund Mecklenburgische Seenplatte, dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern e.V. in Alt Rehse und Neubrandenburg statt.

Alt Rehse – ein Ort mit wechselvoller Geschichte

Bereits 2019 wurde eine Landesweite Gedenkveranstaltung in Alt Rehse veranstaltet. Aufgrund der besonderen Geschichte dieses Ortes im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Gesundheitspolitik griffen die Organisator*innen in diesem Jahr Alt Rehse erneut neben Neubrandenburg als Veranstaltungsort auf.

Religiöse Andacht in der Dorfkirche Alt Rehse

Der kleine Ort Alt Rehse befindet sich direkt in der Nähe von Neubrandenburg am Tollensesee. 1934 ging der Ort an den Nationalsozialistischen Ärztebund, der auf Verlangen der Reichsärzteführung dort die „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft“ errichtete. Mehr als 10.000 Mediziner, Hebammen und Apotheker nahmen in dem zum Musterdorf umgebauten Ort von 1935 bis 1941 an ideologischen Schulungen teil. Die Seminare lehrten die Vorrangigkeit der Volksgesundheit vor der Gesundheit des Einzelnen sowie die völkische Blut- und Boden-Ideologie. Auf dem Lehrplan standen Themen wie “Rassenhygiene”, “Erbgesundheit” und “Der nationalsozialistische Arzt”. Ziel war es, eine medizinische Elite auszubilden, die die unmenschliche Ideologie der Nazis mit Überzeugung vertrat. Viele von ihnen waren später an Verbrechen wie der Zwangssterilisation und systematischen Ermordung von Menschen mit psychischen, körperlichen und geistigen Behinderungen beteiligt. Nach dem Nationalsozialismus wurde das Gelände rund um Alt Rehse unter anderem als Fortbildungsstätte für Lehrer*innen in der DDR oder als Erholungsstätte genutzt. Heute ist Alt Rehse als Tagungs- und Urlaubsort bekannt.   

Kranzniederlegung in Alt Rehse

Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus fand in der Dorfkirche von Alt Rehse eine religiöse Andacht mit Pastor Hartmuth Reincke von der Kirchengemeinde Penzlin – Mölln statt. Im Anschluss ging die EX-IN Erfahrungsexpertin Undine Gutschow in ihrer Lesung auf das Schicksal der Opfer der NS-„Euthanasie“ und ihren hinterbliebenen Angehörigen ein.  

Veranstaltung zur Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“ in Neubrandenburg

Nach der öffentlichen Kranzniederlegung auf dem Gelände der Dorfkirche von Alt Rehse ging es für die Teilnehmer*innen zur anschließenden Veranstaltung nach Neubrandenburg in den Konferenzsaal des Dietrich-Bonheoffer-Klinikums. Dort begrüßte Dr. Rainer Kirchhefer (Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Dietrich-Bonheoffer-Klinikums) die Gäste. In seinem Grußwort setzte er sich kritisch mit der Rolle der helfenden Professionen bei der Vorbereitung und Durchführung der NS-„Euthanasie“ im Nationalsozialismus auseinander. Zudem wies er auf die Bedeutung der Landesweiten Gedenkveranstaltung im Zusammenhang mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen hin. In vielen gesellschaftlichen Diskursen haben demokratiefeindliche Einstellungen, die Ausgrenzung von sexuellen, ethnischen oder religiösen Minderheiten, Anfeindungen gegenüber politisch Andersdenkende und die Stigmatisierung von Menschen mit Behinderungen deutlich zugenommen. Die Landesweite Gedenkveranstaltung trägt dazu bei, ein Zeichen für Toleranz und Solidarität zu setzen sowie Rassismus und Demokratiefeindlichkeit gemeinsam entgegenzutreten.    

Dr. Rainer Kirchhefer bei der Begrüßung

Die Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. Sandra Rieck erinnerte in ihrem Grußwort an die Wegbegleiter*innen, die die Landesweite Gedenkveranstaltung seit 2008 aktiv mitprägten. Hierzu gehören unter anderem Käthe Schüler, Prof. Dr. Harald Freyberger und Prof. Dr. Klaus Dörner. In ihren Namen rief sie dazu auf, nicht nachzulassen, den Blick auf die Opfer der NS-„Euthanasie“ zu richten und die Rolle der helfenden Professionen während der NS-Zeit  kritisch zu reflektieren. Sie forderte die Teilnehmenden auf, mit einer Haltung von Respekt und Toleranz gesellschaftliche Rahmenbedingungen im Sinne der Menschenrechte und der UN-Behindertenkonvention zu gestalten und gegen alle Anfeindungen und Ausgrenzungen zu verteidigen.

