Prävention und Früherkennung bei Kindern und Jugendlichen im Bereich psychische Gesundheit, psychische Gesundheitsprobleme und psychische Krisen in Mecklenburg-Vorpommern stärken
Projektkoordination: Antje Werner
Projektmitarbeitende: Anke Wagner, Julia Möller, Karsten Giertz & Kathrin Boegner
Psychische Krisen und Erkrankungen beginnen oft in der sensiblen Phase des Jugendalters. Die Studienlage ist hier eindeutig und belegt, dass bei 75 % der Menschen mit psychischen Erkrankungen die Gesundheitsprobleme bereits vor dem 24. Lebensjahr begonnen haben und das Versorgungssystem viele dieser Menschen durchschnittlich erst 6-8 Jahre nach dem Krankheitsbeginn erreicht. Die Gründe sind in der komplexen Beziehung zwischen dem Menschen mit einem Gesundheitsproblem und seinen Umwelt- und personenbezogenen Faktoren zu finden. Darüber hinaus sind sie durch gesellschaftliche Vorurteile gegenüber psychischen Störungen bedingt. Für die Betroffenen und das Umfeld bedeuten lange Zeiten ohne Hilfen vor allem viel Leid und ein höheres Chronifizierungsrisiko. Volkswirtschaftlich gesehen sind damit immense Kosten verbunden.
Nach Erhebungen des Robert Koch-Instituts (RKI) für das Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) sowie laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) leiden etwa 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland unter psychischen Störungen.
Gemäß ersten Studien (z.B. „Jugend in Deutschland“), die die Situation psychischer Belastungen bei Kindern und Jugendlichen nach der Corona-Pandemie erfassen, leiden 45 Prozent der Befragten unter Stress, 35 Prozent unter Antriebslosigkeit und 32 Prozent unter Erschöpfung. Tendenz steigend. Das heißt nicht, dass alle krank sind. Es sind vielmehr Sorgen und Ängste, die junge Menschen noch mehr plagen als in der Zeit vor der Pandemie. Immer öfter treten depressive Stimmungen auf oder der psychische Stress zeigt sich im Körper beispielsweise durch Kopf- oder Bauchschmerzen, extreme Müdigkeit oder schlechte Laune.
Prävention und Früherkennung sind deshalb von zentraler Bedeutung. Frühzeitige Unterstützung und Interventionen helfen, den Teufelskreis von zunehmender Belastung und psychischen Problemen zu durchbrechen. Hierbei spielen Angehörige, Mitarbeitende im Schulkontext und Fachkräfte eine wichtige Rolle, indem sie Veränderungen im Verhalten oder Anzeichen von Überforderung erkennen und darauf reagieren. Programme, die Wissen über dieses Thema vermitteln, über Warnsignale aufklären, Handlungsstrategien einüben, Lebenskompetenzen stärken und persönlichen Kontakt mit Selbstbetroffenen auf Augenhöhe herstellen, können dazu beitragen, das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen zu stabilisieren.
Es ist wichtig, dass das Thema psychische Gesundheit in der Gesellschaft enttabuisiert wird. Kinder und Jugendliche müssen die Möglichkeit haben, ihre Sorgen anzusprechen, ohne Angst vor Stigmatisierung zu haben. Nur so kann langfristig eine gesunde Entwicklung gefördert und psychischen Erkrankungen vorgebeugt werden.
Um Prävention und Früherkennung bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Bereich psychische Gesundheit, psychische Gesundheitsprobleme und psychische Krisen in Mecklenburg-Vorpommern zu stärken, werden in diesem Projekt folgende Ziele umgesetzt:
Implementierung, Koordination, Begleitung und Durchführung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Früherkennung und Frühintervention für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern
Aufbau, Förderung und Erhalt von Strukturen in diesem Bereich
Aufbau und Ausbau eines lebenswelt- und sozialraumorientierten bundeslandweiten und bundesweiten Netzwerkes
Klärung von Finanzierungsmöglichkeiten
Öffentlichkeitsarbeit.
Im Folgenden werden die bisherigen Projektergebnisse sowie die geplanten zukünftigen Schritte dargestellt:
„Verrückt? Na und! – Psychisch fit in der Schule, Ausbildung und Beruf“
Im Bereich der universellen Prävention wurde durch den Landesverbandes Sozialpsychiatrie M-V e.V. mit Unterstützung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Sport – im Jahr 2020 beginnend – das Programm “Verrückt? Na und! – Psychisch fit in der Schule Ausbildung und Beruf (Kurz: VNU)” in M-V implementiert.