Blick in den Konferenzraum

Christian Kaiser aus dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. setzte sich in seinem Grußwort mit der gegenwärtigen Behandlung- und Unterstützung von Menschen mit psychischen Erkrankungen auseinander. Noch immer werden Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft stigmatisiert oder von wichtigen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen. Viele Betroffene sind trotz der UN-Behindertenrechtskonvention Zwangsmaßahmen und -behandlungen in der Psychiatrie ausgesetzt oder in ihrer Selbstbestimmung stark eingeschränkt. Zudem fehlt es in vielen Regionen an notwendigen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten für Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihren Angehörigen. Allerdings können gegenwärtig aber auch viele positive Entwicklungen verzeichnet werden wie die Implementierung der Recovery-Orientierung in der psychiatrischen Behandlung, die Entwicklung der Selbsthilfe sowie die zunehmende Partizipation von Menschen mit psychischen Erkrankungen in der psychiatrischen Versorgung.

Der 1. stellvertretende Oberbürgermeister der Stadt Neubrandenburg Peter Modemann bedankte sich bei den Organisator*innen für die Durchführung der Landesweiten Gedenkveranstaltung in Neubrandenburg. In seinem Grußwort gab er einen Überblick zur regionalen Gedenk- und Erinnerungskultur in Neubrandenburg. Er betonte wie wichtig diese Initiativen sind, um vor dem Hintergrund der NS-Geschichte rechtspopulistischen und antisemitistischen Entwicklungen in Deutschland entgegenzuwirken. Dabei wies er auf die Notwendigkeit hin, die Erinnerungs- und Gendenkkultur weiterzuentwickeln, um vor allem bei jüngeren Generationen das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wach zu halten.

Vortrag Dr. Martin Müller-Butz

In seinem Vortrag „Idylle, Ideologie und Verantwortung. Die „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft“ in Alt Rehse“ informierte Dr. Fabian Schwanzar (Geschäftsführer und Leiter der EBB Alt Rehse) zum aktuellen Stand der historischen Aufarbeitung um die Führerschule der Deutschen Ärzteschaft und über die Aktivitäten der Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte in Alt Rehse. Auf das Schicksal der polnischen Frauen im KZ-Außenlager Neubrandenburg ging Dr. Martin Müller-Butz von der Geschichtswerkstatt Zeitlupe der RAA – Demokratie und Bildung Mecklenburg-Vorpommern e.V. ein. Am Beispiel der partizipativen und multimedialen Projektarbeit der Geschichtswerkstatt zeigte er auf, wie durch die direkte Einbeziehung von regionalen Akteur*innen bei der historischen Aufarbeitung und durch den Einsatz von aktivierenden künstlerischen Methoden, eine nachhaltige politische Bildungsarbeit umgesetzt sowie ein demokratieförderndes Geschichtsbewusstsein unterstützt werden kann. Zum Abschluss beschäftigte sich Prof. Dr. Jeanne Nicklas-Faust (Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.) mit den Perspektiven, die sich aus der historischen Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“ für die Gegenwart ergeben. Dabei machte sie darauf aufmerksam, dass es notwendig ist, sich als Gesellschaft frühzeitig klar gegen Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Hass zu positionieren, um den Einfluss von antidemokratischen, rechtsextremistischen und antisemitischen Entwicklungen innerhalb der Gesellschaft zu verhindern.

Beteiligte Organisator*innen, Referent*innen und Moderator*innen: Jeanne Nicklas-Faust, Fabian Schwanzar, Frank Hammerschmidt, Martin Müller-Butz, Antje Werner, Karsten Giertz, Sandra Rieck, Rainer Kirchhefer, Christian Kaiser, Peter Modemann (von links nach rechts).

Im Namen der Organisator*innen möchten wir uns nachträglich noch einmal bei allen Teilnehmenden und Referent*innen für die gelungene Veranstaltung bedanken. Einen Beitrag im NDR zur Landesweiten Gedenkveranstaltung 2024 finden Sie hier.

Gründung der Landesarbeitsgruppe Genesungsbegleitung in Mecklenburg-Vorpommern

Zur Stärkung des Berufes der Genesungsbegleitung in Mecklenburg-Vorpommern wird im Jahr am 09. November 2023 eine Landesarbeitsgruppe Genesungsbegleitung durch den Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern gegründet und organisatorisch begleitet. Regelmäßig wird der Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern zu Treffen in hybrider Form alle qualifizierten und angehenden Genesungsbegleiter*innen einladen.

Die Landearbeitsgruppe Genesungsbegleitung kann als Sprachrohr für die Ziele von Genesungsbegleiter*innen und den noch jungen Beruf der Genesungsbegleitung fungieren. Sie ermöglicht zudem einen landesweiten Austausch der Genesungsbegleiter*innen über mögliche Wünsche und Erfahrungen zu Arbeitgeber*innen sowie vorhandenen und notwendigen inklusiven Arbeitsstrukturen im Land. Die Genesungsbeleiter*innen können sich in dieser Form inhaltlich eigenständig weiterentwickeln bzgl. Ihres Berufsverständnisses nach Innen und Außen. Dabei werden die Selbstorganisationskompetenzen der Genesungsbegleiter*innen und die Öffentlichkeitswirksamkeit im Land gefördert.

Zudem werden verschiedene Angebote gemacht, die das Berufsprofil der Genesungsbegleiter*innen unterstützen, z. B. die direkte Kommunikation mit Arbeitgeber*innen in der Landesarbeitsgruppe Genesungsbegleitung, die gemeinsame Entwicklung einer personalisierten Bewerbungsmappe für die Genesungsbegleiter*innen oder die gemeinsame Einrichtung von beruflichen Social Media Accounts zur Darstellung der beruflichen Identität als Genesungsbegleiter*in mit der Möglichkeit der Vernetzung mit dem Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern und anderen Arbeitgeber*innen.

Das erste Treffen der Landesarbeitsgruppe Genesungsbegleitung findet am 09. November 2023 von 15:00 bis 17:00 Uhr in hybrider Form statt. Das Treffen kann vor Ort in Rostock besucht werden in den Räumlichkeiten des Vereins HALTEPUNKT im „Gemeinsames Haus“, Henrik-Ibsen-Straße 20, 18106 Rostock. Bei Interesse melden Sie sich unter der E-Mail-Adresse lag-gb@ex-in-mv.de oder über Telefon 0381 29497617 für die Teilnahme an. 

Weitere Informationen finden Sie hier im Flyer oder auf der Internetseite des Vereins EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V.:

Videovorlesungsreihe Anthropologische Psychiatrie zum Thema „Mensch bleiben – auch in seelischer Not!“

An der Universitätsmedizin Hamburg-Eppendorf veranstaltet Thomas Bock jährlich eine Vorlesungsreihe zur Anthropologischen Psychiatrie mit verschiedenen Schwerpunkten. Ziel der Vorlesungsreihe ist, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu reduzieren. Anlässlich der COVID-19-Pandemie findet seit 2020 die Vorlesungsreihe in digitaler Form statt. Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Irre menschlich Hamburg e.V. und psychenet. Dabei engagieren sich zahlreiche Expert*innen und Psychiatrieerfahrene sowie Angehörige.

Im diesjährigen Sommersemester 2023 beschäftigte sich die Vorlesungsreihe mit dem Thema „Mensch bleiben – auch in seelischer Not!“. Im Mittelpunkt der Vorlesungsreihe stehen die Erfahrungen mit dem Hilfesystem. Dabei werden folgende Fragestellungen aufgegriffen: Welche Hilfen bieten die besten Chancen, möglichst wenig zu kränken und zu schaden? Welche orientieren sich am meisten an Ressourcen und Lebenszusammenhängen? Welche erlauben, uns als Menschen möglichst vollständig wahrzunehmen und tiefe Krisen möglichst wenig zu stigmatisieren? Wo und wie bleibt die Kontinuität zwischen gesund und krank prägend auch für die Beziehungskultur? Wie gelingt es besonders breite Brücken zu bauen zwischen Selbst- und Fremdhilfe?

Der Blick richtet sich auf stationäre, ambulante und aufsuchende Hilfen, auf die Herausforderung, Zwang zu vermeiden, fair zu besprechen und gut zu verarbeiten. Welche Maßnahmen stehen im Zentrum jeder Reform – aus der Sicht professioneller und persönlicher Erfahrung?