Die Umsetzung des Programms erfolgt durch Tandems aus einer/einem fachlichen und einer/einem persönlichen Expert*in (aus insgesamt 5 Regionalgruppen) in Form von Schultagen für Schüler*innen.
„Verrückt? Na und!“-Schultage laden Jugendliche ab Klasse 8 klassenweise zu einem interaktiven Gespräch über die großen und kleinen Fragen zur seelischen Gesundheit ein. Besonders eindrucksvoll ist die Begegnung mit den persönlichen Expert*innen. Durch ihre Lebensgeschichten bekommt das komplexe Konstrukt „seelische Gesundheit“ ein Gesicht, ist zum Greifen nah – und dabei ganz normal. Dabei werden Ängste und Vorurteile abgebaut sowie Zuversicht und Lösungswege vermittelt.
Ergänzend zu den Schultagen werden für Lehrpersonen und weitere Mitarbeitende aus dem Schulkontext ins Thema einführende Fortbildungen angeboten. Auch Formate für die Elternarbeit sind erprobt. Die Landeskoordinierung des Programms für M-V inklusive der Angebote für Lehrpersonen und Eltern übernimmt der Landesverband Sozialpsychiatrie M-V e. V. Weitere Informationen finden sich hier.
„Unsere verrückten Familien - Psychisch fit in der Grundschule“
Etwa die Hälfte aller Menschen in Deutschland leidet im Laufe des Lebens an einer psychischen Krankheit, darunter auch viele Eltern. Wenn Millionen Erwachsene teils schwere psychische Gesundheitsprobleme haben, hat das Folgen für die Versorgung und das Aufwachsen der Kinder. Oft herrscht in den Familien Sprechverbot und die Kinder befinden sich in Loyalitätskonflikten. Manchmal müssen sie sich auch um ihre kranken Eltern kümmern und Aufgaben von Erwachsenen übernehmen. Das verunsichert Kinder: Sie fühlen sich schuldig und allein gelassen. Darum brauchen sie besonders viel Verständnis, Hilfe und Unterstützung, um ihr Leben gut zu meistern.
Im Rahmen des Grundschulprogramms „Unsere verrückten Familien – Psychisch fit in der Grundschule“ sprechen zwei Fachkräfte mittels interaktiver Methoden, eines Wimmelbildes und eines Detektivspiels über körperliche und vor allem psychische Erkrankungen (im Familienkontext). Ziel ist es, gegenseitiges Verständnis zu schaffen und dass Wissen über Hilfsmöglichkeiten zu stärken.
Im Sommer 2024 sind in M-V bereits zwei Gruppen aus den Landkreisen NWM und MSE im Programm „Unsere verrückten Familien“ für den Grundschulbereich ausgebildet worden. Beide Gruppen befinden sich nun in der aktiven Umsetzung des Programms.
Im Jahr 2025 wird dieses Angebot in weiteren Regionen in M-V implementiert. Weiterführende Informationen finden sich hier.
„Mental Health First Aid YOUTH Ersthelferkurs (MHFA YOUTH)“
Neben den oben genannten einführenden Fortbildungsveranstaltungen für Mitarbeitende zum Umgang mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen und in seelischen Krisen (im Familienkontext) bietet der Landesverband Sozialpsychiatrie ab der zweiten Jahreshälfte 2025 den „Mental Health First Aid Ersthelferkurs YOUTH (MHFA YOUTH)“ an.
Die Kurse unterstützen Multiplikator*innen und Angehörige dabei, Anzeichen und Symptome psychischer Störungen bei 12-18jährigen Menschen zu erkennen, zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.
Die Teilnehmenden erfahren, wie sie betroffenen Jugendlichen einfühlsam begegnen und ihnen helfen können, eine psychische Krise erfolgreich zu bewältigen.
Der Kurs zeigt außerdem, wie betroffene Jugendliche zu professioneller Hilfe ermutigt und zusätzliche Ressourcen aktiviert werden können.
Der Kurs dauert 14 Stunden und wird als Online -oder Präsenzkurs angeboten.
Nachstehend führen wir beispielhafte Fragen auf, die Teilnehmende in die bisherigen Kurse mitgebracht haben und die unter anderem im Kurs beantwortet werden:
Wie gehe ich sensibel mit Jugendlichen um, die möglicherweise an einer psychischen Erkrankung wie Depression oder Angststörung leiden?
Wie spreche ich ein sensibles Thema an, wenn ich merke, dass eine junge Person an Gewicht verliert oder ich Suizidgedanken vermute?