Die Vorlesungsreihe wurde nun als Videostream veröffentlicht und mit dem Einverständnis der Veranstalter*innen auf dieser Internetseite eingebettet. Unten können die einzelnen Vorlesungen als Videos angesehen werden.

Stationäre Behandlung: Milieutherapeutisch und beziehungsorientiert

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Martin Voss (Soteria Berlin) & Marie Hubert (Soteria-Erfahrene)

Das Milieu wird von einer gemeinsamen Alltagsgestaltung geprägt und soll möglichst wenig klinisch sein. Auch in einer akuten Krise soll eine kontinuierliche therapeutische Beziehung Halt geben und den Bedarf an neuroleptischer Medikation aus guten Gründen reduzieren helfen. “Being with, open dialogue” – was heisst das auf deutsch? Welchen Stellenwert und Nutzen haben Angehörige, welche Bedeutung hat Genesungsbegleitung? Warum profitieren besonders Psychose-Erfahrene? Was davon geht überall? Wie gelingt der Übergang ins ambulante Setting?

Ambulant: Bedürfnisnah und psychotherapeutisch – Psychosenambulanz München

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Roswitha Hurtz (Ambulanz für Psychosen-Psychotherapie, kbo Isar-Amper-Klinikum München) & Ina Pirk (Psychotherapeutin in Ausbildung, UKE)

Die wissenschaftlichen Empfehlungen sind ebenso eindeutig wie die Prioritäten von Betroffenen und Angehörigen. Trotzdem ist Psychosen-Psychotherapie längst nicht selbstverständlich. Eine Flexibilität und ergänzende Komplexbehandlung können nötig sein. Um so wichtiger ist, dass auch Klinikambulanzen diese Herausforderung annehmen. Viele reduzieren Kontaktdichte und –vielfalt. Wie ist das zu verhindern?

Aufsuchende Hilfen: selbstverständlich mit Genesungsbegleitung – Beispiel Lüneburg

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Michaela Frommhagen (Pflegeleitung Psychiatrische Klinik Lüneburg) & Christina Meyn (Genesungsbegleitung Psychiatrische Klinik Lüneburg)

Akutbehandlung muss nicht stationär erfolgen, für viele ist die Situation einer klassischen Station sogar überfordernd und falsch. Mit der “stationsäquivalenten Akutbehandlung” zuhause wurde eine Alternative rechtlich möglich, aber längst nicht überall umgesetzt. Genesungsbegleitung kann zusätzlich helfen, das Stigmarisiko zu reduzieren. Die positiven Erfahrungen schildern.

Verbindliche Zusammenarbeit: die Benachteiligten nicht allein lassen – mehrere Beispiele

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Matthias Rosemann (Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde e.V.) & Bettina Lauterbach (Vorstandsmitglied Hamburgische Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.)

Seit der Psychiatrie-Enquête vor fast 50 Jahren wird eine enge verbindliche Zusammenarbeit aller an der Versorgung psychisch erkrankter Menschen gefordert, vor allem um der Benachteiligung von Menschen mit komplexem Bedarf entgegenzuwirken. Kliniken haben meist feste Einzugsbereiche, viele anderen Anbieter der psychosozialen Versorgung aber nicht. Vielerorts dominieren privat- und markt-wirtschaftliche Interessen. Fehlanreize und mangelnde Steuerung vergeuden Ressourcen. Gerade unter den Bedingungen des Fachkräftemangels wird verbindliche Kooperation alternativlos. Wenn wirklich eine verbindliche Zusammenarbeit gelingt, hat das beeindruckend positive Konsequenzen – vor allem für die Benachteiligten. Welche Menschen sind es, die darauf am meisten angewiesen sind? Welche Rolle spielt die Forensik dabei? Wie schaffen wir Verbindlichkeit und lassen doch Freiheit? Wo brauchen wir die Politik?

Vermeidung von Zwang: Was noch ist notwendig – ein offener Diskurs

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Prof. Dr. Tilman Steinert (ZfP Weissenau), Prof. Dr. Sebastian von Peter (Rüdersdorf) & Gwen Schulz (Hamburg)

Zwangsmaßnahmen können nachhaltig (re)traumatisieren. Deren Rate ist in Deutschland erschreckend hoch, situativ und regional aber sehr ungleich. Der Unterschied hat nicht nur mit den Patienten, sondern vor allem mit Institutionen, mit Haltung und Strukturen zu tun. Was genau hilft Zwang zu vermeiden? Welche Beziehungskultur, welche „weichen Mittel“, welche Strukturen, welche politischen Entscheidungen? Die Herausforderung liegt nicht nur bei den Kliniken, schon gar nicht nur bei Akutstationen. Was können und müssen Regionen gemeinsam tun, um Fortschritte zu etablieren? Welche Unterstützung kann und muss die Politik liefern? Welche Reflexion der eigenen Rolle und des Auftrags der Psychiatrie ist hilfreich? Was passiert, wenn sich die Psychiatrie vom Zwang verabschiedet? Welche Probleme bringt zusätzlich der Fachkräftemangel? Mehr Gefängnis und Forensik können nicht die Lösung sein; doch ein gesellschaftlicher Diskurs zu den möglichen Alternativen tut bitter not.

Trialogischer Austausch zur Psychiatrie der Zukunft – Offener Dialog als Maßstab?

Mit Prof. Dr. Thomas Bock, Gwen Schulz (Genesungsbegleiterin), Marion Ryan (Angehörigen-Begleiterin) & Dr. Sabine Schütze (ehemalige Oberärztin und Open-Dialogue-Trainerin)

Wie soll die Psychiatrie der Zukunft aussehen? Sind die geschilderten Erfahrungen vorbildlich? Was noch ist wichtig, damit wir jenseits starrer Rollen „Mensch bleiben“ und Zwang unnötig machen? Welche Irrwege sind zu meiden? Wie kann die Psychiatrie attraktiver und offener werden – für Mitarbeiter:innen und für die, die sie am meisten brauchen? Wie entstehen mehr Raum und mehr Bereitschaft für das, was am Ende entscheidet, für menschliche Begegnung?

Neuerscheinung Juni-Ausgabe der Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V

Die diesjährige Juni-Ausgabe der Onlinezeitschrift Sozialpsychiatrie M-V enthält neben einem Rückblick zur gemeinsamen Pflanzaktion “Mein Herz schlägt für den Wald” des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die Tagesdokumentation der beiden Fachveranstaltungen „Personenzentrierte und sozialraumorientierte Unterstützung in hochstrukturierten Behandlungs- und Betreuungssettings“ und „Seelische Gesundheit in der DDR – Hilfe, Verwahrung, Missbrauch“. Darüber hinaus informiert die Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien über das zweite Projektforum sowie über ihre Aktivitäten und die aktuellen Entwicklungen zur Thematik in Mecklenburg-Vorpommern. Im Rahmen des abgeschlossenen Modellprojektes „Adoleszenzpsychiatrie“ entstand beim Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. die Kompetenzstelle Adoleszenzpsychiatrie M-V deren Aktivitäten und Ziele in der aktuellen Ausgabe ebenfalls vorgestellt werden. Der eingereichte Fachbeitrag der Juni-Ausgabe beschäftigt sich mit alternativen Kriseninterventionen nach dem SOTERIA-Behandlungsansatz in Mecklenburg-Vorpommern. Zudem informiert eine Forschungsgruppe aus der Universitätsmedizin Rostock über die Entwicklung und Umsetzung eines Beirates für partizipative Forschung in der Medizin. Weiterhin enthält die Ausgabe eine Veranstaltungsübersicht für das Jahr 2023 sowie zahlreiche Informationen über die Aktivitäten des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. sowie von seinen Mitgliedern und Kooperationspartner*innen. Die Ausgabe kann hier frei als PDF heruntergeladen werden.

Bei der Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V handelt es sich, um den Rundbrief des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., der über alle wesentlichen Entwicklungen zur Sozialpsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern informiert. Darüber hinaus enthält der Rundbrief Informationen zu den Aktivitäten und Initiativen des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und seinen Mitgliedern. Den Zugang zu älteren Ausgaben finden Sie hier.