Welche professionelle Hilfe kann ich vermitteln, wenn ich selbstverletzendes Verhalten beobachte?
Wie thematisiere ich problematischen Cannabis- oder Alkoholkonsum in einem Umfeld wie dem Verein?
Wie kommt es zur Entstehung von Psychosen und welche Anzeichen gibt es, wenn sich eine Psychose anbahnt?
Die langfristige Vision ist es, dass Schulen Mental Health-Kompetenzteams vorhalten, die multiprofessionell (Schüler*innen, Lehrpersonen, Eltern & Dritte aus dem nahen Umfeld der Schule) organisiert sind und alle mindestens Ersthelfende für psychische Gesundheit im Sinne von MHFA sind.
Das Angebot der Mental Health First Aid Youth-Ersthelferkurse geschieht in Zusammenarbeit mit dem ZI Mannheim. Weitere Informationen finden sich hier.
„Psychisch fit im Sportverein“
Millionen Kinder und Jugendliche üben Sport im Verein aus. Ihre Trainer*innen sind wichtig, damit sie zu starken Persönlichkeiten werden – weit über den Sport hinaus.
Kinder und Jugendliche sind am häufigsten von psychischen Krisen betroffen, haben noch größere Angst vor Ausgrenzung und Stigmatisierung als Erwachsene und suchen sich noch seltener Hilfe als Erwachsene.
Unter den 25 jungen Sportler*innen jeder Vereinsgruppe leiden etwa 4 – 5 unter psychischen Erkrankungen, haben etwa 2–5 psychisch kranke Eltern oder Geschwister und kümmern sich etwa 2 um ein (psychisch) erkranktes Familienmitglied.
Mit dem Programm „Psychisch fit im Sportverein“ werden Trainer*innen, Multiplikator*innen aus dem Vereinssport sowie Kinder und Jugendliche im Sportverein angesprochen.
Ziele sind es, psychische Krisen zu verstehen, anzusprechen, zu erkennen und zu bewältigen.
Es wird besprochen, wie die Themen psychische Gesundheit und Umgang mit psychischen Gesundheitsproblemen im Sportverein sichtbarer gemacht und gesundheitsförderliche Prozesse im Sportverein angestoßen werden können.
Für die besondere Gruppe der Adoleszenten (16–25-Jährige) mit psychischen Störungen bietet der Landesverband Sozialpsychiatrie M-V e. V. seit 2023 die sogenannte Kompetenzstelle Adoleszenzpsychiatrie (KAdo) an. Die Adoleszenz als Übergang von der Jugend in das Erwachsenenalter ist so wegweisend und dynamisch wie kaum eine andere Lebensphase. Den meisten jungen Menschen gelingt die Bewältigung der Herausforderungen während dieser Entwicklungsspanne. Treten in dieser Zeit jedoch psychische Belastungen und/ oder Störungen auf, benötigen Adoleszente meist multiprofessionelle psychiatrische und psychosoziale Behandlung und Begleitung, die besonders auf den Übergang fokussiert und ihnen Teilhabe ermöglicht. Die Versorgungssituation in M-V ist nicht ausreichend vernetzt und lückenhaft. Deshalb bietet die Kompetenzstelle Fachpersonen:
Fachliche Information und Beratung zu regionalen Angeboten und Hilfen
Vermittlung an Kooperationspartner*innen/ Fachexpert*innen
Jährliche Fortbildung
Bundes- und landesweite Vernetzung
Anonymisierte Fallberatung
Darüber hinaus beteiligen sich die Projektmitarbeitenden im Rahmen der Kompetenzstelle KAdo an bundesweiten und landesweiten Diskursen rund um das Thema Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Adoleszenzpsychiatrie. Wichtige Fachinformationen und Entwicklungen wie zum Beispiel aktuelle Initiativen in Mecklenburg-Vorpommern zur Versorgung von Kinder- und Jugendlichen mit komplexen Hilfebedarfen und herausfordernden Verhaltensweisen sowie die Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung von Kindern- und Jugendlichen werden aufgearbeitet an Kooperationspartner*innen und Fachexpert*innen in Mecklenburg-Vorpommern über geeignete Formate weitergeleitet. Weitere Informationen finden sich hier.
„Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien M-V“
Das Gesamtprojekt ist eng verknüpft mit der Landesfachstelle: Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien Mecklenburg-Vorpommern des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Das Projekt wird vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport Mecklenburg-Vorpommern unterstützt und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert. Weitere Informationen finden Sie hier.
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