Ankündigung der Juni-Ausgabe 2023 der Online-Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V

Am 30. Juni 2023 erscheint die nächste Ausgabe der Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V. Neben einem Rückblick zur gemeinsamen Pflanzaktion “Mein Herz schlägt für den Wald” des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und der Landesforst Mecklenburg-Vorpommern enthält die Ausgabe die Tagesdokumentation der beiden Fachveranstaltungen „Personenzentrierte und sozialraumorientierte Unterstützung in hochstrukturierten Behandlungs- und Betreuungssettings“ und „Seelische Gesundheit in der DDR – Hilfe, Verwahrung, Missbrauch“. Darüber hinaus informiert die Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien über das zweite Projektforum sowie über ihre Aktivitäten und die aktuellen Entwicklungen zur Thematik in Mecklenburg-Vorpommern. Die drei eingereichten Fachbeiträge der Juni-Ausgabe beschäftigen sich diesmal mit der Prävention, Früherkennung und -intervention bei psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter, mit alternativen Kriseninterventionen nach dem SOTERIA-Ansatz und mit der ideologischen Radikalisierung im Kontext von psychischen Erkrankungen und psychosozialen Krisen. Weiterhin enthält die Ausgabe eine Veranstaltungsübersicht für das Jahr 2023 sowie zahlreiche Informationen über die Aktivitäten des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. sowie von seinen Mitgliedern und Kooperationspartner*innen. Die Ausgabe kann demnächst hier auf dieser Internetseite frei als PDF heruntergeladen werden.

Bei der Zeitschrift Sozialpsychiatrie M-V handelt es sich, um den Rundbrief des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., der über alle wesentlichen Entwicklungen zur Sozialpsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern informiert. Darüber hinaus enthält der Rundbrief Informationen zu den Aktivitäten und Initiativen des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. und seinen Mitgliedern. Den Zugang zu älteren Ausgaben finden Sie hier.

Jahrestagung des Dachverbandes Gemeindepsychiatrie e.V. am 14. und 15. September 2023 in Dresden

In Deutschland bestehen zahlreiche Angebote zur beruflichen Rehabilitation, zur Bildung und Arbeit sowie zum Zuverdienst, jedoch wird die berufliche Teilhabe von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen hierzulande nur unzureichend realisiert. Die Ursachen sind vielfältig. Schwere psychische Erkrankungen gehen oftmals mit sekundären Erkrankungsfolgen einher, die dazu führen, dass die notwendigen Voraussetzungen für den allgemeinen Arbeitsmarkt – wie Schul- und Ausbildungsabschlüsse – fehlen. Ebenso zählen arbeitsbezogene Barrieren wie die gesellschaftliche Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen, fehlende Reintegrationsangebote oder aber auch eine mangelnde schnittstellenübergreifende Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Rehabilitationsträgern zu weiteren Faktoren, die die berufliche Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen erschweren.

Ebenfalls lässt sich feststellen, dass die Zahl von Arbeitsfehlzeiten, Erwerbsunfähigkeit und Frühberentung aufgrund von psychischen Erkrankungen in den letzten Jahren in Deutschland deutlich gestiegen sind. Nicht selten stehen erkrankungsbedingte Fehlzeiten und berufliche Frühberentungen mit arbeitsbezogenen und gesundheitsbeeinträchtigenden Belastungen im Zusammenhang. Es scheint, dass gesellschaftliche Veränderungen in der Arbeitswelt – wie erhöhte Flexibilitäts-, Komplexitäts- und Mobilitätsanforderungen – sowie Beschleunigungsprozesse aufgrund technischer (digitaler) und kultureller Veränderungen mit beruflichen Überforderungen einhergehen, die bei einem Teil der Bevölkerung zu körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen führen.

Im Rahmen der diesjährigen Jahrestagung des Dachverbandes Gemeindepsychiatrie e.V. soll das Thema Arbeit und berufliche Beschäftigung im Kontext von psychischer Gesundheit und Erkrankung umfangreich thematisiert werden. Neben einführenden Beiträgen zur aktuellen beruflichen Situation und den Bedarfen von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen werden Best-Practice-Beispiele zur Förderung der beruflichen Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen in praxisnahen Workshops vorgestellt. Auch der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. beteiligt sich an der Jahrestagung und stellt im Workshop „Vernetzung und Personenzentrierung durch Supported Employment und Supported Education: Erfahrungen mit der Implementierung“ das Reha-Pro-Projekt: IPS-Coaching – Zurück ins Berufsleben vor und gibt einen Impulsbeitrag zu neuen Konzepten in der Arbeitswelt und ihre Bedeutung für die Gemeindepsychiatrie.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Nächstes Treffen der Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern am 23. Mai 2023

Bei der Entwicklung, Planung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Behandlungs- und Unterstützungsangeboten hat in den letzten Jahren die partizipative Einbeziehung von Menschen mit psychischen Erkrankungen durch Selbsthilfeinitiativen und -bewegungen, durch zunehmende Forschungsaktivitäten sowie durch gesetzliche Reformprozesse wie die UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundesteilhabegesetz an Bedeutung gewonnen.

Gerade durch das Bundesteilhabegesetz wurde die gesetzlich verpflichtende Grundlage für Leistungsträger und Leistungserbringer geschaffen, Menschen mit psychischen Erkrankungen oder mit anderen Behinderungen aktiv und auf gleicher Augenhöhe in die Planung, Durchführung und Evaluation von psychiatrischen und psychosozialen Unterstützungsangeboten einzubeziehen. Zudem ist die partizipative Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen eng mit den Konzepten von Empowerment und Recovery verbunden.

Um die aktive Beteiligung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung sowie die Implementierung von Angeboten des Peer Supportes in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern, entwickelten der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V., der Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. und das Diakoniekonische werk Mecklenburg-Vorpommern e.V. die Initiative der Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern, welche gemeinsam mit anderen interessierten Kooperationspartner*innen und Verbänden umgesetzt wird.

Am 23. Mai 2023 findet in der Geschäftsstelle des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V. das nächste Treffen der Landesarbeitsgruppe Partizipation statt. Die Teilnahme ist kostenlos und sowohl in digitaler Form als auch in Präsenzform möglich. Interessierte Personen, Mitarbeiter*innen aus der psychiatrischen Versorgung, Psychiatrieerfahrene und Angehörige von Menschen mit psychischen Erkrankungen sind eingeladen, sich am Austausch innerhalb der Landesarbeitsgruppe zu beteiligen.

Die Einladung mit der Tagesordnung und den Informationen für die Anmeldung finden Sie hier:

Weitere Informationen zur Initiative der Landesarbeitsgruppe Partizipation Mecklenburg-Vorpommern können Sie hier einsehen.

Infoveranstaltung zum Qualifikationsangebot EX-IN Angehörigenbegleitung online am 09. Mai 2023

Ausgebildete Angehörigenbegleiter und Genesungsbegleiter verändern stetig die Psychiatrie

Die Psychiatrie erlebt seit mehr als 10 Jahren den stetigen Zuwachs einer neuen Berufsgruppe: der Genesungsbegleiter*innen. Seit einigen Jahren vervollständigen Angehörigenbegleiter*innen diese erfreuliche Entwicklung. Mit der Peerarbeit kehrt der Trialog gestärkt an seinen Ausgangpunkt zurück.

Das enorme Erfahrungswissen beider Perspektiven trägt zu einer systemisch orientierten Sichtweise von psychischen Krisen und ihrer Bewältigung bei. Das Fachwissen wird durch diese Ergänzung differenzierter. In einer gewachsenen trialogischen Gesprächskultur entstand vielerorts die Erkenntnis: psychische Krisen und Erkrankungen sind zutiefst menschlich. Ihre Begleitung und Auflösung brauchen eine umsichtige und solidarische Begleitung. Diese Begleitung wird durch das erlernte Wissen und durch das tiefe Erfahrungswissen von krisenerfahrenen Menschen geprägt. Das Wissen durch das Mit-Erleben rundet den trialogischen Grundgedanken bei Begleitung in den Krisen ab. Auch Angehörige brauchen in Krisen Unterstützung, z. B. um sich aus der Falle der Fokussierung auf die Krise zu lösen, um sich besser zu verorten in den oft existenziell verunsichernden Lebenssituationen. Auch Angehörige brauchen Unterstützung, wenn alles zusammenbricht und das Gleichgewicht in der Familie auseinanderfällt. In so einer Situation fällt es sehr schwer, sich souverän in den Strukturen der Psychiatrie zu bewegen.

Das Curriculum der EX-IN Angehörigenbegleitung (in Hamburg entwickelt und in 4 Kursen bisher erprobt) fängt viele dieser Themen auf und bearbeitet sie mit der EX-IN Methodik. Im September 2023 findet in Hamburg der nächste EX-IN-Kurs für die Angehörigenbegleitung statt. Der Kurs wird organisiert vom Verein EX-IN Hamburg e.V. Wenn Sie Interesse am Kurs haben informieren Sie sich gerne auch am 09. Mai 2023 von 16:00 bis 17:00 Uhr in einer Online-Infoveranstaltung.

Weitere Informationen und die digitalen Zugangsdaten finden Sie hier im Flyer: